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Österreichs Regierung 100 Tage im Amt: Kurz' Kabinett im Corona-Hoch


Top-Bilanz nach 100 Tagen
Österreich: Kurz und seine Regierung im Corona-Hoch

dpa, Von Matthias Röder

13.04.2020Lesedauer: 3 Min.
Gefragt: Österreichs Bundeskanzler Kurz (M.) und sein Kabinett um Wirtschaftsministerin Schramboeck (li.) und Vizekanzler Kogler (3. v. li.).Vergrößern des Bildes
Gefragt: Österreichs Bundeskanzler Kurz (M.) und sein Kabinett um Wirtschaftsministerin Schramboeck (li.) und Vizekanzler Kogler (3. v. li.). (Quelle: Eibner Europa/imago-images-bilder)

Die neue Regierung der Alpenrepublik ist 100 Tage im Amt und erzielt Höchstwerte bei der Wählerzufriedenheit – auch durch den Umgang mit der Corona-Krise. Doch die nächsten Konflikte scheinen programmiert.

Österreichs Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler ließ aufhorchen. Zur "gerechten Krisenfinanzierung" forderte er eine Erbschafts- und Schenkungssteuer. "Ich bin für einen rigorosen Beitrag von Millionen- und Milliardenerben", so der gelernte Ökonom jüngst in der "Tiroler Tageszeitung". Er hoffe, dass der Schock der Corona-Pandemie in Österreich zu einem Umdenken führe, meinte Kogler an die Adresse des konservativen Koalitionspartners ÖVP. Damit schlagen Österreichs Grüne Töne an, die in den nächsten Monaten zu einer Belastungsprobe für das Bündnis werden können. Denn ÖVP-Chef und Kanzler Sebastian Kurz gilt als Gegner neuer Lasten im Hochsteuerland Österreich.

Dabei läuft es für die neue Regierung aus ÖVP und Grünen gut. 100 Tage nach Amtsantritt (15.4.) erweist sich die Corona-Krise als Kitt. Das Krisenmanagement und die forcierte Öffentlichkeitsarbeit – die Wiener Zeitung "Der Standard" zählte zwischen dem 27. Februar und dem Karfreitag 48 Pressekonferenzen der Regierung – wird mit Rekord-Umfragewerten honoriert.

Umfragehoch ist kein Garant für eine reibungslose Zukunft

"Der aktuelle Vertrauensindex erbringt die höchsten Vertrauenswerte, die jemals gemessen wurden", stellte das Meinungsforschungsinstitut OGM jüngst fest. Kurz erzielte in der aktuellen Erhebung mit 74 Prozent (plus 32 Prozentpunkte) den bisher höchsten Wert in seiner politischen Karriere. Gleich hinter ihm landete der sachlich und kompetent wirkende Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).

Mit der nun anstehenden langsamen und schrittweisen Rückkehr zur Normalität – am 14. April öffnen kleine Geschäfte und die Bau- und Gartenmärkte wieder – dürfte die Koalition ebenfalls Punkte machen. Europaweit ist Österreich mit diesem Schritt weit vorn.

Dennoch ist das Umfrage-Hoch im Krisenmanagement kein Garant für eine reibungslose Zukunft der Zweckehe zwischen Konservativen und Grünen. "Es funktioniert im Dissens", weist der Politikberater Thomas Hofer darauf hin, dass beide Parteien im Grundsatz einen völlig anderen Zugang zu vielen Themen haben.

"Das Beste aus zwei Welten"

Vor Ausbruch der Seuche auch in Österreich war das unter anderem bei der Migrations- und der Europapolitik zu spüren. Der Vorstoß von Kogler, sich doch den deutschen Vorschlägen anzuschließen, Kinder aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern zu holen, verhallte beim Koalitionspartner demonstrativ ungehört. Das Thema Sicherungshaft für angeblich gefährliche Asylbewerber ist vermintes Gelände. Und während Kurz den Eindruck machte, bei den Verhandlungen zum EU-Budget um jeden Cent zu feilschen, konnten sich die Grünen eine größere Flexibilität vorstellen.

Das am 7. Januar vereidigte Kabinett, so weiblich und jung wie nie in Österreichs Geschichte, war eine international beachtete politische Premiere in der Alpenrepublik. Der Pakt von Konservativen und Grünen galt sofort als mögliches Vorbild auch in Deutschland: Grenzen gegen illegale Migranten schützen und das Klima retten. Der von Kurz ausgegebene Slogan lautete: "Das Beste aus zwei Welten".

Garniert war das Ganze mit dem Anspruch, den Standort nach vorne zu bringen, Steuern zu senken und einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Der 300-seitige Koalitionspakt wirkt angesichts der Verwerfungen durch die Corona-Krise zumindest in Teilen aus der Zeit gefallen. Längst sind die Finanzziele gekappt, sind umfangreiche Milliardenhilfsprogramme auf Pump auf den Weg gebracht.

Vizekanzler Hofer erwartet unruhige Zeiten

Vor diesem Hintergrund rückt eines der grünen Prestigeprojekte – eine öko-soziale Steuerreform – zumindest in weitere Ferne. "Die entsprechende Task Force zur konkreten Ausgestaltung hat noch gar nicht zu arbeiten begonnen", sagt Politikberater Hofer. Auch für das ohnehin schwer finanzierbare 1-2-3-Ticket, ein vergleichsweise günstiges Jahresticket zur Benutzung sämtlicher Busse und Bahnen auf Landes- oder Bundesebene, scheint schwieriger umsetzbar als in Zeiten voller Kassen.

"Nach der Bewältigung der Gesundheitskrise werden ganz klar auf breiter Front Dinge aus dem Koalitionspakt infrage gestellt werden", sieht Hofer mittelfristig unruhige Zeiten auf die Koalition zukommen. Sollten viele Bürger ein Sonderopfer der Reichen und Superreichen verlangen, werde Kurz aber möglicherweise nicht ganz taub sein. "Er kann sehr sensibel auf Stimmungen reagieren", so Hofer.

Verwendete Quellen
  • dpa
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