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Überblick zum Ukraine-Krieg: Kampf um Millionenstadt Charkiw eskaliert


Überblick zum Ukraine-Krieg
Kampf um Millionenstadt Charkiw eskaliert

Von dpa
27.02.2022Lesedauer: 3 Min.
Ein beschädigtes Militärfahrzeug in Charkiw: Russische und ukrainische Truppen haben sich in der Stadt in der Ostukraine am Sonntag massive Gefechte geliefert.Vergrößern des Bildes
Ein beschädigtes Militärfahrzeug in Charkiw: Russische und ukrainische Truppen haben sich in der Stadt in der Ostukraine am Sonntag massive Gefechte geliefert. (Quelle: Ukrinform/dpa-bilder)
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Russland hat seine Angriffe auf verschiedene ukrainische Städte intensiviert – und konnte bis in die Innenstadt der zweitgrößten Millionenmetropole vordringen. Noch ist die Lage unklar.

Russland treibt seinen Feldzug gegen die Ukraine trotz neuer Sanktionen des Westens voran. Heftige Kämpfe wurden am Sonntag aus der Hauptstadt Kiew und der Millionenmetropole Charkiw gemeldet. Hunderttausende Ukrainer waren auf der Flucht. Sowohl Moskau als auch Kiew zeigten sich offen für Verhandlungen, doch blieb unklar, was daraus wird.

Gesicherte Informationen zum Kampfgeschehen in der Ukraine sind rar. Vieles kann nicht unabhängig geprüft werden. Nach ukrainischen Angaben lieferten sich in der Großstadt Charkiw im Osten russische und ukrainische Truppen Straßenkämpfe. Die Angreifer seien auch ins Zentrum der Stadt mit etwa 1,5 Millionen Einwohnern gelangt. Am Sonntagmittag verkündete der Gouverneur der Region, die Stadt sei nun wieder vollständig unter ukrainischer Kontrolle. In der Nähe von Charkiw ging nach Darstellung der ukrainischen Agentur Unian eine Gasleitung in Flammen auf.

Granaten nahe Atommüll-Deponie eingeschlagen

Zur Verteidigung von Kiew zog die Ukraine nach eigenen Angaben weitere Kräfte zusammen. Das Verteidigungsministerium sprach von russischen Angriffen im Norden und Nordwesten der Hauptstadt. In der Nacht zum Sonntag soll ein Lager mit radioaktiven Abfällen von russischen Granaten getroffen worden sein, wie der Sender Kanal 24 und andere Medien meldeten. Nach ersten Messungen bestehe "keine Bedrohung für die Bevölkerung außerhalb der Schutzzone".

Der ukrainische Generalstab erklärte, das Tempo des russischen Angriffs sei gebremst worden. Der Feind habe Nachschubprobleme, Soldaten seien erschöpft, die Truppen dezimiert. Bisher seien schätzungsweise etwa 4.300 Soldaten getötet worden, schrieb Vizeverteidigungsministerin Maljar bei Facebook. Dutzende Flugzeuge und Hubschrauber, Hunderte Panzer und weitere Militärfahrzeuge sollen zerstört worden sein.

Russland macht vermeintliches Gesprächsangebot

Russland konterte mit eigenen militärischen Erfolgsmeldungen. Präsident Putin lobte, die russischen Streitkräfte hätten unter schwierigsten Bedingungen maximal effektiv ihre Aufgaben erfüllt. Das Verteidigungsministerium meldete, es seien 471 ukrainische Soldaten gefangen genommen worden. Ukrainer hätten massenhaft den Kampf verweigert, in Charkiw habe sich ein ganzes Regiment ergeben. Russland gibt an, seit Donnerstagmorgen 975 militärische Objekte zerstört zu haben – Fluggeräte, Panzer und andere Kampffahrzeuge.

Die südukrainischen Städte Cherson und Berdjansk seien von russischen Truppen umzingelt. Im Donbass hätten die von Russland unterstützten Separatisten ihren Vormarsch fortgesetzt. Zu eigenen Opferzahlen macht Moskau keine Angaben.

Ob und wie die Kriegsparteien den Gesprächsfaden wieder aufnehmen, ist unklar. Kremlsprecher Dmitri Peskow teilte mit, eine russische Delegation sei für Verhandlungen mit der Ukraine nach Belarus gereist, in die Stadt Gomel. Der ukrainische Präsident Selenskyj zeigte sich aufgeschlossen für Verhandlungen, aber nicht in Belarus – das Land ist mit Russland verbündet. Er habe Warschau, Budapest, Istanbul und Baku als Verhandlungsstädte vorgeschlagen.

Knapp 300.000 Menschen auf der Flucht

Selenskyjs Sprecher schrieb zudem auf Facebook, Russland habe als Bedingung gefordert, dass die Ukraine ihre Waffen niederlege. Die Ukraine solle für das Scheitern von Verhandlungen verantwortlich gemacht werden, kritisierte er. Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski stellte den Ukrainern ein Ultimatum: Er werde bis 15 Uhr (Ortszeit, 13 Uhr MEZ) in Gomel auf sie warten.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass knapp 300.000 Menschen wegen des Kriegs auf der Flucht sind – etwa 160.000 in der Ukraine, zudem 116.000, die sich über die Grenzen gerettet haben. Sie kamen vor allem nach Polen, aber auch nach Ungarn, in die Slowakei, nach Rumänien und Moldau. Erste Flüchtlinge erreichen auch Deutschland. Allerdings sind Männer zwischen 18 und 60 Jahren angehalten, in der Ukraine zu bleiben und womöglich Wehrdienst zu leisten. Ins Ausland kommen also vor allem viele Frauen und Kinder.

Sanktionen massiv ausgeweitet

Die EU und die USA wollen nicht militärisch in den Konflikt eingreifen. Sie hatten schon in den vergangenen Tagen harte Sanktionen verhängt, auch gegen Putin selbst. Die Ausweitung der Strafmaßnahmen gegen Russland wurde am späten Samstagabend von Deutschland, den USA und weiteren Verbündeten vereinbart.

Der Ausschluss russischer Finanzinstitute aus Swift gilt als die bislang weitreichendste Reaktion und könnte dazu führen, dass der Handel zwischen Russland und dem Westen weitgehend eingeschränkt wird. Betroffen werden nach Angaben der Bundesregierung alle russischen Banken sein, die bereits von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert sind.

Hinzu kommen sollen – soweit erforderlich – weitere russische Banken. Damit sollten diese Institute von den internationalen Finanzströmen abgeklemmt werden. Zudem soll es zusätzliche Sanktionen gegen die russische Zentralbank und auch Oligarchen aus dem Umfeld Putins geben. Die Bundesregierung bereitet zudem eine Sperrung des deutschen Luftraums für russische Maschinen vor.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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