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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das sollten Kinder wissen Blähungen gehören auf die Toilette – eigentlich pupsen die Bakterien
Freut man sich bei Babys noch darüber, wenn sich die Luft im Darm löst, so gibt es doch irgendwann einen Zeitpunkt, an dem die anderen nicht mehr mitbekommen sollten, wenn man Blähungen hat. Doch wann und wie lernt ein Kind das?
Die Zusammensetzung entscheidet über den Geruch
"Wenn ich pupsen muss, dann pupsen eigentlich die Bakterien in meinem Darm", erklärt der sechsjährige Leif und so falsch liegt er da gar nicht, bestätigt der Mühlhausener Kinderarzt Wolfgang Karmrodt: "Die Bakterien, die unseren Darm besiedeln, haben eine wichtige Aufgabe bei der Verdauung der Nahrungsbestandteile. Und man könnte schon sagen, wenn sie etwas bearbeiten, kommt hinten ein Gas raus." Ein solcher Darmwind, medizinisch Flatus genannt, setzt sich zusammen aus einem Gasgemisch, zu dem unter anderem Methan, Kohlenstoffdioxid und Schwefelwasserstoff gehören. Wobei letzteres ganz besonders stinkt.
Bis in die Grundschule hinein ist das Pupsen lustig
Leif ist in der ersten Klasse und er findet es immer noch ziemlich lustig, wenn es knattert. Sein Banknachbar auch. Magda, die hinter ihm sitzt, kann darüber schon lange nicht mehr lachen: "Die Jungs sind so eklig, dauernd pupsen die und dann stinkt es bis zu mir hinter." "Muss alles raus, was keine Miete zahlt", so heißt es im Volksmund. Aber ganz so einfach ist das nicht, denn dem stehen gesellschaftliche Normen entgegen. Nicht vor anderen zu pupsen, bedeutet auch, ihnen Respekt zu erweisen. Das wissen die Jungs schon auch und lassen es lieber bleiben, das Gepupse, wenn die Lehrerin vorbeikommt.
Elternverhalten ist entscheidend
Andere nicht mit seinen Darmwinden zu belästigen, ist zumindest außerhalb der eigenen vier Wände für Erwachsene selbstverständlich und wird es mit wachsender Schamgrenze auch für Kinder. Die allerdings wird durch das soziale Umfeld festgelegt und da können die Unterschiede zum Beispiel in den Elternhäusern, aber auch in den verschiedenen Betreuungseinrichtungen, sehr groß sein.
"Im Kindergartenalter wissen Kinder eigentlich schon, dass das nicht schön ist, wenn andere das mitbekommen", erklärt Gudrun Weichselgartner-Nopper. Sie ist zertifizierte Knigge-Trainerin und bietet unter anderem Benimmkurse für Kinder an. "Auch, wenn es hier keine natürliche Schamgrenze gibt, das, was die Eltern und das Umfeld vorleben, ist entscheidend. Im Zweifel muss man es eben noch einmal thematisieren, dass man in einem solchen Fall die Toilette aufsucht." Wenn es dort mal so laut knattert, dass es einem vor den anderen Toilettenbesuchern peinlich ist, "einen Vorwurf kann einem da keiner machen, denn das ist der richtige Ort dafür." Das sollten Kinder auch wissen.
Zucker- und kohlensäurehaltige Getränke können Blähungen auslösen
Im Durchschnitt suchen sich 15 Fürze am Tag ihren Weg nach draußen. "Normalerweise", so Wolfgang Karmrodt, "kann man das gut handhaben. Wenn allerdings eine Störung besteht, dann ist es schwer, die Luft zurückzuhalten." Blähungen sind keine Krankheit, sondern eine Begleiterscheinung und im Allgemeinen sind sie kein Grund zur Besorgnis.
Treten sie verstärkt auf, dann kann man darauf achten, dem Kind wenig blähende Lebensmittel, also auch keine zucker- und kohlensäurehaltigen Getränke zu geben und es dazu anhalten, langsam zu essen, damit nicht zu viel Luft geschluckt wird. Kommen allerdings weitere Beschwerden wie Bauchweh, ein Blähbauch, Völlegefühl, Übelkeit oder Stuhlprobleme dazu, dann sollte man das abklären lassen. Entweder beim Kinderarzt oder, wenn die Beschwerden anhalten, bei einem auf Kinder spezialisierten Gastroenterologen.
Lebensmittelunverträglichkeit kann starke Blähungen auslösen
Pupst ein Kind auffallend oft oder besonders stinkend, dann wird der Arzt zunächst untersuchen, ob eine Lebensmittelunverträglichkeit der Auslöser ist. "Bei Babys ist das häufig das Eiweiß der Kuhmilch, bei größeren Kindern steckt aber neben einer Laktoseintoleranz oft auch eine Fructose- oder Sorbitintoleranz dahinter", so der Kinder- und Jugendarzt. Aber auch Stress kann die Darmwinde provozieren. Zu viel Aufregung kann unter anderem auch einer der Auslöser für die sogenannten Dreimonatskoliken bei Babys sein.
Neben sanften Bauchmassagen, einem warmen Kirschkernkissen und eventuell einem Tee aus blähungslindernden Gewürzen wie Fenchel hilft hier vor allem Nähe und Ruhe. Leiden die Größeren unter Blähungen, dann hilft ihnen das gleiche. Unterhosen mit Aktivkohlefilter, die immerhin den Geruch eliminiert, gibt es bisher nur für Erwachsene. Aber Leif und sein Kumpel finden so etwas sowieso total unnötig. Im Moment lachen sich die beiden lieber noch über jeden weiteren Furz kaputt. Und je mehr er stinkt, desto besser.