Projekt "Titan" lässt Gerüchteküche brodeln Wagt sich Apple auf den Automarkt?
Seit Tagen wird in US-Blogs spekuliert, Apple könnte ein Auto bauen. Das "Wall Street Journal" geht jetzt am weitesten: Nach Informationen der Zeitung entwerfen mehrere hundert Apple-Mitarbeiter ein Auto mit Elektroantrieb - und das schon seit Monaten.
Das gewöhnlich sehr gut informierte "Wall Street Journal" schrieb, gleich mehrere hundert Beschäftigte würden daran in einem geheimen Labor in Kalifornien tüfteln. Apple-Chef Tim Cook habe das Projekt mit dem Codenamen "Titan" schon vor knapp einem Jahr gebilligt, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Es werde von Apple-Veteran Steve Zadesky geleitet, der bereits am iPod und am iPhone mitgearbeitet hat und vom Autobauer Ford kommt.
Kommt der Apple-Minivan?
Zunächst werde an einem Design gearbeitet, das einem Minivan ähnlich sehe, berichtet die Zeitung. Es könne aber durchaus sein, dass Apple sich gegen die Fortführung des Projekts entschließe, hieß es einschränkend. Zudem ist Apple bekannt dafür, viele Prototypen zu testen, die nicht zu Produkten werden.
So gibt es zum Beispiel immer noch keinen Apple-Fernseher, über den schon vor Jahren spekuliert wurde. Allerdings schrieb die Zeitung auch, Zadesky dürfe ein Team von bis zu 1000 Leuten aufbauen. Bei dieser Dimension wäre es ein sehr ernsthaftes Projekt.
Gerüchte begannen mit schwarzem Van
Stunden zuvor hatte die "Financial Times" berichtet, Apple heuere Autoingenieure an, und ein geheimes Team aus Dutzenden Mitarbeitern arbeite an "automobilen Produkten". Es ist der Höhepunkt mehrtägiger Spekulationen über ein mögliches Apple-Auto. Sie gingen los, als bekannt wurde, dass ein in Kalifornien gesichteter schwarzer Van mit ungewöhnlichen Kamera-Aufbauten von Apple geleast wurde. Zunächst wurde vermutet, dass Apple Aufnahmen für seinen Kartendienst machen könnte. Doch nach und nach nahmen in den Berichten Hinweise auf ein Autoprojekt zu.
Apple-Manager seien nach Österreich geflogen, um sich mit Auftragsfertigern zu treffen, unter anderem mit Magna Steyr, schrieb das "Wall Street Journal". Apple hoffe, das Geschäft mit Elektroautos ähnlich zu prägen wie einst den Smartphone-Markt mit seinem iPhone.
Autoentwicklung wäre ein völlig neues Spielfeld
Auf den ersten Blick passt ein eventuelles iCar nicht so recht zur Apple-Produktpalette. Ja, der einstige Pionier im Markt der Computer hat sein Geschäft Schritt um Schritt auf Musikplayer, Smartphones, Tablets und Datenuhren ausgeweitet. Aber alle diese Geräte haben gemeinsam, dass Apple sie letztlich als Computer in verschiedenen Formen entwerfen konnte. Bei jeder neuen Produktkategorie konnte Apple auf bisherigen Erfahrungen und Logistik aufbauen. Ein Fahrzeug würde einen ganz anderen und viel größeren Neuanfang bedeuten.
Autos werden heute zwar oft auch als rollende Computer bezeichnet. Allerdings gehört dazu ebenfalls die ganze Fahrzeugtechnik, in der die Autoindustrie über viele Jahrzehnte Wissen angesammelt hat - und Apple ein Branchenfremder wäre. Es sind rigide Sicherheitsvorschriften zu beachten. Autos brauchen ein Netz aus Werkstätten und bei Elektroantrieb auch Ladestationen oder Batterie-Wechsler. Elektroautos besetzen schließlich immer noch nur eine kleine Nische - und die niedrigen Ölpreise nehmen aktuell den Druck raus für einen Umstieg.
Die Entwicklung eines Autos dauert mehrere Jahre und verschlingt viel Geld. Aktuell erforscht das Apple-Team angeblich unter anderem verschiedene Metalle und andere Materialien für die Autoproduktion, so die Medienberichte. Apple kann sich auch teure Experimente leisten: Der Konzern sitzt auf einem Geldberg von 178 Milliarden Dollar und fährt vor allem dank dem iPhone einen Milliardengewinn nach dem anderen ein.
Bislang gibt es von Apple nur die Carplay-Plattform
Bislang beschränkte sich Apple darauf, den Autoherstellern seine Carplay-Software für eine bessere Integration von iPhones in die Unterhaltungsanlagen anzubieten. Nach Darstellung der "Financial Times" wiesen einige Neueinstellungen aber darauf hin, dass die Ambitionen darüber hinaus gehen könnten. Zu den von Apple angeheuerten Mitarbeitern gehörten auch Autodesigner und Spezialisten für Fahrzeugdynamik, hieß es unter Berufung auf informierte Personen.
Bekannt ist, dass der Chef des kalifornischen Entwicklungszentrums von Mercedes, Johann Jungwirth, bereits im vergangenen September zu Apple wechselte. Laut seinem Profil beim Karriere-Netzwerk LinkedIn geht es in seinem neuen Job aber um die Entwicklung von Mac-Systemen.
Google hat den Prototypen eines Elektroautos schon vorgestellt
Der Konkurrent Google arbeitet schon lange an der Technologie für selbstfahrende Autos und stellte im vergangenen Jahr ein erstes Fahrzeug aus eigener Entwicklung vor. Es ist ein Zweisitzer mit Elektroantrieb, der komplett vom Computer gesteuert werden und ganz ohne Lenkrad und Pedale auskommen soll. Google erklärt, man wolle damit den Verkehr in den Städten revolutionieren. Für Apple sei ein selbstfahrendes Auto hingegen aktuell nicht Teil der Pläne, schrieb das "Wall Street Journal".
Der heutige Konzernchef Cook schürte selbst die Erwartungen im vergangenen September, als er in einem Fernsehinterview sagte, Apple entwickele Sachen, über die es noch nicht einmal spekuliert worden sei. "Wir arbeiten an Produkten, über die keiner etwas weiß." Zugleich schränkte er ein, Apple probiere viel aus. "Bei manchen Sachen werden wir sagen: "Wisst ihr, das stellen wir ein"."
Mit einem Elektroauto würde Apple unter anderem auch dem Branchen-Pionier Tesla und BMW Konkurrenz machen. Viele Experten sagen diesen Fahrzeugen eine glänzende Zukunft voraus, Tesla will bis 2025 mehrere Millionen davon absetzen, derzeit sind es erst einige zehntausend.
Auch die die Bundesregierung setzt auf die Technik und will bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen haben - zuletzt waren es etwa 24.000.