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AfD will Lehrer, Schulen und die Bildungspolitik beeinflussen


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Radikalisierung bei Bildungspolitik
Diese Partei bedroht Schüler und Lehrer

MeinungEine Kolumne von Bob Blume

24.06.2024Lesedauer: 4 Min.
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Ehemaliger Lehrer und rechtsextremer Politiker: Thüringens AfD-Chef Björn Höcke. (Quelle: Sascha Fromm/imago)
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Immer häufiger versucht die AfD, die Bildungspolitik zu beeinflussen. Dabei nehmen es die Partei und ihre Anhänger auch hin, dass Kinder, Jugendliche und Lehrkräfte zuweilen einer hasserfüllten Internetmeute ausgesetzt sind.

Wenn man sich die offiziellen Verlautbarungen der AfD anhört, ist klar, welche Botschaft transportiert werden soll: Es handelt sich um eine ganz normale Partei. Konservativ vielleicht, systemkritisch, ja, aber doch eine in ihren Grundfesten demokratische Partei. Anstatt die bereits hundertfach aufgelisteten Beispiele aufzuführen, die das Gegenteil belegen, stellen wir uns folgende fiktiven Geschichten vor:

Eine Gruppe Kinder skandiert auf dem Schulhof Slogans gegen die SPD. Ein Sozialdemokrat filmt die Szenerie und verbreitet das Video über Social Media. In der Folge werden die Kinder tausendfach von aufgebrachten Genossen mit dem Tod bedroht. Ein anderes ausgedachtes Beispiel: Die FDP lässt Meldeportale installieren, auf denen jeder Schüler seinen Lehrer denunzieren kann, sobald dieser neoliberale Politik kritisiert. Oder die Grünen: Sie lancieren eine kleine Anfrage, weil ein Gemeinschaftskundelehrer eine Aussage von Habeck zusammen mit den Schülern problematisiert. Daraufhin gehen Morddrohungen von in der Schule ein, die aufgebrachte Anhänger geschrieben haben.

Sind diese Fiktionen in der Realität vorstellbar? Wohl kaum. Und doch sind sie Normalität.

Bob Blume ist Lehrer und Autor.
Bob Blume ist Lehrer und Autor. (Quelle: privat)

Zur Person

Bob Blume ist Lehrer, Blogger und Podcaster. Er schreibt Bücher zur Bildung im 21. Jahrhundert und macht in den sozialen Medien auf Bildungsthemen aufmerksam. In seiner Kolumne für t-online kommentiert er aktuelle Bildungsthemen mit spitzer Feder. Man findet Blume auch auf Twitter und auf Instagram, wo ihm mehr als 100.000 Menschen folgen. Sein Buch "10 Dinge, die ich an der Schule hasse" ist im Handel erhältlich.
Hier geht's zu Blumes Instagram-Auftritt.

Denn all diese Beispiele sind genau so vorgefallen. Nur handelte es sich dabei jeweils um die AfD und die Urheber waren jeweils Anhänger der AfD.

Allein die Vermutung, dass Grundschüler auf dem Schulhof dazu angestiftet worden seien, gegen die AfD zu skandieren, reichte aus, Morddrohungen gegen Lehrer auszusprechen. Dabei wurde der Vorwurf gegen die Lehrer zurückgewiesen. Die Meute im Netz ignorierte das aber und beschimpfte zudem die Kinder tausendfach. Das sind klassische faschistische Methoden: Unterstellungen, Diffamierungen, Bedrohungen.

Druck auf Schulen

Nun könnte sich der findige Anhänger der in Teilen als gesichert rechtsextremen AfD darauf berufen, nichts für die verbalen und zunehmend physischen Exzesse anderer Anhänger zu können. Frei nach der oftmals wiederholten Strategie, erst das Unsagbare zu sagen, die Reaktion abzuwarten, zurückzurudern und sich dann in die Opferpose zu werfen. Nur ist der Druck auf Schulen längst ein systematischer Teil der AfD-Strategie. Die wegen Datenschutzbestimmungen vom Netz genommenen Online-Pranger sind längst wieder online gegangen.

