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Misstrauensvotum gegen Boris Johnson: Premier bleibt im Amt – nächste Krise droht


Misstrauensvotum gescheitert
Premier Johnson bleibt im Amt – aber die nächste Krise droht

Von dpa, afp, lw

Aktualisiert am 07.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Gewonnenes Misstrauensvotum: So reagiert Boris Johnson auf die Abstimmung. (Quelle: reuters)
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Boris Johnsons darf weiter regieren – das Misstauensvotum gegen ihn konnte er überstehen. Doch das Ergebnis der Abstimmung ist knapp und die nächste Krise bahnt sich schon an.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat ein Misstrauensvotum in seiner konservativen Fraktion überstanden. Doch das Ergebnis war knapper als erwartet: Nur 211 seiner Fraktionskollegen sprachen dem Premier am Montagabend in London ihr Vertrauen aus. 148 Tory-Abgeordnete votierten für eine Abwahl Johnsons als Parteichef und damit auch als Premierminister. Er gilt damit als schwer beschädigt.

Nach der Abstimmung dankte Johnson den Parteimitgliedern, die für ihn gestimmt haben. "Es ist ein extrem gutes Ergebnis", sagte er in einem Interview mit dem britischen Nachrichtensender BBC. Er sehe die Abstimmung als Chance: "Es bedeutet, dass wir als Regierung weitermachen und uns auf die Dinge konzentrieren können, die meiner Meinung nach für die Menschen wirklich wichtig sind", so der Premier. Man müsse nun als Partei und als Regierung zusammenkommen.

Dies sei ein Moment und eine Gelegenheit, die anhaltenden Auseinandersetzungen innerhalb der konservativen Partei der letzten Monate über seine Führung "hinter uns zu lassen", sagte Johnson. "Ich bin sicherlich nicht an vorgezogenen Neuwahlen interessiert."

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Labour-Partei: "Entweder Rückgrat zeigen oder Boris Johnson unterstützen"

Ein Misstrauensvotum wird nach den Regeln der britischen Konservativen abgehalten, wenn 15 Prozent der Fraktion dem Premier das Misstrauen ausspricht. Diese Schwelle war am Sonntag mit entsprechenden Mitteilungen von mindestens 54 der 359 Tory-Abgeordneten erreicht worden, wie der Vorsitzende des zuständigen Parteiausschusses, Graham Brady, am Montagfrüh mitgeteilt hatte. Die Abstimmung wurde noch am Abend abgehalten.

Der Vorsitzende der Labour-Partei, Keir Starmer, reagierte ebenso auf das Ergebnis der Abstimmung: "Heute Abend musste die Konservative Partei eine Entscheidung treffen: entweder Rückgrat zeigen oder Boris Johnson unterstützen", sagte Starmer laut BBC. Die Öffentlichkeit habe "die Nase voll von einem Premierminister, der viel verspricht, aber nichts hält".

Lockdown-Partys in der Downing Street

Johnson war unter Druck geraten, nachdem Details über teilweise exzessive Partys in seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street während der Corona-Lockdowns ans Licht gekommen waren. Der konservative Politiker hatte die Feiern geduldet und war teilweise sogar dabei gewesen. Ein Untersuchungsbericht warf den Verantwortlichen in der Downing Street Führungsversagen vor.

Johnson musste wegen der Teilnahme an einer illegalen Lockdown-Party eine Geldstrafe zahlen und gilt damit als erster amtierender Premierminister Großbritanniens, der erwiesenermaßen das Gesetz gebrochen hat.

Es war aber nicht nur die laxe Haltung gegenüber den eigenen Regeln, die Johnsons Gegner in der eigenen Partei auf die Barrikaden gebracht hat. Der Tory-Abgeordnete und langjährige Johnson-Weggefährte Jesse Norman warf dem Premier unter anderem vor, die Einheit des Landes zu gefährden.

Den Konfrontationskurs mit Brüssel in der Nordirland-Frage bezeichnete er als "wirtschaftlich sehr schädlich, politisch töricht und beinahe sicher illegal". Johnsons Plan, Flüchtlinge nach Ruanda abzuschieben, beschrieb er als "hässlich, wahrscheinlich kontraproduktiv und von zweifelhafter Rechtmäßigkeit".

"Stattdessen versuchst du einfach nur Wahlkampf zu betreiben"

Eine langfristige politische Agenda habe er hingegen nicht. "Stattdessen versuchst du einfach nur Wahlkampf zu betreiben, indem du ständig das Thema wechselst und politische und kulturelle Gräben hauptsächlich zu deinem eigenen Vorteil schaffst", so Norman weiter.

Ebenfalls zu denken geben sollte Johnson, dass die Rebellion nicht nur von einem Flügel der Partei zu kommen schien. Beispielsweise finden sich unter seinen Kritikern sowohl beinharte Brexit-Anhänger wie der Abgeordnete Steve Baker und Ex-Brexit-Minister David Davis als auch Remainer wie Tobias Ellwood, der kürzlich eine Rückkehr in den EU-Binnenmarkt forderte.

Nächste Krise droht

Seit Monaten hatten immer wieder Parteikollegen Johnson öffentlich zum Rücktritt aufgefordert. Der Versuch, ihn aus dem Amt zu jagen, ist nun vorerst gescheitert. Nach den aktuellen Parteiregeln darf für die Dauer von zwölf Monaten kein weiteres Misstrauensvotum gegen Johnson angestrengt werden. Doch die Hoffnung, dass die Kritik an ihm jetzt verstummen wird, dürfte ebenfalls vergeblich sein. Johnson hat zwar noch die Mehrheit der Fraktion hinter sich, doch die Fronten innerhalb der eigenen Partei scheinen so verhärtet, dass ihm das Regieren zunehmend schwerfallen dürfte.

Die nächste Krise für Johnson droht, wenn am 23. Juni in zwei englischen Wahlkreisen Nachwahlen stattfinden. In mindestens einem davon müssen sich die Tories auf eine schwere Niederlage einstellen.

Auch Johnsons Vorgängerin Theresa May musste sich im Jahr 2018 im Zuge des Brexits einem Misstrauensvotum stellen. Sie gewann – ein halbes Jahr später trat sie dennoch zurück. Damals hatten 133 Parteimitglieder gegen sie gestimmt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
  • Verkündung des Ergebnisses auf BBC
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