"Schließt euch uns an" Aktivisten unterbrechen iranisches Staatsfernsehen
Zur besten Sendezeit laufen im iranischen Fernsehen regimekritische Botschaften. Aktivisten haben den Sender gehackt und rufen zur Revolution auf.
Aktivisten haben eine Live-Nachrichtensendung des iranischen Staatsfernsehens gehackt und Kritik am repressiven Vorgehen gegen Frauen geübt. "Das Blut der Jugend klebt an euren Händen", war während der Nachrichtensendung am Samstagabend zur besten Sendezeit auf den Bildschirmen zu lesen. Über dem Gesicht des obersten geistlichen Führers Ali Chamenei wurden ein Fadenkreuz und Flammen eingeblendet. "Schließt euch uns an und erhebt euch", hieß es dazu in einer Botschaft in der rechten oberen Ecke des Bildschirms.
Ebenfalls sekundenlang zu sehen waren Schwarz-Weiß-Aufnahmen der nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei vor drei Wochen ums Leben gekommenen Mahsa Amini und von drei Frauen, die bei den durch Aminis Tod ausgelösten Protesten und deren gewaltsamer Niederschlagung getötet wurden.
Nachrichtensprecher reagiert nervös
Zu dem Hackerangriff bekannte sich die Gruppe Edalat-e Ali (Alis Gerechtigkeit). In persischsprachigen Medien und bei Menschenrechtsgruppen außerhalb des Iran fand die Aktion großen Widerhall. Im Iran selbst berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim, die Abendnachrichten seien "für ein paar Augenblicke von anti-revolutionären Agenten gehackt" worden. Rasch online weiterverbreitet wurden auch Aufnahmen von der Reaktion des nervös auf seinem Stuhl herumrutschenden Nachrichtensprechers.
Mahsa Amini war am 16. September gestorben, nachdem sie drei Tage zuvor in Teheran von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen wurde, ihr Kopftuch nicht den Vorschriften entsprechend getragen zu haben. Nach Angaben von Aktivisten wurde sie im Polizeigewahrsam geschlagen und starb an einer Kopfverletzung. Die Polizei bestreitet jegliche Verantwortung für den Tod der jungen Frau.
Aminis Tod löste eine Welle des Protests gegen die Unterdrückung von Frauen und dann auch generell gegen die Repression im Iran aus. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation IHR wurden beim gewaltsamen Vorgehen der Behörden gegen die Demonstranten im Iran bislang mindestens 95 Menschen getötet.
- Nachrichtenagentur AFP