Konflikte Südkorea beschließt Propaganda-Beschallung Nordkoreas
Jahrelang haben sich Südkorea und Nordkorea an der Grenze mit Propaganda-Sendungen über Lautsprecher beschallt. Jetzt greift Südkorea wieder auf alte Mittel der psychologischen Kriegsführung zurück.
Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen mit Nordkorea greift Südkorea auf Mittel der psychologischen Kriegsführung zurück und nimmt die Propaganda-Beschallung des abgeschotteten Nachbarlandes wieder auf. Das Militär habe am Sonntag wieder Lautsprecheranlagen an der Grenze aufgestellt und Durchsagen in Richtung Nordkorea gemacht, teilte der Generalstab mit. Ob die Sendungen fortgesetzt würden, hänge allein von Nordkorea ab. Mit der Maßnahme reagierte Südkorea unmittelbar auf das erneute Versenden von Hunderten Ballons mit Müll durch Nordkorea über die stark militarisierte Grenze.
Details über die Art der Durchsagen wurden nicht genannt. Die nationale Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, aus Militärkreisen habe es vorher geheißen, ein Radioprogramm von "Voice of Freedom" solle laufen, das von der Einheit für psychologische Kriegsführung des Verteidigungsministeriums betrieben werde.
Die Teilnehmer der Sitzung des Sicherheitsrats warfen laut einer Mitteilung Nordkorea vor, mit seinem Verhalten Unruhe und Verwirrung in der südkoreanischen Gesellschaft stiften zu wollen. Südkorea werde deshalb mit angemessenen Maßnahmen auf die Ballonaktionen antworten. "Wir machen deutlich, dass die Verantwortung für jede Eskalation der Spannungen zwischen beiden Staaten vollständig bei Nordkorea liegt", hieß es.
Beschallung galt auch als Überbleibsel der Kalten-Kriegs-Ära
Nach einem Gipfeltreffen vor sechs Jahren zwischen dem damaligen südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un wurden Lautsprecheranlagen auf beiden Seiten der Grenze entfernt. Die gegenseitige Beschallung galt auch als Überbleibsel der Kalten-Kriegs-Ära.
Südkorea hatte zuletzt ein bilaterales Militärabkommen von 2018 über vertrauensbildende Maßnahmen an der Grenze ausgesetzt und damit den Weg freigemacht, unter anderem Militärübungen nahe der militärischen Demarkationslinie sowie die Beschallungen wiederaufzunehmen. Nordkorea, das Südkorea Feindseligkeit vorwirft, hatte das Abkommen bereits im vergangenen November für beendet erklärt. Ob der Ein-Parteien-Staat auch wieder die Lautsprecher-Propaganda aufnimmt, war zunächst unklar.
Nordkorea hatte erneut zahlreiche Ballons mit Plastikbeuteln voller Müll geschickt. Zwischen Samstag und Sonntagvormittag seien etwa 330 "Müll-Ballons" aus Nordkorea aufgestiegen, teilte der Generalstab in Seoul mit. Von ihnen seien mehr als 80 auf südkoreanischem Territorium niedergegangen. Die übrigen hätten vermutlich ihr Ziel nicht erreicht. In angehängten Beuteln hätten sich unter anderem Altpapier und Plastik befunden. Erste Untersuchungen hätten ergeben, dass sie keine gefährlichen Substanzen enthielten, hieß es.
Ballonaktionen Nordkoreas als Reaktion
Die Ballonaktionen Nordkoreas sind eine Reaktion auf Aktivitäten südkoreanischer Gruppen, die immer wieder Flugblätter und anderes Propagandamaterial mit riesigen Gasballons über die Grenze versenden. In den Flugblättern kritisieren sie die Führung in Pjöngjang. Die Aktionen der Gruppen, die teils von nordkoreanischen Flüchtlingen gegründet wurden, sind in Südkorea umstritten.
Nach Berichten südkoreanischer Medien unternahmen am Donnerstag und Freitag zwei verschiedene Gruppen solche Flugblattaktionen. Pjöngjang reagiert auf Propaganda von außen in der Regel empfindlich. Seit Ende Mai hat Nordkorea bereits mehr als 1000 mit Abfallprodukten und teils mit Gülle gefüllte Ballons nach Südkorea geschickt. Auch warf Südkorea dem Nachbarn vor, mehrfach Störangriffe auf das GPS-Navigationssystem in der Grenzregion ausgeführt zu haben.
Nach einer zwischenzeitlichen Phase der Deeskalation hat der Konflikt auf der koreanischen Halbinsel in der jüngeren Vergangenheit wieder deutlich an Brisanz gewonnen. Seit Anfang 2022 testet Nordkorea verstärkt atomwaffenfähige Raketen und andere Waffen. Südkorea und die USA haben ihre Militärkooperation ausgebaut.
- Nachrichtenagentur dpa