Dynamische Stromtarife So können Sie beim E-Auto-Laden sparen
Wer sein E-Auto über den heimischen Stromanschluss betankt, kann mit einem dynamischen Stromtarif sparen. Doch die neuen Tarife haben auch Tücken.
Seit Anfang des Jahres müssen die Energieversorger in Deutschland ihren Kunden einen Stromtarif anbieten, mit dem vor allem Nutzer von Elektroautos beim Aufladen an der heimischen Steckdose günstiger Strom tanken können als bisher.
Die günstigeren Preise – vor allem in den Nachtstunden – sollen die Energiewende vorantreiben und die Stromversorgung trotz steigender Wind- und Sonnenstromanteile stabil halten. Zudem ermöglichen sie den Kunden, Strom gezielt dann zu beziehen, wenn er sauber und günstig ist: Laut ADAC könnte das die Stromkosten um 10 bis 35 Prozent senken. Allerdings bedarf es dafür einiger technischer Voraussetzungen – und das Sparpotenzial ist auch nicht immer gegeben.
So funktionieren dynamische Stromtarife
Der Strom von Kunden dynamischer Tarife wird an der europäischen Strombörse Epex in Echtzeit gehandelt – und der Preis kann im Laufe des Tages stark schwanken: Kostete die Kilowattstunde an der Epex am 22. Januar 2025 zwischen 3 und 4 Uhr nachts beispielsweise nur 12,17 Cent, waren es fünf Stunden später fast 24 Cent. Aber auch tagsüber kann der Strom günstig sein, vor allem, wenn die Sonne scheint oder es stark windig ist. Dann speisen Wind- und Solarkraftwerke viel Strom ein, der zu einem Überschuss führen kann. Und der wiederum wird dann umso günstiger verkauft. So kann es auch in den frühen Nachmittagsstunden eine Chance für Strom-Schnäppchen geben. Jeweils am Vortag kann man sich per App oder Onlineportal über die kommenden Strompreise informieren.
Das heißt: Wer seinen Strom vorwiegend in Zeitfenstern mit hohem Überschuss verbraucht, kann richtig Geld sparen – im Gegensatz zu den klassischen Stromtarifen, bei denen es einen Pauschalpreis für die Kilowattstunde gibt. Das wiederum hat auch Vorteile: Wann die Kilowattstunde verbraucht wird, macht für den Verbraucher preislich keinen Unterschied – sie kostet immer gleich viel.
E-Auto-Besitzer profitieren von Überfluss sauberen Stroms
Das Preissystem ist also vor allem dann attraktiv, wenn der Strom zu Zeiten in die großen Batterien fließt, in denen er im Überfluss von Windrädern und Solaranlagen in die Netze eingespeist wird. Neben den Vorteilen für die Netzstabilität könnte eine gezieltere Abnahme von Ökostrom auch die CO2-Bilanz unseres Stromverbrauchs verbessern.
Nicht für jeden lohnt sich der Tarif
Prinzipiell kann jeder private Stromkunde in einen dynamischen Tarif wechseln, aber längst nicht für jeden bietet er gute Einsparmöglichkeiten: Die Kosten der Kilowattstunde machen immer nur einen Teil des Gesamtpreises aus. Je geringer der Stromverbrauch, desto geringer ist auch der Anteil der Stromkosten im Vergleich zu anderen Kosten wie den Netzentgelten.
Bei Kunden, die viel Strom verbrauchen, zum Beispiel weil sie mit Strom heizen oder ihr Auto betanken, ist der Anteil der Stromkosten an den Netzentgelten dagegen relativ hoch. Das wiederum erhöht das Potenzial, mit dem dynamischen Tarif auch Kosten zu senken.
Eine Garantie, dass man tatsächlich weniger zahlt als bisher, gibt es allerdings nicht. Darauf weisen die Stromversorger auch hin. Denn wenn die Verbrauchsspitzen nicht überwiegend in Zeitfenster mit niedrigen Strompreisen verlagert werden können, bleiben die Einsparpotenziale gering. Im Winter beispielsweise liegen die Verbrauchsspitzen – und damit die tendenziell hohen Preise – vormittags zwischen 8 und 12 sowie spätnachmittags zwischen 17 und 19 Uhr. Wenn Sie Ihr Auto in diesen Zeiten laden und Ihr Haus genau in diesem Zeitfenster ohne eigenen Stromspeicher elektrisch heizen müssen, ist das Einsparpotenzial nicht so hoch wie wenn Sie Ihr Auto über Nacht an der Wallbox hängen lassen.
Das benötigen Sie für einen dynamischen Stromtarif
1. Smart Meter
Voraussetzung für den Abschluss eines dynamischen Stromtarifs ist bei den meisten Stromversorgern ein sogenannter Smart Meter, mit dem die Verbräuche den Verbrauchszeiten und damit den zu diesen Zeiten gültigen Strompreisen zugeordnet werden können. Wer einen digitalen Stromzähler besitzt, hat nicht automatisch einen Smart Meter, auch intelligentes Messsystem (iMS) genannt. Erst die Kommunikationseinheit Smart Meter Gateway macht den Stromzähler dazu. Wird der Stromverbrauch des Stromkunden automatisch an den Lieferanten übermittelt oder liegt der Verbrauch über 6.000 kWh pro Jahr, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits ein Smart Meter vorhanden. Dieser ermöglicht es dem Stromkunden auch, über eine App oder eine Webseite einzusehen, zu welchen Zeiten er wie viel Strom verbraucht.
Wer trotzdem nicht weiß, ob ein Smart Meter vorhanden ist, kann auch nachschauen. Die Gateway-Komponente ist ein kleiner Dongle am Zähler. Hersteller sind zum Beispiel PPC, EMH oder Theben. Die Smart-Meter-Technik kostet übrigens Geld. Der Gesetzgeber hat den Preis für Privatkunden mit einem Jahresverbrauch von bis zu 6.000 kWh auf 20 Euro pro Jahr gedeckelt.
2. Intelligente Wallbox
Zusätzlich zum Smart Meter sollte der E-Auto-Nutzer über eine intelligente Wallbox und ein mit dieser kommunizierendes E-Auto verfügen. Dann werden Stromtarife, Lademenge und Ladezeit vollautomatisch ermittelt und die Ladevorgänge entsprechend optimal mit Blick auf eine vom Nutzer vorgegebene Abfahrtszeit geplant. Die Abfahrtszeit wird in einer App eingestellt, alles andere erledigt sich von selbst.
Darauf sollten Sie achten
Muss noch in die Technik investiert werden, kann es lange dauern, bis sich etwa die Investition in eine teure Wallbox über die Stromersparnis amortisiert. Wer aber ohnehin die Anschaffung eines neuen E-Autos und einer neuen Wallbox plant, sollte darauf achten, dass diese jeweils die Voraussetzungen für eine optimale Nutzung dynamischer Stromtarife mitbringen.
Im Idealfall ermöglicht das E-Auto auch das bidirektionale Laden Vehicle to Grid (V2G), bei dem die Traktionsbatterie als Smart-Grid-Puffer in das Stromnetz eingebunden werden kann. Wird dann überschüssiger und günstiger Strom in der Autobatterie gespeichert, kann er in Zeiten hoher Strompreise wieder ins Netz eingespeist werden.
Sobald die gesetzlichen Rahmenbedingungen für diese ebenfalls netzdienliche Funktionserweiterung geschaffen sind, ließe sich sogar Geld mit dem Billigstrom aus dem Netz verdienen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur SP-X