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Haftpflicht für Eltern: Anwalt nennt die Tücken


Anwalt beantwortet Fragen zu Haftpflicht
Kind zerkratzt Auto - und der Geschädigte bleibt auf den Kosten sitzen

Eine Haftpflichtversicherung zahlt nicht für jeden Schaden, den ein Kind verursacht hat. Insbesondere im Straßenverkehr bleiben Geschädigte oft auf den Kosten sitzen. Ulf Linder, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Darmstadt, hat Fragen unserer Leser beantwortet und so manchen Irrtum aufgeklärt.

Aktualisiert am 11.09.2015|Lesedauer: 4 Min.
Von t-online
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Haftung für Kinder im Straßenverkehr

Stimmt es, dass für Kinder unter zehn Jahren im Straßenverkehr niemand haftet?

Haftpflicht: Ein Kind fährt mit dem Fahrrad über den Gehweg und stößt mit einem Auto zusammen - wer haftet?Vergrößern des Bildes
Ein Kind fährt mit dem Fahrrad über den Gehweg und stößt mit einem Auto zusammen - wer haftet? (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Das ist richtig. Ein echtes Haftungsprivileg gibt es aber nur für Sieben- bis Zehnjährige. Bei den Jüngsten ist immer zu klären, ob die Eltern (oder andere Personen) die Aufsichtspflicht verletzt haben.

Ein Kind fährt mit hoher Geschwindigkeit mit dem Fahrrad über den Gehweg und stößt mit einem Auto zusammen. Dabei entsteht ein Sachschaden von 2.000 Euro. Wer muss dafür haften?

Hier sind drei Alternativen zu unterscheiden:

  1. Ist das Kind bis sechs Jahre alt, kommt eine Haftung nur in Betracht, wenn die Aufsichtspflicht verletzt wurde.
  2. Ist das Kind zwischen sieben und zehn Jahre alt, bleiben Sie auf Ihrem Schaden sitzen.
  3. Ab dem elften Lebensjahr haftet das Kind, da man von einer entsprechenden Einsichtsfähigkeit ausgeht.

Mein sieben Jahre alter Sohn hat beim Aussteigen aus dem Auto mit der Beifahrertür eines anderen Fahrzeugs beschädigt. Wird das unsere Haftpflichtversicherung übernehmen?

Nicht bei einem "Unfall" im öffentlichen Verkehrsraum, da Sieben- bis Zehnjährige für Unfälle im Straßenverkehr nicht haften. Stand das Auto jedoch auf einem Privatgrundstück, dann haftet der Siebenjährige, beziehungsweise seine Versicherung, soweit man von seiner Einsichtsfähigkeit ausgehen konnte.

Meines Wissens gibt es im Straßenverkehr noch die Unterscheidung, dass Kinder unter sieben Jahren im ruhenden Verkehr bei Schäden nicht haftbar sind und unter zehn Jahren im fließenden Straßenverkehr. Stimmt das?

Hier müssen wir noch einmal unterscheiden. Nach §828 Abs.2 BGB gilt: Sieben- bis Zehnjährige haften nicht für Schäden, die sie bei einem Unfall mit einem "Kraftfahrzeug, einer Schienen- oder Schwebebahn" verursachen. Im Gesetzestext wird nicht zwischen ruhendem und fließendem Straßenverkehr unterschieden. Wenn ein Achtjähriger ein Fahrzeug beschädigt, das auf einer öffentlichen Straße parkt, haftet er nicht. Für Kinder unter sieben Jahren haften die Eltern, wenn sie die Aufsichtspflicht verletzt haben.

Um unser Grundstück haben wir einen Holzzaun gezogen. Die Nachbarn behaupten nun, dass sie beim Verlassen ihrer Auffahrt die Straße nicht weit genug einsehen können. Würden sie ein Schulkind anfahren, bekämen wir eine nicht unerhebliche Mitschuld. Stimmt das?

Nein, solange Ihr Zaun baurechtlich nicht zu beanstanden ist, sind müssen Verkehrsteilnehmer die Beinträchtigung der Sicht hinnehmen.

Wie viel Aufsichtspflicht braucht ein Kind?

Mein Enkel ist fünf Jahre alt. Muss er ständig beaufsichtigt werden?

Eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung ist nicht erforderlich. Allerdings hängt die Aufsichtspflicht sehr stark vom Einzelfall ab. Sie können Ihren Enkel sicherlich in Ihrem Garten spielen lassen, ohne ständig daneben zu stehen, ihn aber nicht allein zum Bäcker schicken.

Wann ist ein Kind strafmündig?

Ein Kind ist doch nicht strafmündig, es kann sich also auch nicht strafbar machen, oder?

Die Strafmündigkeit im Jugendstrafrecht beginnt ab 14 Jahren. Oder glauben Sie, dass 17-Jährige in Deutschland machen können, was sie wollen?

Wenn ein 14-Jähriger in eineinhalb Jahren dreimal eine Tiefgarage anzündet, wen kann man dafür zur Verantwortung ziehen?

Man kann den 14-Jährigen zur Verantwortung ziehen. Dieser kann sich nach Jugendstrafrecht ab sieben Jahren strafbar machen. Zivilrechtlich ist auch ein Minderjähriger für seine Taten verantwortlich. Die Sonderregelung für Sieben- bis Zehnjährige gilt nur im Straßenverkehr.

Was passiert, wenn beim Auszug des Sohnes Schäden in der Wohnung zu reparieren sind?

Sobald er volljährig ist, haftet der Sohn für die von ihm verursachten Schäden. Es kommt nicht darauf an, wie alt er war, als er einzog. Sollte er noch minderjährig sein, kommt es darauf an, wie seine Einsichtsfähigkeit war. In der Regel kann man bei 16-, 17-Jährigen davon ausgehen, dass sie die Folgen ihres Tuns einschätzen können.

Illegales Streaming im Internet

Wie sieht die Haftung von Eltern aus, wenn Kinder trotz Verbot illegal streamen?

Kommt darauf an, da ein "Verbot" meistens nicht ausreicht und heutzutage zahlreiche technische Möglichkeiten bestehen, die Internetnutzung der Kinder einzuschränken.

Der Anschlussinhaber haftet grundsätzlich für seine Nutzer. Wenn mit "höchster krimineller Energie" vorgegangen wird, stellt sich immer die Frage, ob tatsächlich alle Möglichkeiten genutzt wurden, dies zu unterbinden. Dies ist immer eine Einzelfallfrage, die man nicht pauschal beantworten kann. Um auf der sicheren Seite zu sein, kann man nur empfehlen, sämtliche Schutzmöglichkeiten zu installieren, wenn es bereits zu exzessiver, verbotener Internetnutzung kam.

Wer zahlt den Schaden? Eltern oder Kinder?

Wenn Kinder ab dem elften Lebensjahr haften - mit was haften sie denn? Mit dem Taschengeld?

Kinder haften zunächst, ebenso wie Erwachsene, mit Ihrem gesamten Vermögen. Falls die Eltern nicht für ihr Kind bezahlen, holt sich der Geschädigte das Geld, sobald es volljährig ist oder Geld verdient. Da Gerichtsurteile über Jahre, mit entsprechenden "Vollstreckungstricks" de facto ewig halten, laufen weitere Zinsen und Gebühren auf, so dass die ursprüngliche Forderung bei weitem übertroffen wird.

Kind beim Schwarzfahren erwischt

Meine zwölfjährige Tochter fährt schwarz in der Straßenbahn. Wer bezahlt das Bußgeld?

Zunächst die Tochter. Bei einer Zwölfjährigen ist davon auszugehen, dass sie weiß, dass man nicht schwarzfahren darf. Falls die Eltern nicht für die Tochter bezahlen, holt sich die Verkehrsgesellschaft das Geld von ihr, sobald sie 18 ist. Vorausgesetzt, die Gesellschaft hat sich zuvor gerichtlich einen Titel geholt.

Mein 13-jähriger Sohn fährt täglich mit dem Zug eines Privatunternehmens. Neulich hatte er seine Monatsfahrkarte vergessen. Nun fordert ein Inkassounternehmen 110 Euro. Müssen wir das zahlen?

Wenn Sie nach der ersten Anforderung des Beförderungsunternehmens die üblichen 40 bis 50 Euro gezahlt haben, bestand keine Veranlassung, dass dieses ein Inkassounternehmen beauftragt. Sollten Sie allerdings auf ein erstes Schreiben nicht reagiert haben, befanden Sie sich danach in Verzug. Dann können Inkassokosten als "Verzugsschaden" verlangt werden.

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