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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tirol, Bayern und Trentino Klettersteige: Viel Nervenkitzel von Anfang an
Raus aus dem Auto, rein in den Klettersteig. Statt langer und mühsamer Zustiege beginnt bei diesen vier Eisenwegen die Kletterei gleich vom Start weg. Sie sind aber nicht unbedingt für Anfänger geeignet.
Klettersteige faszinieren, doch nicht jeder liebt es, vor dem Vergnügen erst einmal stundenlang zum Einstieg zu laufen. Das muss auch nicht sein, denn es gibt einige Eisenwege, die quasi neben dem Parkplatz starten. Schon nach wenigen Minuten darf man sich in das Drahtseil einklinken und gut gesichert den Nervenkitzel im senkrechten Fels genießen. Vorausgesetzt, man ist schwindelfrei und trittsicher.
Bayern: Hausbachfall
Der erste TÜV–geprüfte Klettersteig Deutschlands ist gleichzeitig der mit dem kürzesten Zustieg in den deutschen Alpen. Zumindest sind die in der Ortsmitte von Reit im Winkl angegebenen 15 Minuten rekordverdächtig wenig. Für eine Tagestour ist er damit wirklich zu kurz, der Hausbachfall–Klettersteig unweit des bayerischen Bilderbuchdorfs. Dafür wird vom Start weg einiges an Kraft verlangt: Gleich oberhalb einer drei Meter langen Leiter helfen künstliche Tritte und das Drahtseil über den kleinen Einstiegsüberhang, der quasi die Klettersteigaspiranten aussiebt. Wer hier Probleme hat, der sollte besser gleich umdrehen, alle anderen dürfen weiter.
Im Anschluss folgt das Drahtseil in einer langen Diagonale den Felsen oberhalb des Hausbachs. Immer dabei: Der Tiefblick zum Bach und hinab nach Reit im Winkl. Wer nicht ohne Gipfelbesuch heimkommen will, kann noch eine halbe Stunde weiter nach oben aufs Wetterkreuz steigen und den Ausblick genießen. Und wer eher leistungsorientiert unterwegs ist, der steigt nach dem kurzen Abstieg gleich noch einmal in den Klettersteig ein, und noch einmal und noch einmal – bis die Arme ganz lang werden!
Zeit: 1.45 Std. (Klettersteig 1 Std.), Schwierigkeit: C
Trentino: Via ferrata dei Colodri
Der mächtige Felsbug des Colodri über dem schmucken Ort Arco bildet mit seinen senkrechten Abbrüchen das Mekka der Kletterer. Gleich daneben tummeln sich die Klettersteiggeher auf einem leichten Eisenweg, der geradezu ideal für Einsteiger oder Kinder ist. Der diagonal durch die Wand führende Steig ist mit Drahtseilen und Eisenklammern bestens abgesichert, anstrengend ist nur die kurze Steilstufe am Schluss. Vom Campingplatz in Arco sind es nur wenige Meter bis zum Einstieg, der mit seinen kurzen Felsstufen geradezu typisch ist für den kompletten Klettersteig. Im Anschluss folgt man kurz einem Steig, der bereits von unten aus gut zu erkennen ist, dann führt eine lange Querung stetig ansteigend zu Felsplatten und –rampen, über die man die steile Felsstufe vor dem Ausstieg erreicht.
Oben genießt man den Ausblick zum Gardasee und folgt den Markierungen zum Gipfelkreuz. Der schönste Weg zurück zum Ausgangspunkt führt über S. Maria di Laghel mit Blick auf wunderschöne Olivenhaine in die malerische Altstadt von Arco – und dort auf schnellstem Weg in die nächste Eisdiele.
Zeit: 2.30 Std. (Klettersteig 1 Std.), Schwierigkeit: B
Tirol: Reinhard–Schiestl–Klettersteig
Rekordverdächtig kurz ist der Zustieg beim Reinhard-Schiestl-Klettersteig im Ötztal. Vom Parkplatz südlich von Längenfeld überquert man nur kurz die Straße, dann steht man bereits nach wenigen Metern am Beginn des Drahtseils und wechselt von der Waagerechten in die Senkrechte - und wird von Beginn an gefordert. Der Reinhard-Schiestl-Klettersteig führt durch den rund 200 Meter langen Abbruch der Burgsteiner Wand und gilt als schwierigster Klettersteig des Ötztals. Zum Glück gibt es ausreichend Tritthilfen und drei Rastplätze, an denen man wieder Kräfte sammeln kann, und in aller Ruhe einen Tiefblick auf die direkt unterhalb vorbei führende Straße wagt. Mit rund eineinhalb Stunden bietet der Klettersteig ein eher kurzes, wenn auch extrem knackiges und luftiges Vergnügen, das mit einem Abstieg über die grünen Wiesen von Burgstein endet.
Zeit: 2.20 Std. (Klettersteig 1.30 Std.), Schwierigkeit: D
Südtirol: Hoachwool Klettersteig
Ausnahmen bestätigen die Regel. Im Allgemeinen stehen Waalwege für gemütliches Wandern, doch einige Waale wie das historische Wasserleitungssystem aus dem Schnalstal nach Naturns wurden durch senkrechte Felswände gebaut und waren nur für Kletterer zugänglich. In dem zwischen 1830 und 1833 errichteten Waal gab es aus Lärchenbrettern gezimmerte Wasserrinnen, die auf Eisenträger verlegt wurden. Der von den Naturnsern "Hoachwool" genannte Waal, der 1910 stillgelegt wurde, bildet das Herzstück des im Jahr 2015 eröffneten Klettersteigs, der vom Schnalser Bach hinauf nach Unterstell führt – und dabei mit großartigen Blicken auf das gegenüberliegende Schloss Juval und ins Vinschgau punktet. Ein großartiger Eisenweg, der vom Parkplatz Juval in wenigen Minuten zu erreichen ist.
Nach einer ersten, recht rutschigen und kraftraubenden Passage über eine glatte Felsplatte und einer wackeligen Seilbrücke steht man am eigentlichen Start des Klettersteigs. Hauptproblem sind hier die hohen Temperaturen, so dass man vor allem im Sommer unbedingt zeitig einsteigen sollte. Das Drahtseil leitet über ein paar schöne Felsstufen hinauf und erreicht nach einer eher leichten Querung die überaus fotogenen Passagen am alten Waal. Kaum zu glauben, dass durch diese senkrechten Abbrüche einst eine Wasserleitung verlegt wurde.
Nach oben hin nehmen die Schwierigkeiten noch einmal zu, vor allem im zweiten Abschnitt des Klettersteigs warten noch einige kraftraubende Stellen, ehe man nach einem letzten Felsturm den Ausstieg erreicht – und gemütlich hinauf wandert zum Gasthaus und zur Seilbahnbergstation Unterstell.
Zeit: 4.30 Std. (Klettersteig 3 Std.), Schwierigkeit: D
Hinweis: Bei den genannten Klettertouren sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit Voraussetzung. Die Ausrüstung sollte Schutzhelm und Klettergurt einschließen.
- Reiseredaktion SRT