Die AfD argumentiert übrigens gerne damit, es gehe ihr darum, über die "Neutralität" von Lehrkräften aufzuklären, die angeblich vorgeschrieben sei. So wie die AfD diese beschreibt, gibt es die Neutralität jedoch nicht. Nach dem Beutelsbacher Konsens (einer Tagung, die 1976 Grundsätze politischer Bildung festlegte) dürfen Lehrerinnen und Lehrer Schüler nicht überwältigen, müssen kontrovers darstellen, was kontrovers ist und müssen schülernah bleiben.

Ein Beispiel: Wenn ich Schülern diese Kolumne zu lesen gebe mit der Aufgabe, die Argumente herauszuarbeiten, verletze ich keinerlei Neutralität. Ein weiteres Beispiel: Ich lege Zitate von Politikern vor, bei dem einer eine Wärmepumpenpflicht fordert, ein anderer Waffenlieferungen, und ein dritter verlangt, Teile des deutschen Volkes zu ermorden. Bei dem ersten Zitat kann man anderer Meinung sein. Bei dem zweiten auch. Beim dritten wird auch ein junger Mensch verstehen, dass dies nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar ist.

Ministerium unterstützt Schulleiter

Die AfD wird aber nicht müde, auf das "Neutralitätsgebot" hinzuweisen, das sich im Beamtenstatusgesetz wiederfindet. Im selben Gesetz steht unter Paragraf 33 aber noch ein ganz anderer Passus: "Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten."

Vor diesem Hintergrund ist auch die offizielle Erklärung des bayerischen Kultusministeriums zu verstehen, dass ein Schulleiter vor der AfD warnen darf. Der Schulleiter hatte in einer Rundmail die AfD erwähnt: "In Zeiten der Ausbeutung unseres Planeten, der vielen Kriege und Krisen, des Klimawandels, der Umweltzerstörung und sozialer Ungleichheit ist diese Botschaft aktueller denn je. Dazu kommt, dass die Demokratie an sich gefährdet wird durch ein Erstarken einer in großen Teilen rechtsradikalen AfD, rechter Bewegungen in den 'sozialen' Medien und eines abwertenden und spaltenden Stils einiger Politiker."

Das Ministerium schreibt dazu: "Im Hinblick auf die freiheitliche demokratische Grundordnung sind Beamtinnen und Beamte also gerade nicht zur Neutralität, sondern zum Bekenntnis und Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung verpflichtet."

Hier wird die Gesellschaft von morgen ausgehandelt

Freilich, wer auch immer sich den Inhalten der AfD verpflichtet fühlt oder diese Partei unterstützt, wird dies einmal mehr als Zeichen der Unterdrückung der "Wahrheit" abtun, Parteienklüngel vermuten und wütend oder sogar bedrohlich reagieren. Quod erat expectandum – was zu erwarten war.

Die bittere Ironie an dem Vorgehen der AfD ist, dass sie als eine der wenigen Parteien weiß, dass die Grundlagen unserer zukünftigen Gesellschaft in den Schulen gelegt wird. Hier entwickeln und entfalten sich die Haltungen, die darüber bestimmen werden, ob wir eine solidarische, demokratische Gesellschaft bleiben. Oder ob wir zurück in eine Vergangenheit fallen, in der Ethnie, Religion, Hautfarbe oder die Frage, wen man wählt, darüber entschieden haben, ob Menschen geächtet werden. Dass die AfD mit faschistischen Methoden gegen Kinder ihre Ziele erreicht, bezweifle ich allerdings. Denn auch dem Letzten dürfte bald klar sein, dass ihr Vorgehen keine Normalität sein darf.

Deshalb lohnt es sich, dagegenzuhalten. Auch wenn das bedeutet, wieder einmal bedrohliche Mails zu erhalten.

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