Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das sagt die Expertin Kreuzfahrt-Kapitän ändert nach Abfahrt überraschend die Route
Wenn man die norwegischen Fjorde befahren will und stattdessen in der Ostsee landet: Ein Aida-Kapitän änderte jetzt die Route seines Schiffes, zum Ärger der Gäste.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen auf eine Kreuzfahrt. Aber der Kapitän läuft keinen der Häfen an, die auf dem Programm stehen. Das ist im August Passagieren der "Aida Nova" passiert, wie das "Hamburger Abendblatt" jetzt berichtet. Die Route für die Kreuzfahrt, die am 5. August im Kieler Hafen startete, musste den Angaben nach wegen Unwetterwarnungen in Norwegen komplett geändert werden. Ein ganz normaler Vorgang?
Aida Cruises teilte dem "Hamburger Abendblatt" mit: "Für Norwegen galt die höchste Gefahrenstufe Rot. Die Sicherheit und Gesundheit unserer Gäste und Crew hat zu jeder Zeit oberste Priorität sowie unseren Gästen ein schönes, unbeschwertes Reiseerlebnis zu bieten."
Die Sicherheit der Passagiere muss natürlich Vorrang haben. Was viele der Reisenden aber ärgerte, war die fehlende Information. So habe der Kapitän der "Aida Nova" die Gäste erst mehrere Stunden nach dem Ablegen darüber informiert, dass man nicht in die Nordsee einfahren könne und ein Ersatzprogramm auf die Beine gestellt werde. Kapitän, Crew und Reederei hätten zu diesem Zeitpunkt aber längst über die Unwetterwarnungen Bescheid gewusst, heißt es.
Reiserechtsexpertin: Preisminderung bis 80 Prozent möglich
Hätten die Passagiere eine Chance bekommen müssen, das Schiff zu verlassen und die Reise noch zu stornieren? Oder liegt das Recht hier gänzlich auf der Seite der Reederei? t-online hat bei der Verbraucherschutzzentrale Nordrhein-Westfalen nachgefragt.
Fakt ist: Die gebuchte Fjord-Reise mit Stopps in den Küstenstädten Måløy, Nordfjordeid, Ålesund und Stavanger fand nicht statt. Stattdessen ging es nach Oslo, Kopenhagen und Aarhus. "In diesen Fällen können Reisende grundsätzlich den Reisepreis mindern", sagt Verbraucherrechtsexpertin Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Husemann weiter: "Auch wenn wie hier ein Fall vorliegt, bei dem es beispielsweise gute Gründe für eine Änderung der Route gibt, die wiederum zu Hafenausfällen führt, können Minderungsansprüche geltend gemacht werden. Denn die Reise entspricht dann nicht mehr der gebuchten Reise. Die Rechtsprechung ist hier recht verbraucherfreundlich und billigt Minderungen in der Regel zwischen 20 und 80 Prozent des jeweils betroffenen Reisetages zu."
Dabei gilt laut Husemann: Je später die Änderung erfolgt, desto eher gibt es einen Anspruch auf Entschädigung.
Und was ist mit einer Stornierung? "Dazu muss der Veranstalter Voraussetzungen geschaffen haben, die eine Durchführung der Reise unzumutbar werden lassen. Dies wird immer eine Einzelfallbetrachtung sein", sagt die Expertin. Ob und wann bekannt gewesen ist, dass es Änderungen zur geplanten Route geben werde, dürfte aber nur sehr schwierig zu beweisen und mit einem hohen Prozessrisiko belastet sein.
Rabatt für neue Buchung statt Geld
Übrigens: Als "Dankeschön" für das Verständnis bezüglich der wetterbedingten Reiseanpassung erhielten die "Aida Nova"-Passagiere einen Gutschein über 25 Prozent des gezahlten Reisepreises (exklusive An- und Abreise und Versicherungsleistungen), so das "Abendblatt". Bei Einlösung des Gutscheins bis 31. Dezember 2025 werde die jeweilige Summe mit dem Preis einer neuen Reise verrechnet.
- Abendblatt.de: "Ostsee statt Fjorde: Aida-Kapitän ändert überraschend Route" (kostenpflichtig)
- Gespräch mit Iwona Husemann, Referentin Gruppe Verbraucherrecht der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen,