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Wenn Vater keinen Unterhalt zahlt: Beistandschaft hilft


Unterhaltsstreit
Wenn der Partner keinen Unterhalt zahlt: Eine "Beistandschaft" kann helfen

Kinder kosten Geld, das ist eigentlich klar. Doch nach einer Trennung gibt es oft Gerangel zwischen Mutter und Vater, was ihrem gemeinsamen Kind an Unterhalt zusteht. In so einem Fall kann das Jugendamt helfen. Das Zauberwort heißt "Beistandschaft".

Aktualisiert am 12.11.2014|Lesedauer: 5 Min.
t-online, Anja Speitel
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Elf Jahre lang war Maria P.* mit ihrem Mann verheiratet. Als sich die beiden trennten, begann, was vielen Alleinerziehenden nicht fremd ist: Unterhaltsstreitigkeiten. "Ich stand mit zwei Kindern da, meine Tochter war gerade zehn, mein Sohn fünf Jahre alt. Mein Mann weigerte sich, mir Geld für die Kinder zu zahlen. Hätte ich nicht kurz nach der Trennung ein wenig geerbt, hätte ich für uns alle Sozialhilfe beantragen müssen", erzählt Maria P. Ihr war klar, dass die Erbschaft bald aufgebraucht sein würde und außerdem steht einem Kind Unterhalt zu.

Unterhalt: Wenn der Partner seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommt, kann eine Beistandschaft helfen.Vergrößern des Bildes
Wenn der Partner seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommt, kann eine Beistandschaft helfen. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

"Gesprächsversuche mit meinem Ex-Mann liefen ins Leere. Seine Einkommensverhältnisse hätten sich geändert und er könne nicht zahlen, so die einzige Aussage." In ihrer Not nahm Maria P. eine Unterhaltsberatung beim für sie zuständigen Jugendamt Dachau wahr. "Alleine wäre ich hilflos gewesen."

Beistandschaft eröffnen

Bei der Beratung klärte die Mitarbeiterin des Jugendamts Maria P. auf, dass sie die Unterhaltsansprüche für ihre beiden Kinder über eine sogenannte Beistandschaft klären und geltend machen könne. Ein schriftlicher Antrag, der jederzeit widerrufbar ist, genügt, um eine Beistandschaft beim Jugendamt zu eröffnen. Die Beistandschaft kann schon vor der Geburt eines Kindes und jederzeit bis zu seiner Volljährigkeit beantragt werden. Neben Unterhaltsstreitigkeiten hilft eine Beistandschaft auch bei der Feststellung der Vaterschaft, wenn ein Mann sein Kind nicht anerkennt. Wird ein Kind 18, endet die Beistandschaft automatisch.

Voraussetzung zur Antragsstellung ist außerdem, dass das Kind in Deutschland und überwiegend bei dem beantragenden Elternteil, das zumindest das halbe Sorgerecht haben muss, lebt. Die elterliche Sorge wird durch eine Beistandschaft nicht eingeschränkt - mit einer Ausnahme: Geht die Unterhaltsforderung oder Vaterschaftsfeststellung vor Gericht, hat der Beistand den Vorrang. Damit sollen widersprüchliche Aussagen durch den betreuenden Elternteil und den Beistand ausgeschlossen werden. Zum anderen spart sich der Elternteil, bei dem das Kind lebt, dadurch aber auch diese häufig psychisch sehr belastenden Gerichtsklagen.

Der Beistand vertritt nur das Kind

Der Beistand vertritt bei Unterhaltsstreitigkeiten rein das Kind: Er ermittelt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen, errechnet auf dieser Grundlage, was dem Kind zusteht und versucht durch Gespräche und Schriftwechsel eine Einigung zwischen den Eltern herbeizuführen. "Bei uns landet, wer mit seinem Ex-Partner schon solch große Probleme hat, dass keine Einigung erzielt werden kann. Viele dieser Väter versuchen, sich irgendwie aus ihrer Unterhaltsverpflichtung rauszuwinden", weiß die Mitarbeiterin des Jugendamts Dachau, die aufgrund ihrer Schweigepflicht anonym bleiben muss.

