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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Von den Alpen bis zum Harz Schneerekorde made in Germany
Die deutschen Skigebiete sind nicht nur bei Deutschen beliebt. Vor allem die Pisten in den Alpen locken mit zuverlässig guten Abfahrtsbedingungen. Doch auch die Mittelgebirge haben ihre Vorzüge. Überraschende Fakten vom Brocken bis zum Nebelhorn.
So viel Schnee so früh in der Saison gab es in den deutschen Gebirgen schon lange nicht mehr. Auf der Zugspitze lagen im vergangenen Jahr 2017 schon am 14. November 230 Zentimeter Schnee. Das hatte es zuletzt 2007 gegeben und davor 1998. Folgerichtig startete die Skisaison bereits am 17. November. Auch in den tieferen Lagen der deutschen Alpen meldete sich der Winter vor seinem meteorologischen Beginn: Die Schwärzenlifte in Untereschach im Allgäu konnten zeitgleich mit Deutschlands höchstem Skigebiet den Betrieb aufnehmen – dank kalter Nächte und diverser Schneeerzeuger.
Was bringt der restliche Winter?
Für Schneeliebhaber und Wintersportler war das ein vielversprechender Auftakt zur Saison 2017/18. Vergangenen Winter fiel erst Anfang Januar nennenswert Naturschnee, 2016 dauerte es gar bis Mitte Januar. Da schauten sich viele Skifahrer schon nach Alternativen zu den heimischen Schneesportzielen um. Ist auf den Winter also kein Verlass mehr? Und wie steht es um die Schneesicherheit in Deutschlands Bergen?
Ein Blick in die Statistiken des Deutschen Wetterdienstes fördert teils erstaunliche Antworten zu Tage. Überraschend ist weniger, dass das Zugspitzplatt schneemäßig hierzulande über allem thront – das bringt schon die Höhenlage von 2650 Metern mit sich. Eher schon, dass Deutschlands einziges Gletscherskigebiet bei den Schneefallmengen fast all jene Gebiete hinter sich lässt, die in der Szene der Tiefschneefahrer dank enormer Schneemengen Legendenstatus genießen.
Neuschneehöhe des Zugspitzplatts durchschnittlich bei 18,7 Meter
Zu diesen Legenden zählen etwa Alta in Utah mit seinen 13 Metern jährlicher Neuschneemenge oder Alyeska in Alaska mit rund 17 Metern pro Winter. Die jährliche Neuschneemenge ist die Summe aus den täglich gemessenen Neuschneehöhen. Das ist nicht die jeweilige Veränderung der Schneedeckenhöhe gegenüber dem Vortag, sondern die auf einem am Vortag vom Schnee befreiten Brett gemessene neu gefallene Schneemenge. Da sich die Altschneedecke bei Schneefällen setzt, also unter ihrem eigenen Gewicht zusammensackt, ist die Veränderung der Schneedeckenhöhe stets geringer als die Neuschneehöhe. Und bei der kam das Zugspitzplatt in den vergangenen 25 Jahren auf durchschnittlich sage und schreibe 18,7 Meter!
Der Spitzenwert der letzten 30 Jahre: 27,8 Meter
In guten Jahren fallen mehr als 20 Meter Schnee, auch 2017 gehört dazu. Der Spitzenwert der letzten drei Jahrzehnte betrug gar 27,8 Meter. Aber selbst diese Schneemenge reichte nicht, um den Sommer zu überdauern. Früher war das regelmäßig der Fall. In den vergangenen 20 Jahren sank die Zahl der Tage mit Schneedecke auf 329 pro Jahr, macht jeweils 36 schneefreie Tage, an denen es dem Eis des Schneeferners an den Kragen geht.
Der ist daher zuletzt mächtig geschrumpft. Heute misst er weniger als zehn Prozent seiner Fläche von 1850. Lang her ist auch der Tag, an dem mit 8,3 Meter die deutsche Rekordschneedecke gemessen wurde, es war der 2. April 1944. Eine Marke von mindestens vier Metern erreicht das Platt immerhin noch in drei von vier Wintern, fünf Meter sind es etwa in jedem vierten Winter.
