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Pressestimmen zum Brexit: "Briten machen sich zum Gespött der halben Welt"


Pressestimmen zum Brexit
"In ihrer Vorstellung werden die Nationen Schlange stehen"

Von dpa, t-online, jmt

Aktualisiert am 02.04.2019Lesedauer: 3 Min.
Brexit-Hardliner Boris Johnson: "Es scheint keine Limits für das zu geben, was die Fanatiker vom Rest der Welt an Entgegenkommen für Brexit-Großbritannien erwarten", schreibt der britische "Guardian".Vergrößern des Bildes
Brexit-Hardliner Boris Johnson: "Es scheint keine Limits für das zu geben, was die Fanatiker vom Rest der Welt an Entgegenkommen für Brexit-Großbritannien erwarten", schreibt der britische "Guardian". (Quelle: imago-images-bilder)
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Die britischen Abgeordneten sagen Nein, Nein und wieder Nein zu allen Vorschlägen, wie es mit dem Brexit weitergehen kann. Außerdem sind sie dagegen, den EU-Austritt ganz abzusagen. Die internationale Presse ist fassungslos.

Das Risiko eines Brexits ohne Abkommen steigt und steigt – mit unabsehbaren Folgen: Die Abgeordneten des britischen Parlaments haben sich in Testabstimmungen abermals nicht auf einen Fahrplan einigen können. Das verhandelte Abkommen mit der Europäischen Union findet keine Mehrheit im Parlament, die Alternativen ebenfalls nicht – und ein Brexit ohne Vereinbarungen soll eigentlich auch abgewendet werden. Das Parlament scheint handlungsunfähig, die Regierung schwach. Die Presse geht hart mit den Briten ins Gericht.

"Der Standard" (Österreich): "Politische Schwäche weckt manchmal Mitleid, im schlimmsten Fall Verachtung und Spott. Was sich im Vereinigten Königreich seit dem Referendum im Juni 2016 abspielt, macht diese große Demokratie zu einer Lachnummer. ... Durch das Versagen der schwachen und schwankenden Premierministerin Theresa May und ihrer gespaltenen konservativen Partei wurde auch die Hoffnung auf einen geregelten Austritt aus der EU verspielt. ...

Der dramatische Zerfallsprozess der Tory-Partei hat immer wieder Churchills Aussage bestätigt, in der Politik, vor allem ganz oben, gebe es keine Freundschaft. Die Hinterlist eines Boris Johnson oder seines 'Parteifreundes', Kabinettsminister Michael Gove, dürfte allerdings auch in der intrigenreichen Geschichte der britischen Konservativen eine einsame Spitze darstellen."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Deutschland): "Könnte, könnte, könnte. Im Moment aber ist die Uneinigkeit im Vereinigten Königreich, in der Wahlbevölkerung wie in der Politik, so groß, dass man sich immer weiter in die Sackgasse gräbt und sich zum Gespött der halben Welt macht. Die Spaltung des Parlaments, das historisch ja der Stolz des Landes war, ist ein getreues Abbild der allgemeinen Verhältnisse. Wer weiß da noch Rat, einen Ausweg, der ebenso vernünftig wie mehrheitsfähig wäre?

Diese Paralyse war es nicht, welche der damalige Premierminister Cameron herbeiführen wollte, als er das Referendum anberaumte. Aber es hat das Land zerrissen, zumindest seine Zerrissenheit offengelegt. Welche Hinterlassenschaft."

"Guardian" (Großbritannien): "Theresa May hat versucht, beide Flügel (in ihrer Partei) mit ihrem Brexit-Deal zusammenzuhalten. Dreimal gelang es jedoch nicht, genügend ihrer eigenen Abgeordneten zu überzeugen; auf beiden Seiten gab es Widerstand. Anstatt das EU-Referendum (von 2016) als einen Fehler anzusehen, der sich mithilfe kluger Ratschläge und vernünftiger Debatten beheben lässt, haben sich viele Konservative völlig irrational verhalten.

Es scheint keine Limits für das zu geben, was die Fanatiker vom Rest der Welt an Entgegenkommen für Brexit-Großbritannien erwarten. In ihrer Vorstellung werden die Nationen Schlange stehen, um uns Handelsvorteile sowie den Zugang zu ihren Märkten zu geben und dabei auf den instinktiven Schutz ihrer eigenen Industrie zugunsten Großbritanniens verzichten. Dieses märchenhafte Denken hat Tory-Abgeordnete dazu verleitet, unerfüllbaren Träumen nachzujagen."

"Süddeutsche Zeitung" (Deutschland): "Nun ist die Premierministerin fein raus, wenn man das in dieser verfahrenen Lage überhaupt sagen kann, denn sie hat sich ihren Jägern selbst als Opfer angeboten, aber die haben abgewinkt. Ihre Gegner haben ein größeres Ziel, eine fettere Beute vor Augen. Derweil lassen sie zu, dass May, ohne Autorität, formal im Amt bleibt. Sie, das sind die Brexit-Hardliner in der Tory-Fraktion ..."

"Svenska Dagbladet" (Schweden): "In den vergangenen Wochen ist im Grunde jeder Tag im Unterhaus ein Schicksalstag gewesen. Die Autorität der Regierung ist pulverisiert worden. Das Parlament konnte sich bislang nur darauf einigen, Nein zu sagen. Der EU-Austritt sollte am 29. März passiert sein, auch Tage danach gibt es weiter keine Lösung.


Die Alternativen, die die meisten Anhänger, aber bei Weitem keine Mehrheit hinter sich vereinen, sind ein neues Referendum oder eine Art von Gewährleistung, dass Großbritannien in einer Zollunion verbleibt. Beide Alternativen sind natürlich risikoreich. Gleichzeitig öffnen sie Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Schadensminimierung. Aus Sicht der EU will man Großbritannien natürlich als Mitglied behalten. Auch wenn der Appetit auf neue Vertreter der Ukip im Europaparlament vielleicht nicht ganz so groß ist."

Verwendete Quellen
  • mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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