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Türkei: Erdogan will Hagia Sophia für islamisches Gebet öffnen


Schon in zwei Wochen
Nach Urteil: Erdogan will Hagia Sophia für islamisches Gebet öffnen

Von dpa
Aktualisiert am 11.07.2020Lesedauer: 3 Min.
Die Hagia Sophia in Istanbul: Nach einem Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts der Türkei kann das Bauwerk künftig als Moschee genutzt werden.Vergrößern des Bildes
Die Hagia Sophia in Istanbul: Nach einem Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts der Türkei kann das Bauwerk künftig als Moschee genutzt werden. (Quelle: Kyodo News/imago-images-bilder)

Ein türkisches Gericht hat den Status der Hagia Sophia in Istanbul als Museum annulliert. Damit ist der Weg für die Umwandlung in eine Moschee frei. Auch Präsident Erdogan meldete sich zu Wort.

Das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei hat einem Bericht zufolge den Weg frei gemacht, damit das berühmte Gebäude Hagia Sopha in Istanbul künftig als Moschee genutzt werden kann. Das Gericht annullierte am Freitag den Status der einstigen Kirche als Museum. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag. Eine Begründung der Entscheidung lag zunächst nicht vor.

Erdogan ordnet Öffnung für muslimisches Gebet an

Nach der Gerichtsentscheidung hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan angeordnet, das Gebäude für das islamische Gebet zu öffnen. Die Leitung der "Hagia Sophia Moschee" werde zudem der Religionsbehörde übergeben, steht in einem von Erdogan unterschriebenen Beschluss, den er auf Twitter teilte. "Herzlichen Glückwunsch", fügte Erdogan hinzu.

Nach den Plänen des türkischen Präsidenten könnte es bereits in zwei Wochen soweit sein: "Wir planen, die Vorbereitungen schleunigst zu beenden und am Freitag, den 24. Juli 2020, die Hagia Sophia gemeinsam mit dem Freitagsgebet für Gebete zu eröffnen", sagte Erdogan am Freitagabend.

Die Kritiker rief Erdogan auf, die Entscheidung zu respektieren. "Wie die Hagia Sophia genutzt wird, hat etwas mit den Souveränitätsrechten der Türkei zu tun." Der Eintritt werde gratis sein und allen offen stehen, "für Muslime und Nichtmuslime".

Entscheidung könnte Spannungen zu Griechenland verschärfen

Vor der Hagia Sophia versammelte sich nach der Entscheidung in der Istanbuler Altstadt spontan eine Gruppe Befürworter der Entscheidung. Sie riefen "Allahu Akbar!" ("Gott ist groß!"). Die Polizei sperrte den Platz vor der Hagia Sophia ab. Beamte der Einsatzpolizei brachten sich in Stellung, es blieb aber zunächst ruhig.

Der Status des Bauwerks ist ein Politikum. Anhänger der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP fordern seit langem, die Hagia Sophia wieder zur Moschee zu machen. Vor allem Griechenland und Russland sind wegen der Bedeutung der Hagia Sophia für die Orthodoxie gegen eine Änderung des Status. Die Entscheidung könnte die Spannungen zwischen der Türkei und dem Nachbarn Griechenland weiter verschärfen. Die Länder streiten sich ohnehin schon um Erdgas im östlichen Mittelmeer.

Hagia Sophia seit 1934 Museum

Die Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit) wurde im 6. Jahrhundert nach Christus erbaut und war Hauptkirche des Byzantinischen Reiches, in der die Kaiser gekrönt wurden. Nach der Eroberung des damaligen Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 wandelte Sultan Mehmet II. ("Der Eroberer") die Hagia Sophia in eine Moschee um. Auf Betreiben des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk ordnete der Ministerrat im Jahr 1934 die Umwandlung der Hagia Sophia in ein Museum an.

Hinter dem Verein, der gegen diesen Beschluss geklagt hatte, steht nach Angaben von Anadolu ein pensionierter Lehrer, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee zu erwirken. Der Anwalt des klagenden Vereins, Selami Karaman, bestätigte die Entscheidung auf Anfrage der dpa zunächst nicht.

Hagia Sophia meistbesuchtes Museum der Türkei

Auch als Moschee könnten Touristen die Hagia Sophia besichtigen, ähnlich wie die nahe gelegene Blaue Moschee in der Istanbuler Altstadt. Im vergangenen Jahr zog die Hagia Sophia nach offiziellen Angaben 3,7 Millionen Besucher an. Sie war damit das meistbesuchte Museum in der Türkei.

Berühmt ist die sie vor allem wegen der rund 56 Meter hohen Kuppel, die nahezu schwerelos über dem Hauptraum zu schweben scheint. Im Inneren sind die Wände mit byzantinischen Mosaiken und Marmor verziert. Um dem Bilderverbot im Islam gerecht zu werden, müssten die Mosaiken während des islamischen Gebets abgedeckt werden.

Unesco bedauert die Entscheidung

Als Teil der Altstadt von Istanbul gehört die Hagia Sophia zum Unesco-Weltkulturerbe. Die Generalsekretärin der Organisation, Audrey Azoulay, habe gegenüber dem türkischen Botschafter am Freitagabend ihre tiefe Besorgnis zum Ausdruck gebracht, teilte die Unesco mit. Die Entscheidung für die Umwandlung sei ohne vorigen Dialog getroffen worden.

"Die Heilige Sophia ist ein architektonisches Meisterwerk und ein einzigartiges Zeugnis der Begegnung von Europa und Asien im Laufe der Jahrhunderte. Sein Status als Museum spiegelt die Universalität seines Erbes wider und macht es zu einem starken Symbol des Dialogs", erklärte Azoulay.

"Die heute verkündete Entscheidung wirft die Frage auf, wie sich die Änderung des Status auf den universellen Wert des Eigentums auswirkt", hieß es weiter von der Unesco. Derartige Änderungen müssten der Unesco vorher mitgeteilt und, falls erforderlich, vom Komitee für das Erbe der Welt geprüft werden. Die Unesco fordert die türkischen Behörden nun auf, unverzüglich einen Dialog aufzunehmen. Die Unesco hatte sich zuvor mehrfach deswegen an die Türkei gewandt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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