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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Reisen Böhmische Bäder: Kuren wie Goethe und James Bond
Wo sich früher schon Johann Wolfgang von Goethe eine Auszeit gönnte, tummeln sich heute nicht nur Rentner. Kurbadeorte in Tschechien liegen voll im Trend. Karlsbad diente sogar als Drehort für den James-Bond-Streifen "Casino Royale". Es gibt nur einen Haken: Sachen, die gesund sind, schmecken oft einfach nicht.
Das trifft eindeutig auf das bis zu 72 Grad heiße Heilwasser von Karlsbad zu. Trotzdem pilgern ganze Heerscharen von Gesundheitsjüngern in das tschechische Heilbad, das nicht von ungefähr als böhmischer Jungbrunnen gilt. In der Tat locken die 79 Quellen im größten Kurort des sogenannten Dreibäderecks nicht nur gut situierte Rentner an, sondern Kurgäste von acht bis 80 Jahren - und das seit vielen Generationen.
Schnaps im Wasser
Sie alle schlendern durch die Wandelhallen, sie alle trinken aus einer Schnabeltasse, und sie alle sind wenig angetan vom Geschmack. Doch sie alle kippen das Wasser tapfer im Namen der Gesundheit herunter. Nicht von ungefähr heißt es, dass der eine oder andere statt der brackig-braunen Brühe einen guten Schuss Becherovka in der Tasse spazieren führt. Der bekannte Kräuterbitter aus Karlsbad ist schließlich auch irgendwie Medizin. >>
Früher wurde der 38-prozentige Likör gerne mal bei Magenproblemen verabreicht. Und die könnten ja vom Genuss des Quellwassers herrühren.
Oblaten sehr beliebt
Um dessen gewöhnungsbedürftigen Geschmack zu übertünchen, greifen viele gerne auch zu einer weiteren Spezialität, den Karlsbader Oblaten, die neuerdings nicht mehr nur mit Nüssen und Zucker feilgeboten werden, sondern auch mit einer Cappuccino-Creme.
"Das Wasser schmeckt nicht, es ist aber eine Wundertüte für die Gesundheit", lockt Alena Irmanová. "Die kühleren Quellen wirken leicht abführend, die heißeren verlangsamen den Fluss von Galle und Magensäften", erläutert die Angestellte des Elisabethbades fachmännisch. Mit leichter Hand spannt sie den Bogen der Indikationen von Erkrankungen des Verdauungssystems und Stoffwechselstörungen über Diabetes und Gicht bis hin zu Erkrankungen der Leber und Bauchspeicheldrüse. >>
Doch auch abseits von Trinkkuren und Behandlungen ist Karlsbad - oder tschechisch Karlovy Vary - durchaus einen Besuch wert. Zum prächtigen Häuser-Ensemble im Herzen der 56000-Seelen-Gemeinde zählt etwa das Grandhotel Pupp, das für das James Bond Abenteuer "Casino Royale" im Jahr 2006 als Kulisse diente.
Kaum minder attraktiv gibt sich das nahe gelegene Marienbad oder Mariánské Lázne, wie es auf Tschechisch heißt.
Goethe öfters zu Besuch
Wie Karlsbad übt dieser Kurort seit gut zwei Jahrhunderten eine magische Anziehungskraft auf die Schönen und Reichen, auf die Mächtigen und Berühmten aus. Und so fanden Staatsmänner und Könige, aber auch Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe wiederholt den Weg in das elegante Kurbad, um sich verwöhnen oder die heilende Wirkung des Wassers aus den 40 Mineralquellen auf sich wirken zu lassen. Dabei werden nachweislich Atemwegs-, Stoffwechsel- und Nierenerkrankungen, aber auch Schmerzen im Bewegungsapparat gelindert.
Nur eines vermögen die Wassers nicht zu heilen: Liebeskummer. Das musste bereits Goethe spüren. Beim Lustwandeln durch den herrlichen Kurpark verlor der alternde Dichter sein Herz an Ulrike von Levetzow. Sogar einen Heiratsantrag hatte er dem Teenager unterbreitet. Gleichwohl blieb die Liebe seitens der mehr als 50 Jahre Jüngeren unerwidert.
Kurhaus wurde kürzlich renoviert
Weniger schwer fällt es bis heute, sich in den Ort Marienbad mit seinen Prachtfassaden, Parks und Bäderlandschaften zu verlieben. Wohl auch, weil hier immer wieder Geld in die Hand genommen wird, um das Stadtbild zu pflegen. So wurde 2011 das für vier Millionen Euro renovierte Kurhaus Nová Marie wiedereröffnet. Und natürlich werden hier spezielle Behandlungen mit dem sogenannten Mariengas angeboten. >>
Das fast reine CO2 erweitert die Gefäße, fördert die Durchblutung und lindert Rheuma. Außerdem soll es die Produktion von Sexualhormonen anregen. Was mit Blick auf Goethes spezielle Nöte einiges erklärt.
Deutlich kleiner, jedoch nicht weniger charmant ist Franzensbad, der dritte Kurort im Dreibädereck.
Wasser nur neun Grad warm
Hier leben gerade mal 5600 Einwohner und finden sich "nur" 20 Heilwasserquellen, und die sind auch gerade mal neun bis elf Grad warm. Prachtstraßen wie Kollárova, Ruská und Libušina werden von Häusern im klassizistischen Stil und einladenden Badehäusern gesäumt und bestimmen zusammen mit Kolonnaden, Pavillons sowie uralten Baumbeständen das Stadtbild rund um die Franzensquelle.
Neben Trinkkuren bietet Franzensbad natürlich eine Reihe von Behandlungen, zu denen Kohlensäurebäder ebenso zählen wie Aromamassagen, Moorpackungen und Gasinjektionen. Dabei hat der Aufenthalt in Františkovy Lázne nicht nur positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Zumindest einige Damen sind guter Hoffnung, wenn sie die Kleinstadt wieder verlassen. Was nichts damit zu tun hat, dass sie sich einen Kurschatten angelacht haben, sondern damit, dass sie das Wahrzeichen der Stadt, die Statue des František, angefasst haben. Denn der Legende nach wird der Kinderwunsch nach dem Berühren des besten Stückes des kleinen Mannes binnen eines Jahres erfüllt. Ansonsten kommt man einfach noch mal wieder.
Impressionen aus den tschechischen Kurorten sehen Sie in unserer Foto-Show.