Nebelhorn ist Deutschlands zweithöchstes Skigebiet
Die schafft das Nebelhorn oberhalb von Oberstdorf nur selten. Mit seiner Bergstation in 2226 Metern Höhe ist es Deutschlands zweithöchstes Skigebiet. Die Lage am Alpennordrand beschert auch dem bekannten Gipfel in den Allgäuer Alpen reichlich Stauniederschläge – seinen Namen trägt es daher völlig zu Recht. Genaue Statistiken gibt es zwar nicht, aber geschätzt summiert sich die Neuschneehöhe hier oben auf durchschnittlich 15 Meter pro Winter.
Rekordverdächtiges Dorf: Balderschwang
Nicht weit entfernt liegt das schneereichste Dorf der Republik: Balderschwang. Rund sieben Meter Neuschnee fallen durchschnittlich auf die Dächer des in 1044 Meter Höhe gelegenen Wintersportortes, im Winter 1998/99 waren es 12,3 Meter. Dass nicht die Seehöhe allein die Schneemenge macht, zeigt der Vergleich mit dem 1832 Meter hohen Wendelstein. Der kommt im Mittel nämlich nur auf sechs Meter Neuschnee pro Winter.
Auch außerhalt der Alpen gibt es Schneesegen
Als einziger deutscher Gipfel außerhalb der Alpen kommt der Brocken im Harz an diese Marke heran. Auf dem kahlen Haupt des nördlichsten deutschen Bergmassivs fielen seit 1998 rund 530 Zentimeter Schnee pro Jahr. In den 1960er Jahren waren es allerdings noch sieben Meter und im Winter 1969/70 sogar volle 11,9 Meter. Genug, um bis zum 14. April eine Schneedecke von 380 Zentimetern zusammen zu bringen. An 203 Tagen lag in jenem Winter Schnee auf dem 1142 Meter hohen Berg, der damals noch jenseits des Eisernen Vorhangs lag.
Legendärer Winter 1969/70
Auch in anderen deutschen Mittelgebirgen war der Winter 1969/70 legendär. Mit 350 Zentimetern auf dem Feldberg im Schwarzwald und 239 Zentimetern auf dem Kahlen Asten im Rothaargebirge wurden weitere Rekordschneehöhen gemessen. Und die Gegenwart? Die sieht vor allem am Feldberg nicht mehr so weiß aus. Die Schneefallmenge ging gegenüber den 1960er Jahren um mehr als die Hälfte zurück, und zwar von 606 auf 292 Zentimeter pro Jahr. Während das 1493 Meter hohe baumfreie Dach Baden-Württembergs im Jahrzehnt der Beatles 189 Tage im Jahr schneebedeckt war, waren es in den letzten zehn Jahren mit vollständigen Messreihen nur noch 161 Tage.
Feldberg als Begründer des deutschen Skiclubs
In der Wiege des deutschen Skisports, am Feldberg, wurde 1891 der erste deutsche Skiclub gegründet. Dort sichert daher heute technische Beschneiung den Skibetrieb. Das gilt mittlerweile für alle größeren Skigebiete der Mittelgebirge, auch wenn sie wie der ebenfalls fast 1500 Meter hohe Arber im Bayerischen Wald noch rund fünf Meter oder wie der 1214 Meter hohe Fichtelberg im Erzgebirge noch gut vier Meter Neuschnee pro Winter abbekommen. In Kombination mit flächendeckender Beschneiung kommen hier meist um die 130 Skitage zusammen.
Am Kahlen Asten fallen jährlich gerade mal 2,3 Meter Schnee. Das Skigebiet zwischen der westfälischen Wintersporthochburg Winterberg und dem Asten fährt dafür mit 360 Maschinen das größte Schneekanonen-Arsenal der Republik auf – und bietet den Gästen aus dem Ruhrgebiet und den Niederlanden so Schneesicherheit. Trotz rückläufiger Tage mit Naturschneedecke stieg die Zahl der Tage mit Skibetrieb deutlich. Mehr als 100 sind heute die Regel – nicht schlecht für eine Höhenlage von 600 bis 800 Meter. Die Saison 2016/17 dauerte bis 2. April und startete schon am 12. November – also früher als auf der Zugspitze. Höhenlage ist eben nicht alles.
Quelle:
- SRT