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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Reiserecht Kakerlaken sind im Süden oft kein Reisemangel
Wenn es im Hotelzimmer kreucht und fleucht, sind die Urlaubsfreuden schnell dahin. Doch wer deswegen vor Gericht zieht, erlebt nicht selten eine weitere Enttäuschung. Denn so unangenehm Ungeziefer oder anderes Getier im Zimmer sein mag: Manchmal muss man es in Kauf nehmen - wenn es denn für die Region typisch ist.
Ungeziefer im Hotelzimmer ist eklig, rechtlich gesehen aber in der Regel kein Reisemangel. Darauf weist Dunja Richter von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hin. Der Hotelgast muss im Zimmer mit Tieren rechnen, die in der Region normal sind. Bei einer Reihe von Urteilen haben die Richter entschieden, dass Ungeziefer im Zimmer nicht als Reisemangel zu werten sei. "Vor allem in südlichen Ländern muss ich zum Beispiel Kakerlaken oder Ameisen in Kauf nehmen", sagt Richter. In deutschen Hotels muss der Gast zum Beispiel mit einzelnen Spinnen oder mit ein paar Ameisen rechnen.
Ausmaß und Region entscheiden im Einzelfall
Entscheidend für die Frage, ob sich für Touristen rechtliche Ansprüche ergeben, ist die Urlaubsregion und das Ausmaß des Befalls. In Deutschland seien Kakerlaken weniger normal als in südlichen Ländern. "In unseren Gefilden muss man nicht damit rechnen. Das muss man hier nicht so akzeptieren wie zum Beispiel auf Gran Canaria." Bei viel Ungeziefer in einem deutschen Hotel sollten betroffene Gäste versuchen, einen Reisemangel geltend zu machen. "In einem Drei- oder Vier-Sterne-Hotel zum Beispiel darf das eigentlich nicht vorkommen."
Ab wie viel Ungeziefer die Gäste vom Hotelier Geld zurückbekommen, lasse sich schwer sagen. "Das wird immer im Einzelfall entschieden", erklärt die Verbraucherschützerin. Betroffene sollten das Ungeziefer fotografieren - um einen Nachweis zu haben - und sich beschweren.
Beispielurteile: Gast muss mit zehn Kakerlaken leben
Kein Reisemangel waren nach Ansicht des Bonner Amtsgerichts beispielsweise zehn Kakerlaken in einem Hotelzimmer auf Gran Canaria (Az.: 4 C 470/95). Auf das Urteil weist die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hin. In seiner Reisemängeltabelle weist der Reiserechtler Ernst Führich auf ein Urteil des Amtsgerichts Hamburg hin (Az.: 18 a 521/97), nach dem Urlauber wegen erheblichen Kakerlakenbefalls auf Lanzarote 40 Prozent des Preises zurückbekamen. Selbst ein Affenbiss in einem afrikanischen Hotel ist nicht zwangsläufig ein Reisemangel. Das entschied das Kölner Amtsgericht 2010 (Az.: 138 C 379/10). Trotz eines Warnschildes, dass Obst aggressive Affen anlocke, war ein Hotelgast in Kenia mit einer Banane in der Hand durch die Anlage gelaufen und von einem Affen in die Hand gebissen worden.