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Mini-Sportwagen mit Geschichte: Mit dem R360 machte Mazda Ernst


Mini-Sportwagen mit Geschichte
Mit dem R360 machte Mazda Ernst

Von dpa
09.02.2021Lesedauer: 3 Min.
Auto-Floh: Der Mazda R360 ist nicht nur nach heutigen Maßstäben ein sehr kleines Auto.Vergrößern des Bildes
Auto-Floh: Der Mazda R360 ist nicht nur nach heutigen Maßstäben ein sehr kleines Auto. (Quelle: Wolfgang Groeger-Meier/dpa-tmn./dpa)

Augsburg (dpa/tmn) - Auf den ersten Kilometern fühlt man sich wie Gulliver im Lande Liliput. Denn wer heute mit dem Mazda R360 durch den Stadtverkehr rollt, begibt sich nicht nur auf eine Zeitreise, sondern auch in eine Welt verkehrter Proportionen: Das Coupé ist gefühlt so klein wie ein Spielzeugauto auf dem Rummelplatz. Gerade mal 2,98 Meter misst der Mini in der Länge und 1,29 Meter in der Breite und bietet - zumindest in der Theorie - trotzdem vier Plätze.

Während man irgendwie versucht, mit den Füßen die winzigen Pedale zu treffen, die Knie irgendwie am Lenkrad vorbei zu bugsieren, beim Schalten nicht den spindeldürren Hebel abzubrechen und den Kopf so schräg zu legen, dass man irgendwie noch unter dem oberen Rahmen der Frontscheibe durchschauen kann, kommt einem draußen alles noch viel größer vor. Jeder Smart wirkt plötzlich so bedrohlich wie ein SUV der Luxusklasse, und wenn man zwischen zwei Lastern landet, bekommt man fast schon Beklemmungen.

Miniauto mit Minimotor

Da ist es nicht eben hilfreich, dass der Mazda nicht nur für heutige Verhältnisse hoffnungslos untermotorisiert ist. Im Heck knattert ein in V-Form montierter Zweizylinder, der gerade mal 360 Kubik hat und auf minimalistische 12 kW/16 PS kommt. Und mit 85 km/h Spitze wird eine Ausfahrt jenseits der Stadtgrenze zu einem echten Abenteuer.

Gegründet wurde Mazda laut Pressesprecher Jochen Münzinger 1920. Doch hat sich die Firma aus Hiroshima, die damals noch Tōyō Cork Kōgyō hieß, anfangs auf die Veredelung von Kork spezialisiert. Erst um 1930 in Mazda umbenannt, haben die Japaner später erst Maschinenteile und Motorräder gebaut, bevor nach dem Krieg kleine Transporter und Dreiräder vor allem für den Lastentransport gebaut wurden. Der R360 kam 1960 als Mazdas erster Pkw im Zuge der sogenannten Kei-Cars auf den Markt. In Größe und Hubraum radikal beschränkt und dafür bei der Steuer begünstigt, sollten diese das Autofahren für die breite Masse erschwinglich machen. Doch ausgetüftelt war der Kleine dennoch.

Fahrzeugbau mit Acryl und Leichtmetall

Das gilt nicht nur für die Form oder den vergleichsweise aufwendigen Viertakter, den es obendrein als Handschalter oder mit einer Zweigang-Automatik gab. Sondern auch die Konstruktion der Karosserie brach damals mit vielen Konventionen, heißt es bei Walter Frey und seinen beiden Söhne Joachim und Markus. Gemeinsam betreiben sie in Augsburg das einzige Mazda-Museum in Europa.

Motorhaube, Heckklappe und die Sitzrahmen bestehen aus Leichtmetall, die Scheibe nicht aus Glas, sondern aus Acryl. Der gesamte Fahrzeugaufbau ist in einer rahmenlosen Monocoque-Struktur entworfen, die zusätzlich Gewicht spart, und viele Teile des Motors sind aus Magnesium. Das Ergebnis ist ein Gesamtgewicht von 380 Kilo.

Mit bis zu 4000 Verkäufen im Monat hat es der R360 an die Spitze der Klasse gebracht und unter den Minis einen Marktanteil von teilweise mehr als 60 Prozent erreicht, berichtet Münzinger.

Klein und rar und oftmals übersehen

Als der R360 in Japan 1960 auf den Markt kam, hat er laut Mazda umgerechnet 2500 Euro gekostet, berichten die Freys. Dafür heute einen Wert anzugeben, fällt den Sammlern allerdings schwer. Schließlich dürfte der Wagen, den die Familie lange vor der Erfindung des Internets über zahlreiche Umwege und Zufälle aus Australien importiert und danach liebevoll restauriert hat, in Europa der einzige seiner Art sein. Und das, obwohl bis 1969 immerhin rund 65 000 Exemplare des R360 gebaut wurden. Selbst den Cosmo Sport sieht man bei uns häufiger, obwohl es von der Mazda-Antwort auf Corvette & Co nicht einmal 1200 Exemplare gab.

Daheim so verbreitet wie bei uns seinerzeit Goggomobil oder Fiat 500, ist die kleine Keimzelle des Unternehmens außerhalb Japans immer ein großer Exot geblieben, sagt Sohn Joachim und kann das nach der gemeinsamen Ausfahrt mehr denn je verstehen. Nicht nur, dass es keine Teile gibt und den Wagen ohnehin nur eingefleischte Fans kennen, sei eben auch der Fahrspaß überschaubar: "Und was nutzt es einem, wenn man bei einem Oldtimertreffen zwar alle Blicke fängt, aber immer als letzter ankommt und auf den Parkplatz auch noch übersehen wird?"

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