Russin schwer misshandelt Brillantgrün – Darum ist die Substanz so heimtückisch
Die Journalistin Jelena Milaschina wurde in Tschetschenien brutal misshandelt. Die Angreifer schütteten ihr grüne Farbe ins Gesicht – und sendeten damit ein eindeutiges Signal.
Videoaufnahmen zeigen Jelena Milaschina in einem Hospital, wie sie über den Krankenhausflur stolpert, hinfällt und vor Schmerzen schreit. Ihr Gesicht ist von einer grünblauen Farbe überzogen. Auf der Haut sind zahlreiche Blutergüsse zu erkennen, die von den Schlägen stammen, die ihr zugefügt wurden.
Die Journalistin war am Dienstag gemeinsam mit dem Anwalt Alexander Nemow auf dem Weg zu einer Gerichtsverhandlung in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny, als ihr Auto plötzlich von drei anderen Wagen blockiert wurde, mehrere maskierte Männer ausstiegen und Milaschina und Nemow brutal verprügelten, zu Boden warfen und ins Gesicht traten. So schilderte es die Journalistin, die seit Jahren für die russische Zeitung "Nowaja Gazeta" über Tschetschenien schreibt, laut der Nachrichtenagentur Reuters.
Nemow, dem die Angreifer mit einem Messer ins Bein stachen, nahm am gleichen Tag dennoch am Prozess gegen einen tschetschenischen Menschenrechtsaktivisten teil. Milaschinas schwere Verletzungen wurden unterdessen in einem Krankenhaus behandelt. 14 Brüche an den Handknochen trug sie davon, zahlreiche Prellungen und die ominöse Farbe im Gesicht.
Eingesetzt, um politische Gegner zu brandmarken
Dabei handelt es sich um Brillantgrün, einem in Wasser und Alkohol löslichen Farbstoff, der in Osteuropa und in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion gern als Antiseptikum verwendet wird. Brillantgrün ist in Russland auch als "Seljonka" bekannt. Weil die Wundlösung nur sehr schwer abwaschbar ist und sichtbare dunkelgrüne Flecken auf der Haut hinterlässt, wird sie dort häufig eingesetzt, um politische Gegner zu brandmarken.
Insbesondere Regimegegner, aber auch Kritiker der orthodoxen Kirche werden mit dem Prangermittel überschüttet und dadurch tagelang stigmatisiert. Dass sich die Kriminellen, die Milaschina und Nemow überfielen, dieses Farbstoffes bedienten, ist also kein Zufall. Brillantgrün könnte in diesem Kontext als eine Art letzte Warnung dienen.
"Während sie geschlagen wurden, sagten die Angreifer ihnen: 'Ihr wurdet gewarnt. Verschwindet von hier und wagt ja nicht, etwas zu schreiben", sagte ein Sprecher der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial über die Attacke in Grosny. Tschetschenien gilt als äußert gefährlich für unabhängige Berichterstatter. Diktator Ramzan Kadyrow macht laut Menschenrechtsorganisationen systematisch Jagd auf Oppositionelle.
In Russland kommt es immer wieder zu Angriffen auf Oppositionelle. Nicht selten enden diese tödlich. Im Jahr 2006 wurde etwa die regierungskritische Journalistin Anna Politkowskaja vor ihrem Haus in Moskau erschossen. Sie hatte über den damals noch andauernden Krieg in Tschetschenien geschrieben. Im Jahr 2015 wurde der Oppositionspolitiker Boris Nemzow von Unbekannten unweit der Residenz des russischen Diktators Wladimir Putin in Moskau erschossen.
Das Putin-Regime hat angesichts des Falls Milaschinas angekündigt, die Umstände der Attacke aufklären zu wollen. Der Menschenrechtsaktivist, über dessen Prozess die Journalistin in Grosny berichten wollte, wurde übrigens zu fünfeinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt.
- thegurdian.com: "Attackers break Russian journalist’s fingers and stab human rights lawyer in Chechnya" (englisch)
- deutschlandfunk.de: "Wie Russland seine eigene Vergangenheit schönfärbt"
- tagesschau.de: "Journalistin Milaschina nach Moskau ausgeflogen"
- rightsinrussia.org: "Igor Kalyapin: Concerning the accusation made by Mansur Soltaev" (englisch)