Reise nach Serbien gescheitert Lawrow kritisiert Flugblockade der Nato-Länder als "ungeheuerlich"
Putins Außenminister hat Reiseprobleme: Sergej Lawrow will nach Belgrad fliegen, doch der Überflug über einige Länder wird ihm verwehrt. Nun hat er Stellung bezogen. Auch der Kreml mischt sich ein.
Der Kreml hat die Sperrung des europäischen Luftraums für Lawrow nach dessen geplatzter Serbien-Reise als "feindliche Handlung" kritisiert. "Zweifellos können solche feindlichen Handlungen gegenüber unserem Land, gegenüber hochrangigen Vertretern unseres Landes gewisse Probleme verursachen und dazu führen, dass der Zeitplan dieser Kontakte um einige Zeit verschoben wird", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag laut der Nachrichtenagentur Interfax. Diese Maßnahmen könnten aber prinzipiell Russlands gute Beziehungen zu freundschaftlich gesinnten Staaten wie Serbien nicht zerstören, fügte er hinzu.
Lawrow selbst kritisierte die Blockade durch einige "Nato-Mitglieder" als "ungeheuerlich". Die EU und die Nato versuchten, Serbien in der freien Wahl seiner Partner zu behindern, sagte Lawrow am Montag in einer Video-Konferenz mit ausländischen Journalisten in Moskau. "Serbien sollte die freie Wahl haben." Der Westen wolle den Balkan für sich, so wie er die Ukraine beanspruche.
Lawrow kritisierte, dass die EU etwa im Fall der Ukraine ausschließlich auf jene Kräfte setze, die "allem Russischen den Krieg" erklärt hätten. Russland hatte seinen Krieg in der Ukraine auch damit begründet, dort die "russische Welt" vor ukrainischen Nationalisten zu schützen.
Der russische Außenminister konnte wegen einer fehlenden Fluggenehmigung an diesem Montag nicht zu einem geplanten zweitägigen Besuch nach Serbien reisen. Das hatte Moskau mitgeteilt. Ein ranghoher Ministeriumsmitarbeiter bestätigte der russischen Agentur Interfax zufolge einen entsprechenden serbischen Medienbericht vom Sonntag, nach dem Bulgarien, Nordmazedonien und Montenegro keine Genehmigung für den Überflug der russischen Regierungsmaschine erteilt hätten.
Lawrow kritisiert "Puppenspieler in Brüssel"
"Unsere Beziehungen mit Serbien wird niemand zerstören können", betonte Lawrow. Er will demnach seinen serbischen Kollegen Nikola Selakovic bald in Moskau treffen. Die Sperrung des Luftraums sei eine "schändliche Bestrafung" für ein Land, das gemäß seinen eigenen nationalen Interessen eigenständig seine Außenpolitik bestimmen wolle, sagte Lawrow.
"Die Puppenspieler in Brüssel wollen den Balkan in ihr Projekt eines geschlossenen Balkans verwandeln." Lawrow meinte, dass die westlichen Länder immer mehr eigene Probleme hätten, sich aber damit beschäftigten, die Beziehungen zwischen anderen Ländern zu erschweren.
Lawrow ist wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine mit westlichen Sanktionen belegt. Zudem ist der europäische Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt.
Der Minister wollte sich mit der serbischen Führung treffen, um etwa über die Versorgung des Landes mit russischer Energie zu sprechen. Auf die Frage, ob der Besuch abgesagt sei, entgegnete der Ministeriumsmitarbeiter: "Die Diplomatie hat bisher nicht die Fähigkeit zum Beamen erlangt."
Brnabic: Besuch ist "außerordentlich kompliziert"
Die serbische Ministerpräsidentin Ana Brnabic sagte am Sonntag dem Fernsehsender Pink, die Lage rund um den Lawrow-Besuch sei "außerordentlich kompliziert". Sie verwies auf "logistische" Schwierigkeiten, insbesondere hinsichtlich der Überflugrechte auf der Route des russischen Chefdiplomaten. Die serbische Zeitung "Vecernje Novosti" berichtete, der Lawrow-Besuch sei "ungewiss".
Embed
Lawrow sollte nach den bisherigen Planungen in Serbien mit Präsident Aleksandar Vucic, seinem Amtskollegen Nikola Selakovic und dem Patriarchen der serbisch-orthodoxen Kirche, Porfirije, zusammentreffen, bevor er am Dienstag in die Türkei weiterreist.
Serbien setzt weiterhin auf Kooperation mit Russland
Brnabic sagte, Vucic habe zur Vorbereitung von Lawrows Besuch Gespräche "mit Vertretern Russlands, der USA, Deutschlands und der EU" geführt. Serbien bewirbt sich um die Aufnahme in die EU, unterhält aber traditionell gute Beziehungen zu Russland.
Während die EU in Reaktion auf den Ukraine-Krieg auf eine deutliche Reduzierung der russischen Energielieferungen zusteuert und kürzlich ein weitgehendes Ölembargo gegen Russland vereinbart hat, setzt Serbien weiterhin auf enge Kooperation mit Russland in diesem Bereich.
Vucic: Russische Gaslieferungen "bester Deal in Europa"
Im Mai vereinbarte Vucic in einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin eine Verlängerung der russischen Gaslieferungen um drei Jahre zu günstigen Preisen. Es handele sich um den "bei Weitem besten Deal in Europa", erklärte der serbische Präsident damals.
Serbien ist fast vollständig von russischen Energielieferungen abhängig und importiert täglich etwa sechs Millionen Kubikmeter Gas aus Russland. Moskau besitzt auch eine Mehrheitsbeteiligung an der serbischen Öl- und Gasgesellschaft NIS.
Den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Serbien zwar verurteilt. Zugleich will Belgrad jedoch nicht mit Moskau brechen und lehnt es ab, sich den EU-Sanktionen gegen Russland anzuschließen.
- Nachrichtenagenturen dpa und afp