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Terroranschlag: Zahl der Toten steigt auf 276 in Mogadischu


"Ich konnte überall Körperteile sehen"
Mehr als 276 Tote nach Anschlag im Mogadischu

Von dpa, rok

Aktualisiert am 16.10.2017Lesedauer: 3 Min.
Menschen suchen in Mogadischu nach dem Selbstmordanschlag in den Trümmern eines Hauses nach Überlebenden.Vergrößern des Bildes
Menschen suchen in Mogadischu nach dem Selbstmordanschlag in den Trümmern eines Hauses nach Überlebenden. (Quelle: Farah Abdi Warsameh/AP/dpa)

Immer wieder kommt es in dem von Konflikten und Terror gebeutelten Somalia zu Anschlägen gegen Zivilisten und Sicherheitskräfte. Doch die jüngste Selbstmordattacke in Mogadischu ist besonders verheerend.

Beim wohl verheerendsten Terroranschlag in der Geschichte Somalias sind mindestens 276 Menschen seien getötet worden. Am Samstag hatte sich ein Selbstmordattentäter in einem Lastwagen auf einer der belebtesten Kreuzungen der Hauptstadt Mogadischu in die Luft gesprengt. "Die Zerstörung sieht aus wie nach einem Erdbeben", beschreibt der Augenzeuge Ahmed Hassan die Anschlagsstelle. Gebäude sind teilweise eingestürzt, Opfer unter Trümmerbergen begraben. "Ich habe noch nie so einen schlimmen Anschlag gesehen", sagte Hassan.

Zunächst bekannte sich niemand zu der grausamen Tat. Doch der Verdacht fiel wie so oft auf die extremistische Al-Shabaab-Miliz, die das Land am Horn von Afrika seit Jahren terrorisiert. Informationsminister Abdirahman Yarisow machte die sunnitischen Fundamentalisten für den verheerenden Anschlag verantwortlich.

Mit Lkw in den Stau gerast

Der Attentäter hatte sich einen der belebtesten Verkehrsknotenpunkte der Stadt ausgesucht. An der Kreuzung stehen stets etliche Autos und Busse im Stau, Passanten laufen am Straßenrand, Menschen tummeln sich in Hotels, Läden und Restaurants. Das bei Regierungsmitarbeitern, Journalisten und im Ausland lebenden Somalis auf Heimaturlaub beliebte Safari-Hotel befindet sich unweit des Anschlagsorts.

Der Attentäter raste mit einem Lastwagen mit hoher Geschwindigkeit eine Straße entlang und überrollte oder schob die im Stau stehenden Motorräder und Autos aus dem Weg, wie Augenzeugen berichteten. Sicherheitskräfte hatten demnach noch versucht, auf den Fahrer zu schießen. Er erreichte aber dennoch die Kreuzung und sprengte sich dort mit dem Laster in die Luft.

"Ich konnte überall Körperteile sehen"

"Überall war Blut", sagte der Augenzeuge Abdiasis Qorane. Sein Auto war demnach eines von mehr als hundert Fahrzeugen, die durch die Explosion ausbrannten. "Ich konnte überall Körperteile sehen", erinnerte er sich. Noch in Hunderten Metern Entfernung gingen Fenster zu Bruch, Türen wurden aus den Angeln gerissen. Rettungskräfte hätten am Sonntag noch immer Menschen aus den Trümmern geborgen, sagte der Polizist Mohamed Dahir.

Die medizinischen Einrichtungen der Stadt waren angesichts der hohen Zahl an Opfern völlig überlastet. Eine der größten Kliniken Mogadischus, das Madina-Krankenhaus, zählte mindestens 263 Tote, wie der Leiter Mohamed Yusuf bestätigte. Die meisten Todesopfer seien Zivilisten, hatte er zuvor gesagt. Das Erdogan-Krankenhaus sprach von weiteren zehn Getöteten. Die Zahl der Toten könnte noch weiter steigen: Mehr als 300 Menschen seien verletzt worden, sagte der Polizeifunktionär Kulmiye.

Präsident ruft zum Blutspenden auf

Somalias Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed forderte im staatlichen Rundfunk die Bürger auf, für die Verletzten Blut zu spenden. Der Angriff sei eine nationale Tragödie, sagte er. Der Staatschef rief eine dreitägige Staatstrauer aus, die Flaggen würden im ganzen Land auf halbmast gesetzt.

Aus dem Ausland wurde Somalia Hilfe angeboten. Die Türkei wollte noch am Sonntag ein Militärflugzeug mit medizinischer Hilfe nach Mogadischu schicken, twitterte der Sprecher von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin. Das Flugzeug werde zudem Verletzte zur Behandlung in die Türkei bringen. Kalin sowie die Afrikanische Union (AU) verurteilten den Anschlag in Mogadischu aufs Schärfste.

Seit 26 Jahren herrscht Chaos

Somalia kennt sich mit blutigen Tragödien aus. Seit 1991 steckt das Land am Horn von Afrika scheinbar in einem Kreislauf aus Gewalt, Flucht und Hunger. Die Al-Shabaab-Miliz kämpft um die Vorherrschaft in dem Land und will dort einen sogenannten Gottesstaat mit strikter Auslegung des islamischen Rechts (Scharia) errichten. Zwar konnten die Extremisten 2011 aus der Hauptstadt verdrängt werden. Doch Frieden und Stabilität sind nicht in Sicht - trotz einer rund 20 000 Mann starken Friedenstruppe der AU.

Auch in Nachbarländern hat Al-Shabaab immer wieder Anschläge verübt. Der Vorsitzende der AU-Kommission, Moussa Faki Mahamat, rief die internationale Gemeinde dazu auf, Somalia verstärkt im Kampf gegen Terrorgruppen zu unterstützen. "Es ist nun klar, dass ohne angemessene Unterstützung Somalias viele der Fortschritte der vergangenen Jahre in der Sicherheitslage rückgängig gemacht werden könnten", hieß es.

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