Streit um Hagia Sophia Käßmann: "Erdogans taktische Spiele sind erbärmlich"
Nach der Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee wird Erdogan massiv aus dem Westen kritisiert. Die Theologin Margot Käßmann wirft dem türkischen Präsidenten nun vor, nicht besonders weise zu sein.
In der Debatte um die Umwandlung des Istanbuler Wahrzeichens Hagia Sophia in eine Moschee kritisiert die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. "Die taktischen Politikspiele eines Präsidenten, der konservative Muslime beeindrucken will, sind erbärmlich", schreibt Käßmann in der "Bild am Sonntag". "Nach 85 Jahren wird die Hagia Sophia dazu missbraucht, Macht zu demonstrieren und Zwietracht zu säen", so die Theologin. Erdogans Beschreibung der Umwandlung als "Auferstehung" hält sie demnach für eine "gezielte Provokation".
"Sophia" sei der griechische Begriff für Weisheit, schreibt Käßmann weiter und merkt an: "Davon hat Herr Erdogan offensichtlich nicht viel. Denn ein weiser Staatsführer würde versöhnen und nicht spalten wollen." Die Pfarrerin fürchtet nach eigener Aussage, dass die Hagia Sophia zum Symbol der Ausgrenzung werden könne. Erdogan zerstöre "ein Symbol für das friedliche Miteinander von Christentum und Islam".
Bau im 6. Jahrhundert
Das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei hatte am Freitag vor einer Woche den Status der Hagia Sophia als Museum aberkannt. Kurz danach ordnete Erdogan an, das Gebäude für das islamische Gebet als Moschee zu öffnen. Ungeachtet der internationalen Kritik haben die Vorbereitungen für eine solche Öffnung begonnen. Ab dem 24. Juli soll die Hagia Sophia, die 86 Jahre lang ein Museum war, als Moschee genutzt werden können.
Die Hagia Sophia wurde im 6. Jahrhundert nach Christus erbaut und war Hauptkirche des Byzantinischen Reiches, in der die Kaiser gekrönt wurden. Nach der Eroberung des damaligen Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 wandelte Sultan Mehmet II. die Hagia Sophia in eine Moschee um.
- Nachrichtenagentur dpa