Fahrbericht
Fit für den Alltag? Porsches Taycan Cross Turismo im Test
28.04.2021Lesedauer: 3 Min.
Berlin (dpa-infocom) – Er ist schnittig und schnell und technisch ausgereift. Doch im Alltag zwingt der Porsche Taycan bisweilen zu mehr Kompromissen als viele andere Elektroautos der Oberklasse.
Denn während sich Audi, BMW und Mercedes bei ihren SUV-Modellen erst einmal auf Alltagstauglichkeit konzentriert haben, sind die Schwaben ihrer sportlichen Linienführung treu geblieben. Doch jetzt entdecken auch sie ihre praktische Ader und rüsten den Taycan im Sommer zu Preisen ab 93.635 Euro zum Cross Turismo um.
Kleine Kniffe machen den Unterschied
Absolut ist das natürlich ein stolzer Preis, zumal der sich mit dem richtigen Antrieb und der entsprechenden Ausstattung locker verdoppeln lässt. Doch verglichen mit dem gewöhnlichen Taycan ist der Cross Turismo fast ein Schnäppchen – trennen die beiden Karosserievarianten doch nicht einmal 1500 Euro, für die es sonst in der Porsche-Preisliste kaum mehr als einen Satz Fußmatten gibt. Auf den ersten Blick beschränken sich auch die Unterschiede gerade mal auf eine neue Programmierung für die Luftfederung und das Stabilitätsprogramm sowie auf eine neue Heckklappe. Doch im Alltag liegen zwischen den beiden Autos Welten.
Das gilt vor allem für das neue Heckkonzept. Im Stil eines Shooting Brake gezeichnet, sieht der Taycan damit nicht nur besser aus, sondern bringt auch einen größeren Nutzen: Statt einer kleinen Kofferraumluke gibt es nun eine große Klappe, und dahinter wächst der Stauraum schon bei voller Bestuhlung von 366 auf 446 Liter. Weil man bei umgelegten Rücksitzen nun höher laden kann, schluckt der Taycan dann bis zu 1212 Liter und ist sich auch für eine Wachsmaschine nicht zu fein. Und weil das Dach länger ist als bei der Limousine, wächst zudem die Kopffreiheit für die Hinterbänkler. Die müssen zwar für ein Fünf-Meter-Auto noch immer arg die Knie anziehen, doch zumindest streift nun das Haar nicht mehr den Himmel.
Ein Gentleman fürs Grobe
Auch die erhöhte Bodenfreiheit zahlt sich aus. Zwar ändert sich nichts beim Einstieg und der Sitzposition, weshalb komfortverwöhnte Kunden nach wie vor besser im Cayenne aufgehoben sind. Doch dafür bekommt der Taycan spürbar mehr Aktionsradius: Mal eben zum Waldsportplatz, an den Baggersee oder zur Berghütte – spätestens im neuen Fahrprogramm "Gravel" für losen Untergrund kommt der Cross Turismo fast so weit wie ein echtes SUV. Nur dass er dabei nicht so protzig aussieht wie ein Audi E-Tron oder gar ein Model X von Tesla.
Wer das Einsatzspektrum noch mehr erweitern will, findet dazu reichlich Optionen: Für 1642 Euro gibt es dort etwa ein Offroad-Design-Paket, das die Flanken mit Schmutzabweisern aus Karbon schützt und noch einmal einen Zentimeter mehr Bodenfreiheit bringt. Und für 1785 Euro gibt es einen Radträger, der sich am Heck befestigen lässt, oder eine Dachreling (583 Euro), auf die eine bis 200 km/h freigegeben Transportbox aus dem Porsche-Zubehör passt.
Immer mit Allrad und mit bis zu 761 PS
Der Auftritt ist neu, der Antrieb vertraut. Genau wie das Fahrgefühl, das von der noch immer faszinierenden Kombination aus explosiver Kraft und gespenstischer Stille lebt. Denn wenn einen wie aus dem Nichts bis zu 1050 Nm nach vorn schleudern, fühlen sich die bestenfalls 2,9 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h noch spektakulärer an. Es gibt immer die große Batterie mit einer Netto-Kapazität von 93,4 kWh und zwei Motoren, die eine Systemleistung von 280 kW/380 PS im Taycan 4 und bis 460 kW/625 PS im Turbo S erreichen. Beim Kickdown werden daraus kurzfristig bis zu 560 kW/761 PS.
Und der Taycan spielt einen weiteren Vorteil gegenüber allen elektrischen SUV aus: Er fährt mit einem Spitzentempo von 250 km/h nicht nur schneller, sondern mit seinem niedrigen Schwerpunkt und der strammen Straßenlage lässt er sich auch sehr viel sportlicher bewegen. Dabei schmilzt allerdings die Normreichweite, die Porsche je nach Modellvariante mit 419 bis 456 Kilometern angibt, dramatisch. In solchen Momenten hilft immerhin die Schnellladefunktion. Denn im besten Fall fließt binnen fünf Minuten der Strom für weitere 100 Kilometer.
Fazit: Die sportliche Alternative zum SUV
Mit dem Taycan Cross Turismo beweist Porsche, dass es nicht immer ein Geländewagen sein muss, wenn es ein praktisches Auto sein soll. Denn schon die neue Heckklappe machen den Taycan zum Lademeister, und die erhöhte Bodenfreiheit bringt den Stromer an Orte, die für viele andere Sportcoupés kaum zu erreichen sind. So wird der dynamische Allrounder zur attraktiven SUV-Alternative.
Datenblatt: Porsche Taycan Cross Turismo Turbo S
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke