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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Heikles Thema Stimmt die CDU jetzt für eine "Ehe für Alle"?
Bundeskanzlerin Merkel gibt die Abstimmung über die "Ehe für Alle" in der CDU frei. Damit hebt sie den so genannten Fraktionszwang auf. Aber was ist das genau und wann wird Fraktionsdisziplin aufgehoben?
Für einen Paukenschlag kurz vor der politischen Sommerpause sorgt Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende Juni 2017. Die CDU-Chefin sagte in der Fraktionssitzung am Dienstag, den 27. Juni es gehe bei der Abstimmung um die "Ehe für Alle" um eine Gewissensentscheidung. Deswegen könnten die Abgeordneten frei abstimmen. Bislang war dieses Thema in der CDU offiziell mit einem klaren Nein belegt. Mit dieser Freigabe hebt Merkel quasi den Fraktionszwang auf.
Welche Pflicht haben Bundestagsabgeordnete?
Die Abgeordneten des Bundestages sind nach Artikel 38 des Grundgesetzes "Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen". Sie dürfen das tun, was nach ihrer persönlichen Überzeugung dem Wohl der Bevölkerung und des Staates am besten dient. So sind sie vor Anweisungen aus Partei, Fraktion oder Wahlkreis geschützt. Diese Freiheit gilt für jede Entscheidung, nicht nur bei Gewissensfragen.
Was bedeutet der Fraktionszwang?
Die Abgeordneten sind aber auch Repräsentanten einer politischen Partei. Meist zählt die freiwillig selbst auferlegte Fraktionsdisziplin, bei der sich der Parlamentarier der Mehrheitsmeinung unterwirft. Ein Zwang liegt vor, wenn die Fraktion ein bestimmtes Votum auferlegt und Sanktionen androht. Dies wäre mit Artikel 38 des Grundgesetzes jedoch nicht vereinbar. Es besteht allerdings die Möglichkeit, einen Abweichler bei der folgenden Wahl nicht wieder als Kandidaten aufzustellen – und ihm das auch zu signalisieren. Das wäre nicht verfassungswidrig.
Abstimmungen ohne Fraktionsdiziplin bei heiklen Themen
Voten ohne Fraktionsdisziplin gibt es häufig bei ethisch heiklen Fragen - etwa zu Schwangerschaftsabbruch, Präimplantationsdiagnostik oder Transplantationen. Zuletzt stimmte der Bundestag im November 2016 offen für die Zulassung von Medikamententests an Demenzkranken ab. Ein Jahr zuvor wurde die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten.