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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Höchster CO₂-Ausstoß Warum der Fingerzeig auf China trotzdem falsch ist
Der Klimawandel schreitet voran, auch wenn so manch einer angesichts der Schneemassen derzeit anderes behauptet. Ein Experte erklärt, wer daran Schuld ist und was helfen kann.
In den sozialen Medien wurde in den vergangenen Tagen viel über die heftigen Schneefälle in Deutschland diskutiert – auch mit Blick auf die derzeit stattfindende UN-Klimakonferenz in Dubai.
Dort berät die Weltgemeinschaft zum Ende des Jahres, das wohl das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird, über ihre Zukunft. Staats- und Regierungschefs ringen um die Frage: Was tun wir, damit es nicht noch sehr viel heißer wird und der Klimawandel weitaus drastischere Schäden anrichtet?
Mit Blick auf Deutschland wollen manche den jüngsten Wintereinbruch als Beweis dafür sehen, dass es keine Erderwärmung oder den Klimawandel als solchen gibt. Tatsächlich besteht jedoch ein gravierender Unterschied zwischen dem aktuellen Winterwetter und dem Klima als solchem.
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Glatte Straßen und schneebedeckte Landschaften: Der Wintereinbruch in Deutschland sorgte am Wochenende nicht nur für zahlreiche Stromausfälle und Chaos auf den Straßen in weiten Teilen Süddeutschlands.
Auch in den sozialen Medien wird über die heftigen Schneefälle diskutiert. Einige wollen darin den Beweis sehen, dass es eine Erderwärmung bzw. den Klimawandel gar nicht gibt.
Tatsächlich besteht jedoch ein gravierender Unterschied zwischen dem aktuellen Winterwetter und dem Klima als solchem, wie Meteorologin Michaela Koschak erklärt.
"Es gibt einen Riesenunterschied zwischen Wetter und Klima. Wetter kann man nämlich fühlen. Das ist jetzt in dem Moment hier. Ob es regnet, ob es warm oder kalt ist, ob Wind weht. Klima ist Statistik. Das sind einfach Zahlen. Das Wetter analysiert aufgeschlüsselt über 30 Jahre. Und da den Durchschnitt genommen."
Wie wir das Klima in Zukunft besser schützen können, darüber haben sich zahlreiche Staaten unlängst auf der Weltklimakonferenz in Dubai beraten. Ein zentrales Problem der Klimakrise sehen viele in den hohen CO2-Emissionen Chinas. Warum man mit dem Finger jedoch nicht allein auf China zeigen dürfe, erklärt Klimaforscher Mojib Latif.
"In der Tat ist China der größte Verursacher von CO2 mit einem Anteil von knapp 30 %. Aber wenn man fragt: „Wer hat denn die globale Erwärmung verursacht, die wir heute messen können?“, dann sind es eben doch die Industrieländer gewesen. Denn alleine ein Land wie Amerika, das schon sehr, sehr lange CO2 ausstößt, hat ungefähr 1/4 des CO2 in die Atmosphäre gebracht, das wir heute dort oben messen. Das liegt an der langen Verweildauer von CO2. Und deswegen ist es eben wichtig, diese historische Perspektive auch zu betrachten und nicht immer mit dem Finger auf andere zu zeigen, sondern es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, eine internationale Aufgabe. Es braucht internationale Kooperation dringender denn je."
Dafür braucht es vor allem politischen Willen und gezielte Veränderungen.
"Wichtig wäre, dass wir die Subventionen abbauen, die in die konventionellen Energien gehen. Immer noch gehen riesige Investitionen in Öl, in Kohle, auch in Erdgas. Und das sind ja alle Stoffe, bei deren Verbrennung CO2 in die Atmosphäre entweicht. Und insofern müssen wir versuchen, die großen Finanzströme dahin zu lenken, wo sie wirklich gebraucht werden, nämlich in die weitere Entwicklung der erneuerbaren Energien, in den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und auch in den Ausbau der Netze und auch in die Entwicklung von Speichertechnologien. All das ist möglich innerhalb weniger Jahrzehnte. Der Wandel passiert oft innerhalb kürzester Zeit. Wir müssen es nur wollen. Und am Ende muss auch der politische Wille dafür vorhanden sein."
Doch auch abseits der politischen Entwicklungen kann bereits jeder von uns einen Beitrag zur Verbesserung des Klimas leisten, erklärt der Experte.
"Was jeder Einzelne tun kann. Ja, man kann damit anfangen, zum Beispiel sein Energieanbieter zu wechseln. Man kann ja seine eigene kleine Energiewende machen. Und im Zusammenhang mit der Gerechtigkeit darf man ja nicht vergessen, dass das auch eine Ungerechtigkeit ist, dass jeder von uns ungefähr acht Tonnen CO2 pro Jahr ausstößt und jemand in Indien nur zwei Tonnen. Das heißt also, es gibt auch auf der persönlichen Ebene eine riesengroße Ungerechtigkeit und insofern ist es nur recht und billig, wenn auch wir als einzelne Person versuchen, unseren persönlichen Ausstoß zu verringern."
Worin dieser Unterschied besteht und was wir tun können, um dem Klimawandel in Zukunft entgegenzuwirken, sehen Sie oben im Video oder wenn Sie hier klicken.
- Eigene Interviews mit Michaela Koschak und Prof. Dr. Mojib Latif
- Mit Videomaterial der Nachrichtenagentur Reuters