Kanzlerin schildert Euro-Pläne Merkel lehnt Schuldenerlass für Italien ab
Angela Merkel erklärt in einem Interview, wie sie mit der neuen italienischen Regierung umgehen will. Auch zu Macrons Reformplänen für die Eurozone äußert sie sich.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Gedankenspielen aus Italien nach einem Schuldenerlass eine Absage erteilt. Solidarität dürfe "nie in eine Schuldenunion münden", sagte die CDU-Chefin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Ich bin gerne bereit, mit der neuen italienischen Regierung darüber zu sprechen, wie mehr junge Menschen Arbeit finden können." Italiens Wirtschaft schwächelt seit Jahren, die Arbeitslosigkeit und die Verschuldung des Staates sind vergleichsweise hoch.
Merkel will "auf neue Regierung zugehen"
Die euroskeptische Regierung setzt sich aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtsextremen Lega zusammen. "Ich werde offen auf die neue italienische Regierung zugehen und mit ihr arbeiten, anstatt über ihre Absichten zu spekulieren", ergänzte Merkel. Vor der Regierungsbildung hatten Überlegungen von Fünf Sterne und Lega für Aufregung gesorgt, die EZB um den Erlass von Schulden in Höhe von 250 Milliarden Euro zu bitten. Die Europäische Zentralbank verwies daraufhin, dass die EU-Verträge dies nicht zulassen.
In dem Interview legte Merkel auch ihre Vorstellungen in der Debatte um eine Reform der Eurozone dar. Sie antwortete damit auf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der seit Monaten intensiv für seine Reformvorschläge wirbt und dabei auf eine Zusammenarbeit mit Deutschland setzt. Wegen der langwierigen Regierungsbildung in Berlin musste Macron aber lange auf eine Positionierung der Bundesregierung warten.
Vorsichtiges Bekenntnis zu Investitionen
Ein diskutierter Vorschlag ist die Einführung eines Investitionshaushalts für die Eurozone. Dazu bekennen sich Union und SPD im Koalitionsvertrag. Merkel sagte nun, dieses Budget solle im "unteren zweistelligen Milliardenbereich" liegen. Die Kanzlerin will diesen Haushalt schrittweise einführen und dann in seiner Wirkung bewerten.
Offen ließ Merkel in dem Interview, ob dieser Haushalt zum regulären EU-Budget gehören oder - wie Macron es will - bei den Finanzministern der Eurozone angesiedelt sein soll. In der Union hatte es in den vergangenen Wochen Kritik daran gegeben, einen neuen Finanztopf außerhalb des EU-Budgets einzurichten.
Nachhilfe bei der Innovation
Nach Vorstellung Merkels soll der Investitionshaushalt genutzt werden, um wirtschaftliche Unterschiede in der Eurozone auszugleichen. "Wir brauchen in der Eurozone eine schnellere wirtschaftliche Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten", sagte sie der "FAS". "Dafür müssen wir die Innovationsfähigkeit stärken, und zwar mit Hilfe zusätzlicher Strukturpolitik." Es solle Ländern geholfen werden, die "bei Wissenschaft, Technologie und Innovation Nachholbedarf haben".
Ein weiteres Vorhaben ist, den Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds weiterzuentwicklen. Merkel schlug vor, Ländern mit kurzfristigen Krediten zu helfen, die durch äußere Umstände in Schwierigkeiten geraten. Damit kommt die Kanzlerin Macron entgegen, Merkel formulierte aber auch klare Bedingungen für eine solche Unterstützung: "Immer gegen Auflagen natürlich, in begrenzter Höhe und mit vollständiger Rückzahlung."
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Deutschland und Frankreich wollen vor dem EU-Gipfel Ende des Monats gemeinsame Pläne für eine Reform der Eurozone vorlegen. Die Gespräche zwischen Berlin und Paris laufen derzeit. Der Gipfel gilt als letzter Termin, um vor der Europawahl im Mai 2019 zumindest noch kurzfristig mögliche Projekte auf den Weg zu bringen.
Merkel sprach sich in dem Zeitungsinterview dafür aus, die Verhandlungen über das nächste Mehrjahresbudget der Europäischen Union für die Jahre 2021 bis 2027 vor der Europawahl abzuschließen. "In den heutigen unsicheren Zeiten muss Europa zu jedem Zeitpunkt handlungsfähig sein", sagte sie.
"Wenn wir die Beratungen auf die lange Bank schieben, könnte es sein, dass wir ein ganzes Jahr lang keine Erasmus-Stipendien vergeben oder sich der Ausbau von Frontex verzögert oder wichtige Projekte der Bekämpfung von Fluchtursachen nicht durchgeführt werden können, ganz zu schweigen von Strukturfondsmitteln und den wichtigen Forschungsprogrammen", warnte die Kanzlerin.
- Reuters, AFP
- Interview in der "F.A.S."