Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mecklenburg-Vorpommern Zwei der schönsten Gutshäuser
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es mehr als 2000 Schlösser, Burgen und Gutshäuser, doch nur rund ein Zehntel wird zurzeit genutzt. Viele Gutshäuser stehen leer, sind verfallen und warten auf neue Ideen. Doch meist ist es eine Herkulesaufgabe, die ruinösen Gebäude und verwilderten Parks zu rekonstruieren und für die Nachwelt zu erhalten. Groß Siemen und Rensow haben neue Besitzer gefunden, die mit großem Aufwand und Enthusiasmus die Sanierung gewagt haben und Besucher an ihrem Gutsherrenleben teilhaben lassen. Sehen Sie die beiden Gutshäuser auch in unserer Foto-Show.
Edda Schütte ist eine echte Powerfrau, die vor Tatendrang nur so sprüht. Trotzdem ist es erstaunlich, was sie und ihr Mann aus Groß Siemen gemacht haben. Das Gutshaus, ein Backsteinbau von 1890 mit Stuck umrahmten weißen Fenstern und großer Terrasse, ist mittlerweile ein perfekt saniertes Schmuckstück. Die Hausherrin erzählt, dass sie das Haus zufällig auf einer Radtour entdeckt und 2001 von der Gemeinde erworben haben.
"Nicht nur der Dachstuhl war marode", sagt sie. Eigentlich haben sie das Haus nur gekauft, um Ferienwohnungen zu vermieten und Platz für die vier Kinder zu schaffen. "Alles Weitere hat sich dann nach und nach entwickelt." Sie stammt aus Hamburg, wurde aber im Nachbardorf geboren, so war der Kauf des Gutshauses für sie eine Rückkehr zu den Wurzeln.
Aus der Müllhalde wurde ein Rosengarten
Wer bei ihr wohnt, kann für ein paar Tage die Seele baumeln lassen, kann sich im Park ein lauschiges Plätzchen zum Lesen suchen, am schmiedeeisernen Tisch vor der Orangerie einen Kaffee trinken, auf verschlungenen Wegen durch den Park spazieren, im Teich ein Bad nehmen und sich wie ein Gutsherr auf Zeit fühlen. Wenn Edda ihre Gäste durchs Rosarium führt, dann begleitet einen der betörende Duft von rund 3500 historischen Rosen.
Dabei erzählt sie auch von den Anfängen, und man kann nur ahnen, wie viel Arbeit sie in die Anlage des Rosengartens gesteckt hat. "Früher war hier eine riesige Müllhalde, monatelang haben wir Container mit Müll gefüllt." Heute gibt es nur blühende Rosenbeete und die neue Orangerie. "Die Orangerie haben wir vor vier Jahren gebaut, das war der erste solche Neubau seit 100 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern. Im Sommer gibt es in der Orangerie für Besucher ein Café, im Winter finden hier Orangen, Kamelien, Oleander und Olivenbäume Schutz."
Nicht weit bis zum nächsten Ostseebad
Vom Park reicht der Blick weit in die umliegende, hügelige, unverbaute Landschaft. Selbst der nächste Ort Schmadebeck ist nur ein winziger Fleck auf der Landkarte. Der weitläufige, gepflegte Landschaftspark wird geprägt durch sattgrüne Rasenflächen und uralte Bäume, darunter einige stattliche Eichen, Buchen und Linden.
Schafe halten den Rasen kurz, Laufenten stolzieren aufrecht auf der Suche nach Schnecken umher, nur der Pfau ist relativ nutzlos, macht sich aber von seinem Lieblingsplatz hoch oben im Baum lautstark bemerkbar. Und wem es dann doch einmal zu ruhig wird, der ist in nur einer halben Stunde im mondänen Ostseebad Kühlungsborn.
Rustikaler Charme in Rensow
Zurückversetzt in die Zeit von Rembrandt, Bach und Händel fühlt man sich Rensow, wenn man in die Eingangshalle mit dem Backsteinboden und dem Kristallleuchter tritt. Ein ausgestopfter Seeadler scheint im Sturzflug die Gäste zu attackieren, und im Papierkorb stapeln sich die Rehgeweihe. Der Barockbau versprüht rustikalen Charme.
"Wir haben überwiegend junge Gäste aus Hamburg und Berlin, die lieben diese Atmosphäre", sagt Knut Splett-Henning, der sich mit Christina Ahlefeldt-Laurvig hier einen Traum verwirklicht hat. Mit viel Liebe zum Detail haben sie das barocke Haus renoviert und einfach, rustikal und bäuerlich möbliert.
Leidenschaftlich geht es in der Küche zu
Christina kommt aus Kopenhagen, Knut aus Hamburg, beide haben aber ihre Wurzeln in der Region und wirken so gar nicht wie steife, verstaubte Gutsherren. Auf einer Auktion haben sie 2002 das Anwesen am Rande der mecklenburgischen Schweiz erworben. Anfangs wollten sie es nur als Freizeitobjekt nutzen, doch mittlerweile haben sie hier mit den drei Kindern Bendix, Wilhelmina und Balthasar ihren Lebensmittelpunkt. Den Hund haben sie nach dem Wendengott Triglaw genannt, denn das Anwesen lässt sich bis zur Wendenzeit zurückverfolgen.
Die wechselvolle Geschichte sieht man Rensow auch heute noch an, denn noch längst sind nicht alle Spuren der Verwahrlosung verschwunden. Christina und Knut setzen aber ohnehin mehr auf Herzlichkeit und Gastfreundschaft denn auf Perfektion. Mittelpunkt des geselligen Lebens, an dem auch Gäste teilhaben dürfen, ist der große Esstisch in der Küche. Hier trifft sich die Familie, wann immer Zeit ist, mit Freunden und Logiergästen zu meist opulenten Festessen, denn beide sind leidenschaftliche Köche.
Wahre Schmuckstücke
Die großen Ferienwohnungen sind wegen der Antiquitäten wahre Schmuckstücke. Knarrende Holzdielen, vom Alter gezeichnete Schränke und Kommoden und alte Ölbilder an den Wänden sorgen für das passende Ambiente. Da stört es auch nicht, dass von den Fensterrahmen zwar schon die alte Farbe gekratzt, aber es zu einem neuen Anstrich noch nicht gereicht hat.
In der kalten Jahreszeit bewohnt die Familie nur noch wenige Zimmer, nur die werden geheizt. Der riesige Holzstapel hinter dem Haus zeugt einerseits davon, dass sie gut für den Winter vorgesorgt haben, lässt aber auch vermuten, dass es nicht leicht ist, das alte Haus warm zu bekommen. Auch im Winter sind Gäste in Rensow willkommen. Doch nur wer die Holzöfen in der Ferienwohnung selber heizt, wird es kuschelig warm haben.
Weitere Informationen:
Gutshaus Groß Siemen: Familie Schütte, An der Sieme 13, 18236 Groß Siemen, Tel. 038292/829853, www.gutshaus-gross-siemen.de. Im Gutshaus können drei Ferienwohnungen von 65-105 Euro pro Tag gemietet werden. Der Park kann ab Anfang Juni Di, Mi, Do 12-17 und So 13.30-17.30 Uhr besichtigt werden.
Gutshaus Rensow: 17168 Rensow, Tel. 0171/127 70 50 oder 039972/56288, www.gutshaus-rensow.de. Die vier Appartements (Bibliothek, Gutsapotheke, Madonnenstube und Schulstube) sind stilgetreu mit ausgewählten antiken Möbeln eingerichtet und werden für 90-105 Euro/Tag vermietet.