Gerichtsurteil Unfall beim Linksabbiegen: Wer haftet mehr?

Beim Linksabbiegen passieren leicht Unfälle. Aber ist immer das abbiegende Fahrzeug der Verursacher? Oft müssen Gerichte die genaue Schuldfrage klären – wie auch in einem aktuellen Urteil.
Das Linksabbiegen von der Straße auf ein Grundstück führt oft über Gegenfahrbahnen. Dabei müssen Autofahrer ganz besonders vorsichtig agieren. Denn kommt es zum Unfall mit dem Gegenverkehr, so spricht der Anscheinsbeweis gegen denjenigen Fahrer, der die Straße quert. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Hamburg, auf das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein hinweist.
Der konkrete Fall: Motorrad kollidiert mit Auto
Im verhandelten Fall ging es um einen Motorradfahrer, der 200 Meter nach einem Ampelhalt mit einem Auto kollidiert war, das aus der Gegenrichtung kam. Dessen Fahrer wollte nach links auf das Grundstück einer Tankstelle fahren, wozu er die Fahrbahn des Bikers queren musste. Vorgerichtlich klärte der Autoversicherer 50 Prozent des Schadens. Der Motorradfahrer wollte allerdings 75 Prozent bekommen.
Das Gericht legte letztlich fest: Der Autofahrer muss 70 Prozent übernehmen, da er den Unfall im Wesentlichen verursacht hatte. Der Anscheinsbeweis spreche dafür, dass der Autofahrer seine Sorgfaltspflichten verletzt hatte. Der Motorradfahrer haftete zu 30 Prozent – denn ein Sachverständiger hatte festgestellt, dass der Biker bei erlaubten Tempo 50 mit mindestens 70 km/h unterwegs war.
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Zusätzlich stellte das Gericht fest, dass von Motorrädern keine erhöhte Betriebsgefahr ausgeht. Denn für das Vorliegen einer erhöhten Betriebsgefahr sei es entscheidend, wie viel Gefahr von einem Fahrzeug für andere ausgeht – und nicht, ob ein Motorradfahrer durch eine Karosserie geschützt ist oder nicht. Der Haftungsanteil des Bikers müsse deshalb bei diesem Unfall nicht höher sein.
- Nachrichtenagentur dpa