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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Waxing-Studio erntet Kritik Haarentfernung schon für Zwölfjährige - eine haarsträubende Entwicklung?
Kann sich eine Frau nur dann in ihrer Haut wohlfühlen, wenn darauf kein Haar mehr sprießt, das nicht zur Frisur gehört?
Kritik kam von der Berliner Modebloggerin Nike van Dinther ("This is Jane Wayne") , die den offenen Brief einer angeblichen Kundin verbreitete. Dieser war auf Facebook samt Fotos der Preisliste für 12- bis 17-Jährige veröffentlicht worden. Neben dem Slogan "Warum soll ich mich erst mit 18 wohl auf meiner Haut fühlen?" ist ein junges Mädchen abgebildet, das eine Schnute zieht.
"Zwang zur Selbstoptimierung"
Kommentatorinnen bemängelten, dass Kinder und Teenies dem Zwang der "Selbstoptimierung" unterworfen und falsche Körperbilder vermittelt würden. Zuerst hatte die "Berliner Zeitung" über die Debatte im Internet berichtet.
Die Gründerin der Studiokette "Wax in the City", Christine Margreiter, sagte, sie verstehe die Aufregung nicht. Vergünstigtes Waxing für Teenies mit Einverständniserklärung der Eltern sei seit Jahren im Angebot einiger Filialen der Kette, es handle sich nicht etwa um eine neue Marketing-Idee. Lediglich 0,5 Prozent des Kundenkreises sei minderjährig.
Schon 2013 bestätigte eine Sprecherin von "Wax in the City" im Gespräch mit t-online.de, dass vermehrt Jugendliche zum Waxing kämen und dass es oft Sonderkonditionen für junge Kunden zwischen zwölf und 17 Jahren gebe. Ausgenommen seien Intimwaxings. Die würden in deutschen Studios erst ab 16 Jahren angeboten. Rein theoretisch könnten dem Gesetz zufolge bereits Achtjährige die Leistung in Anspruch nehmen. Vorausgesetzt, es liegt eine Einverständniserklärung der Eltern vor.
Schamhaar-Alarm bei Werbekampagne
Ein weiteres Beispiel für die um sich greifende Körperhaar-Phobie ist die Empörung, die vor einiger Zeit eine Werbekampagne einer amerikanischen Modemarke auslöste: Das Model war lediglich mit einem durchsichtigen Slip bekleidet. Grund für die Aufregung war aber nicht die knappe Bekleidung, sondern die dunkle Schambehaarung, die darunter durchschimmerte.
Lifestyle-Magazine und Werbung stehen ganz im Zeichen der Haarlosigkeit - sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Kaum wächst also das erste Haar unter der Achsel, setzen schon Kinder den Rasierer an. 13 Prozent der Jugendlichen, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA), rasieren sich ab Beginn des Haarwuchses.
Schamhaare sind ein Zeichen fürs Erwachsenwerden. Doch ihre Entfernung gilt bei Jugendlichen als Zeichen für ein gepflegtes Äußeres. "Die meisten haben sich dementsprechend noch nie mit voll ausgewachsener Schambehaarung gesehen. Einige Jugendliche haben verzerrte Vorstellungen darüber, wie sie mit kompletter Schambehaarung aussehen würden."
Ein schambehaftetes Thema
"Stoppelig darf‘s schon mal sein, aber kämmen können sollte man die Haare nicht", erklärt Eva. Ihre Freundin Stella fügt zögernd hinzu: "Zumindest ist das bei den Mädchen so. Bei den Jungs in unserer Klasse sind eigentlich nur die Eitlen unter den Achseln rasiert." Die beiden Siebtklässlerinnen kichern verschämt. Denn die Schambehaarung heißt nicht nur so, sie ist auch mit ziemlich viel Scham besetzt.
Die Jungs haben es hier noch schwerer, meint der 14-jährige Sebastian. "Ich wüsste nicht, wen ich da fragen sollte. Mein Papa rasiert sich ganz, das weiß ich, aber wie machen das andere?" Da bleibt doch eigentlich nur so ein heimlicher Blick in der Umkleidekabine. Denn: "Fragen würde ich definitiv nicht!"
Die Unsicherheit ist groß
"Zu Beginn der Pubertät scheinen die Kinder die Schambehaarung nicht weiter ernst zu nehmen. Ich kann mir aber schon vorstellen, dass der Druck auf Teenager, vor allem, wenn sie schon ein bisschen älter sind, relativ groß ist", sagt Ivonne Bedei, Ärztin für Kinder- und Jugendgynäkologie am Klinikum Frankfurt-Höchst, gegenüber t-online.de. "Die Teenager, die ich sehe, sind sehr häufig rasiert, teilweise auch ganz. Ich kann auf alle Fälle sagen, dass immer mehr Mädchen den Wunsch haben, ihre Schamlippen korrigieren zu lassen." Eine Problematik, die sie in einem engen Zusammenhang mit dem Trend zur Intimrasur sieht, die die Schamlippen freilegt.
Wobei dieses Thema, im Gegensatz zur Achselrasur, bei den meisten erst dann interessant wird, wenn ein Geschlechtspartner in ihrem Leben auftaucht. Die Frage, was der andere erwartet und was ihn vielleicht abstoßen könnte, plagt viele Jugendliche.
Rasieren aus Hygienegründen ist heutzutage unnötig
Das Rasieren des Intimbereichs ist übrigens keineswegs ein neuer Trend. Es gab auch vor Hunderten von Jahren Zeiten, in denen glatte Haut auch in diesem Bereich als Schönheitsideal galt. Nicht zuletzt aus hygienischen Gründen: Filzläuse hatten es schwerer, sie fanden keinen Halt. Doch auch, wenn viele Jugendliche das glauben: Rasieren schützt nicht vor Bakterien. "Das Gegenteil ist der Fall. Die Schambehaarung bietet bei Pilzen und Bakterien sogar einen gewissen Schutz."
Schambehaarung hat einen evolutionären Sinn: Sie verhindert, dass Haut auf Haut klebt, sie wirkt kühlend und - so vermuten die Biologen - dient der Verbreitung von Duftstoffen, die den genetisch passenden Liebespartner anlocken sollen. Der kann allerdings nicht nur durch Komplettrasuren, sondern auch durch übertriebene Hygiene verwirrt werden. Denn Intimsprays, Scheidenspülungen und Intimreinigungstücher für unterwegs stören das natürliche Milieu der Haut. Gynäkologin Bedei rät jedoch davon ab: "Es ist besser, mit parfümfreien Seifen oder klarem Wasser zu waschen, um die Haut nicht zu reizen."
Wer den natürlichen Wildwuchs trotzdem nicht mag, beseitigt ihn mit Enthaarungscreme, Waxing, Sugaring oder mit dem Rasierer. "Doch gerade, wenn man ungeübt ist und möglicherweise auch noch schlechtes Material verwendet, kann man sich im Bereich der Schamlippen ziemlich verletzen", warnt die Ärztin.