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Jaroslaw Kaczynski: Sorge um Polens starken Mann


Jaroslaw Kaczynski
Sorge um Polens starken Mann

dpa, Natalie Skrzypczak

15.09.2018Lesedauer: 3 Min.
Im Hintergrund zieht Jaroslaw Kaczynski in der polnischen Politik die Fäden. Der ehemalige Ministerpräsident hat seit Mai keinen öffentlichen Auftritt mehr gehabt. Anhänger machen sich Sorgen.Vergrößern des Bildes
Im Hintergrund zieht Jaroslaw Kaczynski in der polnischen Politik die Fäden. Der ehemalige Ministerpräsident hat seit Mai keinen öffentlichen Auftritt mehr gehabt. Anhänger machen sich Sorgen. (Quelle: Czarek Sokolowski/ap-bilder)

Hinter den Kulissen der Politik in Polen zog Jaroslaw Kaczynski, Chef der rechten Regierungspartei PiS und ehemaliger Ministerpräsident, jahrelang die Fäden. Seit Monaten hat er jedoch keinen öffentlichen Auftritt gehabt. Anhänger vermuten eine schwere Krankheit.

Nur noch selten und meist auf Krücken gestützt bekamen die Polen den mächtigsten Mann ihres Landes in den letzten Monaten zu sehen. Jaroslaw Kaczynski, Chef der Regierungspartei PiS, zog sich im Mai weitgehend aus der Politik zurück. Angeblich wegen einer Knieerkrankung.

Die PiS versichert, Kaczynski werde bald zur alten Form zurückfinden, und feiert den Besuch des Staatschefs Andrzej Duda kommenden Dienstag bei Donald Trump im Weißen Haus als Zeichen des internationalen Erfolgs der Partei. Doch in Polen ranken sich Spekulationen darum, ob Kaczynskis mysteriöse Krankheit seiner starken Partei schon bald zusetzen kann. Wie krank ist der politische Strippenzieher wirklich?

Boulevardmedien heizten sogar Gerüchte über einen Politik-Ausstieg Kaczynskis nach der Parlamentswahl 2019 an. Publizisten bewerteten einen kürzlichen Auftritt des 69-Jährigen als kurz und energielos. Zudem warf ein mehr als einmonatiger Krankenhausaufenthalt Kaczynskis im Sommer mit anschließender Reha Fragen zu seiner Verfassung auf. Obwohl der PiS-Chef abstreitet, schwer krank zu sein, malen Experten die Zukunft der Partei nach ihm aus. "Ohne Kaczynski bricht die PiS auseinander", meint der frühere Ministerpräsident Jan Olszewski.

Streit unter rechten Parteien in Polen

Kaczynski hat keinen Regierungsposten und gilt dennoch als Anführer im Land. Unter seinem Einfluss läutete die PiS nach ihrem Wahlsieg 2015 einen Rechtsruck ein und ordnete sich Kritikern zufolge Medien und Justiz unter. Nun fragen sich Experten, wie lange die mit absoluter Mehrheit regierende Partei ohne einen starken Kaczynski effizient handeln kann. Er gilt als zentrale Entscheidungsinstanz, die rivalisierende Lager der polnischen Rechten zusammenhält, wie der Politikexperte Jacek Kucharczyk vom Institut für Öffentliche Angelegenheiten der Deutschen Presse-Agentur erklärt.

Ziehe sich Kaczynski weiter zurück, könne die Einigkeit der Rechten bröckeln und das könne die PiS bei der nächsten Wahl ihre absolute Mehrheit und folglich Durchsetzungskraft kosten. "Polens Rechte hat eine lange Tradition, sich selbst zu bekämpfen und zu zerspalten", sagt Kucharczyk. Die Nationalkonservativen regierten unter anderem 2007 in einer Koalition, die nach internen Streitigkeiten zerbrach.

Publizisten meinen, Folgen der mehrmonatigen Abwesenheit Kaczynskis bereits zu bemerken. Die Partei habe bisher als Einheit eine Melodie gespielt, nun pfeife jeder sein eigenes Lied, sagt Pawel Lisicki, der für das mit der PiS sympathisierende Blatt "Do Rzeczy" schreibt.

Expertin: PiS-Partei wird gemäßigter

Beobachter sehen schon ein Rennen um die Kaczynski-Nachfolge bei der PiS. "Mateusz Morawiecki wird das Gesicht und der Nachfolger von Jaroslaw Kaczynski sein", meint Malgorzata Kidawa-Blonska von der Oppositionspartei PO zum Ministerpräsidenten, der bisher als Kaczynskis Marionette dargestellt wurde. Im Wahlkampf für die Regionalwahlen im Oktober steht er nun im Vordergrund. Als weiterer "Thronfolger" wird in den Medien der Innenminister Joachim Brudzinski gehandelt, ein langjähriger Vertrauter und rechte Hand Kaczynskis.

Der Warschauer Politologin Jadwiga Staniszkis zufolge würde die PiS ohne Kaczynski gemäßigter und kompromissbereiter werden - auch bei Konflikten mit der EU, wie sie dem Portal "Wirtualna Polska" sagt. Kaczynski zeigt sich im Justizstreit Polens mit der EU auch angesichts schwerer Sanktionen unnachgiebig. Polen könnte deswegen sogar seine Stimmrechte im EU-Ministerrat verlieren. "Der Preis, den wir alle für das Funktionieren der PiS zahlen, ist sehr groß", sagt Staniszkis. Dessen sei sich jeder infrage kommende Nachfolger bewusst.

Dem Anti-EU-Kurs zum Trotz: Die PiS schneidet in jüngsten Studien des Meinungsforschungsinstituts CBOS mit 44 Prozent als stärkste politische Kraft Polens ab. Die Nationalkonservativen punkten bei den Wählern seit Jahren mit einem üppigen Sozialprogramm. Politische Gegner wie die liberalkonservative Oppositionspartei PO lassen sie mit nur 19 Prozent der Stimmen auf Platz zwei hinter sich zurück.

Kaczynski: "So ein Problem gibt es derzeit nicht"

Sind die Spekulationen über Kaczynskis Gesundheit voreilig? Der PiS-Chef will jedenfalls von einem politischen Ruhestand nichts wissen. "Ich habe ein Problem mit meinem Knie, das ist meine einzige ernsthafte Erkrankung", versicherte er in der regierungsnahen Zeitschrift "Wsieci". Auf Kaczynskis Wunsch veröffentlichte sein Krankenhaus sogar eine Mitteilung zur Kniebehandlung. "Ich kann kürzer, aber auch länger Partei-Chef sein", erklärte Kaczynski. "Doch so ein Problem gibt es derzeit nicht."

Dem PiS-Leader steht noch mindestens eine OP bevor. Von seiner Erkrankung wollen seine Gegner aber nicht profitieren. "Wir wünschen Kaczynski gute Besserung und uns, dass die Opposition in demokratischen Wahlen gewinnt", schrieb eine Aktivistin bei Facebook.

Verwendete Quellen
  • dpa
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