"Krieg ohne Regeln und Grenzen" Hisbollah-Chef droht mit Angriff auf EU-Staat
Die Hisbollah droht mit einer Ausweitung ihrer Angriffe, sollte Israel eine Großoffensive starten. Sogar ein EU-Staat könnte ein Ziel sein.
Die Drohungen zwischen Israel und der Terrororganisation Hisbollah verschärfen sich. Der Chef der Terroristen, Hassan Nasrallah, hat nun eine neue Drohung ausgesprochen. Sollte Israel eine Offensive gegen die im Süden des Libanons operierenden Terrorgruppen beginnen, werde es zu einem Krieg "ohne Regeln und ohne Obergrenzen" kommen. Nasrallah ging noch weiter: Auch Zypern könne ein Ziel seiner Terroristen werden.
Die Spannungen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon haben in den vergangenen Tagen zugenommen. Die israelische Armee erklärte am Mittwoch, aus dem Libanon seien "rund 15 Geschosse" auf die Gegend um die Stadt Kirjat Schmona im Norden Israels abgefeuert worden. Ein Teil davon sei von der Luftabwehr abgefangen worden. Die Armee habe mit Artilleriefeuer auf die Abschussrampen reagiert.
Schon Flughafennutzung wäre Grund für Angriff
Das israelische Militär hatte nach eigenen Angaben bereits in der Nacht zum Mittwoch Stellungen der Hisbollah im Süden des Libanon angegriffen. Libanesische Staatsmedien berichteten von israelischen Angriffen auf mehrere Gebiete im Südlibanon. Die Hisbollah erklärte, vier ihrer Kämpfer seien getötet worden. Als Vergeltung habe sie "dutzende Katjuscha-Raketen und Artilleriegeschosse" auf eine Kaserne in Kirjat Schmona im Norden Israels abgefeuert.
Zwischen Zypern und Israel gibt es ein gemeinsames Militärabkommen. Beide Staaten haben auch gemeinsam Manöver unternommen. Für den Hisbollahführer würden schon Starts israelischer Flugzeuge ein Grund für eine Eskalation sein. "Die Öffnung der zypriotischen Flughäfen und Basen für den israelischen Feind, um den Libanon anzugreifen, würde bedeuten, dass die zypriotische Regierung Teil des Krieges ist, und der Widerstand wird sich mit ihr als Teil des Krieges auseinandersetzen", sagte der Hisbollah-Chef. Nasrallah warnte auch, dass die Hisbollah im Konflikt mit Israel bisher nur "einen Teil" ihrer Waffen eingesetzt habe. "Wir haben neue Waffen erhalten", sagte er, ohne Details zu nennen.
Zyperns Präsident Nikos Christodoulides sagte einem Bericht des britischen "Guardian" zufolge, dass sein Land sich nicht in militärische Konflikte einmische und sich selbst eher als Teil einer Lösung denn als Problem sehe. Er wies auf die humanitäre Rolle des östlichsten EU-Staats hin und die Tatsache, dass man den Seekorridor geöffnet habe, um Hilfslieferungen nach Gaza zu ermöglichen. Das sei ein "Zeichen für unser Bekenntnis zu Frieden und Stabilität."
Angriff kann EU-Beistandsklausel auslösen
Sollte die Hisbollah tatsächlich einen Angriff auf Zypern wagen, käme dies einem Angriff auf die EU gleich. Denn im Vertrag von Lissabon wurde ein militärisches Beistandsabkommen vereinbart. "Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden ihm die anderen Mitgliedstaaten alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen", heißt es im Artikel 42 Absatz 7, der sogenannten EU-Beistandsklausel.
Wie eine Umsetzung aussehen würde, ist aber fraglich, weil die EU selbst über keine eigene Armee verfügt. Sie könnte aber die Aktivitäten von Mitgliedsländern koordinieren. Zypern ist nicht in der Nato, deshalb würde bei einer Hisbollah-Konfrontation nicht der Beistandsartikel 5 des Natovertrags greifen. Dieser sieht vor, dass ein Angriff auf einen Nato-Staat als Angriff auf alle Mitglieder verstanden wird und diese entsprechend beistehen sollen.
- theguardian.com: "Hezbollah leader: Cyprus will be target if it lets Israel use its territory in conflict" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa