Höchstes Gericht hat geurteilt Großbritanniens umstrittene Abschiebepläne verboten
Die britische Regierung hatte geplant, Asylsuchende nach Ruanda abzuschieben. Das Urteil dürfte auch Auswirkungen auf die deutsche Migrationsdebatte haben.
Der britische Supreme Court hat entschieden, dass das Vorhaben der britischen Regierung, künftig Asylsuchende jeglicher Herkunft und ohne Perspektive auf eine Rückkehr an Ruanda abzuschieben, rechtswidrig ist.
Das Urteil ist Höhepunkt eines zähen Rechtsstreits. Das Berufungsgericht (Court of Appeal) hatte im Juni geurteilt, dass Ruanda nicht als sicheres Drittland einzustufen ist und ein Asylverfahren dort nicht ausreichend vor einer Abschiebung an das Herkunftsland schützt. Es kippte damit eine erstinstanzliche Entscheidung des High Courts, der den Plan für rechtskonform erklärt hatte. Dagegen geklagt hatten Asylsuchende aus Syrien, dem Irak, dem Iran, Vietnam, Sudan und Albanien.
"Schande für Großbritannien"
Dagegen ging die konservative Regierung von Premierminister Rishi Sunak in Berufung. Sie will mit dem Ruanda-Plan, für den ein Abkommen mit dem ostafrikanischen Land geschlossen wurde, Migranten von der irregulären Einreise in kleinen Booten über den Ärmelkanal abschrecken. Im vergangenen Jahr waren mehr als 45.000 Menschen auf diesem Weg ins Vereinigte Königreich gekommen. Zwar ist die Zahl in diesem Jahr mit bislang etwa 27.000 niedriger als im Vorjahresvergleich, doch das Versprechen der Regierung, die Boote zu stoppen, gilt noch nicht als eingelöst.
Dem Plan zufolge hätten irreguläre Migranten künftig ohne Prüfung eines Asylantrags direkt nach Ruanda abgeschoben werden, um stattdessen dort um Schutz zu suchen. Das war im In- und Ausland auf heftige Kritik gestoßen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen hatte das Vorgehen als Bruch internationalen Rechts verurteilt. Englands Bischöfe sprachen von einer "Schande für Großbritannien". Zudem gab es Zweifel daran, ob der erhoffte Abschreckungseffekt tatsächlich eintreten würde.
Entscheidung könnte auch hierzulande Einfluss haben
Die Entscheidung des Supreme Court, dürfte erneute Rufe nach einem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auslösen. Die Richter des Courts of Appeal hatten sich in ihrer Argumentation auf die Konvention gestützt. Es war auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der/hatte den bisher einzigen geplanten Flug mit Asylsuchenden nach Ruanda per einstweiliger Verfügung stoppte.
Die Entscheidung in Großbritannien dürfte auch hierzulande Einfluss auf die Debatte haben. Im Ringen um den Umgang mit den vielen Flüchtlingen und Migranten, die vor allem über das Mittelmeer in die EU und schließlich nach Deutschland kommen, hatte es Forderungen nach der Auslagerung von Asylverfahren in Drittländer gegeben.
Die Bundesregierung bekräftigte vergangene Woche auf Drängen auch der Ministerpräsidenten, Asylverfahren außerhalb Europas prüfen zu wollen. Der Bund-Länder-Beschluss geht hier nicht ins Detail. Die SPD-Ministerpräsidenten machten aber deutlich, dass sie sich allenfalls vorstellen können, dass Asylgesuche noch vor der Einreise geprüft werden. Ein One-Way-Ticket nach Ruanda, wie es Großbritannien geplant hatte, steht nicht zur Debatte.
Auch Italien hat kürzlich ein Abkommen mit Albanien, mit der Absicht, zwei Zentren zur Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Migranten abgeschlossen. Menschen, die von Schiffen der italienischen Behörden gerettet werden, sollen nach Albanien gebracht werden, um dort ihr Asylverfahren zu durchlaufen. Nur Menschen, deren Asylantrag bewilligt wird, sollen dann nach Italien gebracht werden.
- Nachrichtenagentur dpa