Zuckerberg-Anhörung vor EU "Keine Antwort ist auch eine Antwort"
Mark Zuckerberg musste sich vor EU-Abgeordneten kritische Fragen anhören. Doch vielen Antworten blieben aus. Mehrere Teilnehmer der Befragung haben die Äußerungen des Facebook-Chefs als unzureichend kritisiert. Und es gab auch Kritik am Parlamentspräsidenten Antonio Tajani.
"Das war zu kurz, das war zu flach, das war nicht substanziell genug", sagte der Fraktionschef der europäischen Sozialdemokraten, Udo Bullmann, am Dienstag in Brüssel, und sprach von einem Formatfehler. "Man hätte Ping-Pong spielen müssen." Er forderte "eine weitere Aussprache von Zuckerberg und seinem Management vor den beteiligten Ausschüssen des Europäischen Parlaments".
"Keine Antwort ist auch eine Antwort", sagte Jan Philipp Albrecht von den Grünen. "Ich glaube, dass heute Abend die wichtigste Feststellung ist, dass Facebook alleine offenbar nicht in der Lage ist, die Sorgen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa aufzulösen." Stattdessen müsse die Politik noch genauer bei dem sozialen Netzwerk hinsehen.
Antonio Tajani muss auch Kritik einstecken
"Diese Anhörung hat unsere Erwartungen enttäuscht", erklärten die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Philippe Lamberts und Ska Keller. Zuckerberg habe "eine Menge vager Versprechen gemacht". Die Grünen kritisierten auch Tajani, der dafür gesorgt habe, dass Zuckerberg nicht direkt auf jede Frage der Fraktionsvertreter antworten musste, sondern diese in gesammelter Form vorgesetzt bekam.
Damit habe Zuckerberg "eine 'Sie kommen aus dem Gefängnis frei'-Karte" bekommen, sagte der Co-Vorsitzende der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), Syed Kamall. Der Facebook-Chef habe "zu viel Raum bekommen, schwierige Fragen zu vermeiden". Mehr Aufschluss über die Tragweite des Skandals um Cambridge Analytica habe die Anhörung jedenfalls nicht gebracht.
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Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), begrüßte, dass Zuckerberg mit dem Auftritt nach der Datenmissbrauchsaffäre um die Firma Cambridge Analytica "ein Signal gegeben hat, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen". Er sei "aber nicht sehr überzeugend gewesen und hat nicht alle unsere Fragen beantwortet".
Der liberale Fraktionschef Guy Verhofstadt warnte Zuckerberg davor, die Fragen "nicht akkurat im Detail" zu beantworten. In diesem Fall müssten "die EU-Wettbewerbsbehörden aktiviert und die Gesetzgebung verschärft werden".
Facebook-Chef hinterlässt offene Fragen
Vorgesehen für die Anhörung waren ursprünglich 70 Minuten. Die Fragen der Fraktionsspitzen nahmen nach Zuckerbergs elfminütiger Einführung dann schon alleine 44 Minuten in Anspruch. Der Facebook-Chef antwortete dann zwar über die vorgesehene Zeit hinaus, kam aber nur auf 26 Minuten. Er sicherte daraufhin zu, die fehlenden Antworten in schriftlicher Form nachliefern zu lassen.
Das Format der Anhörung sah vor, dass alle Fragen zum Schluss beantwortet werden. Das gab Zuckerberg die Möglichkeit, häufig vage zu bleiben. Dieses Verfahren ist nach Auskunft des Europaparlaments üblich bei der sogenannten "Conference of Presidents" mit dem Kreis der Fraktionsvorsitzenden.
Er selbst habe das Format vorgeschlagen, sagte der konservative Parlamentspräsident Antonio Tajani im Anschluss. Er sprach von einem Erfolg für das Europaparlament. Dies sei im Mittelpunkt der politischen Debatte und habe gezeigt, dass es sich für die Interessen der Europäer einsetze.
Das Verfahren ist nach Auskunft des Europaparlaments generell üblich bei der sogenannten "Conference of Presidents" mit dem Kreis der Fraktionsvorsitzenden. Mehrere Teilnehmer der Anhörung kritisieren Zuckerberg im Anschluss für seine ihrer Meinung nach unzureichenden Einlassungen.
Zuckerberg räumt Fehler im Datenskandal ein
"Mir ist bewusst, dass es viele konkrete Antworten gab, auf die ich nicht konkret eingehen konnte", sagte der Facebook-Chef zum Schluss. Man werde sie nachträglich beantworten.
Zum Auftakt entschuldigte sich Zuckerberg abermals für den jüngsten Datenskandal um Cambridge Analytica. Facebook habe das Ausmaß seiner Verantwortung unter anderem im Kampf gegen den Missbrauch von Nutzerinformationen durch App-Entwickler nicht erkannt, sagte Zuckerberg. "Das war ein Fehler und es tut mir leid." Das waren ähnliche Worte wie bei Zuckerbergs insgesamt zehnstündigem Auftritt im US-Kongress. Dort fielen die Senatoren und Abgeordneten zum Teil damit auf, dass sie die Funktionsweise von Facebook nicht kannten – oder von der Beschränkung auf wenige Minuten pro Fragesteller ausgebremst wurden.
Im März war bekannt geworden, dass sich die britische Firma Cambridge Analytica Zugang zu Daten von Millionen Facebook-Nutzern verschafft hatte. Mithilfe der Daten sollen etwa Wähler im US-Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Donald Trump mit Wahlwerbung beeinflusst worden sein. Facebook hatte sich wiederholt entschuldigt und diverse Konsequenzen gezogen.
- dpa
- afp