"Rund fünf Prozent dieser Fälle landen als Auskunfts- oder Unterhaltsklagen vor Gericht." Dann kommen neben dem Unterhalt auch noch Gerichts- und Anwaltskosten auf den nicht zahlungswilligen Elternteil zu. Dabei geht es auch viel einfacher: Erteilt der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, freiwillig Auskunft über seine Einkommensverhältnisse und die Unterhaltsansprüche des Kindes können errechnet werden, kann eine Unterhaltsverpflichtung vom Jugendamt - ganz ohne Richter - beurkundet werden.

Unparteiischer Dritter

Die Unterhaltsberechnung ist äußerst kompliziert: Die Höhe des Kindesunterhaltes richtet sich nach dem Alter des Kindes, dem Einkommen des Zahlungspflichtigen sowie seinem Selbstbehalt - also was er selbst mindestens zum Leben braucht - und den Empfehlungen der sogenannten "Düsseldorfer Tabelle", die in der Regel alle zwei Jahre neu herausgegeben wird. "Das kann man kaum alleine korrekt ermitteln, deshalb sind viele froh, dass sie beim Jugendamt eine kostenfreie Unterstützung bekommen. Sonst bleibt ja nur die Variante Rechtsanwalt", gibt die Verwaltungsfachwirtin des Jugendamts zu bedenken.

"Wir sind neutral, vertreten speziell das Kind und nicht die Mutter." Die Väter können deshalb auf eine korrekte Berechnung vertrauen. "Es gibt Mütter, die wollen den Mann bis aufs letzte Hemd ausziehen, da müssen wir gelegentlich auch mal bremsen, gegen die Mütter agieren und sagen: Das geht so nicht, es gibt die und die Grenzen. Wenn ein Vater etwa Hartz IV-Empfänger ist, dann können auch wir da nichts holen."

Eltern-Verhältnis kann sich bessern

Ist das Reizthema Geld durch einen Dritten geklärt, kann sich das Verhältnis der Ex-Partner im besten Fall verbessern. Die Eltern müssen sich nicht mehr über finanzielle Angelegenheiten streiten. "Wir bekommen schon öfters die Rückmeldung, dass sich das Verhältnis bessert, wenn das Thema Geld geklärt ist", so die Beistände vom Jugendamt Dachau. Leider ist das aber längst nicht immer der Fall: "Es kann natürlich auch nach hinten los gehen, wenn der zahlungsunwillige Elternteil Briefe vom Jugendamt erhält und das ganze in Extremfällen dann auch noch vor Gericht landet. Aber das Kind kommt zu seinem Recht und nicht in finanzielle Not."

Sind die Fronten verhärtet, empfehlen die Mitarbeiter des Jugendamts weiterführende Angebote, wie zum Beispiel Beratungen beim Allgemeinen Sozialdienst. Denn Eltern bleiben schließlich Eltern - auch wenn sie sich getrennt haben.

Umgangsrecht hat nichts mit Zahlungen zu tun

Unabhängig davon, wie schlimm sich Ex-Partner streiten oder ob ein Elternteil nicht zahlt: Das Recht auf Umgang mit dem Kind bleibt davon unberührt. "Egal, ob der Vater zahlt oder nicht, und auch egal, ob die Mutter das alleinige Sorgerecht hat: Leibliche Eltern - und übrigens auch Großeltern, Pflege- und Stiefeltern - haben ein Umgangsrecht mit dem Kind. Der Gesetzgeber hat zur Häufigkeit der Besuche keine Richtlinie gegeben. Der übliche Umgang mit dem anderen Elternteil ist bei Schulkindern jedes zweite Wochenende und die Hälfte der Ferien - das ist aber individuell, wie es zum Wohle des Kindes am besten ist", sagt die Jugendamt-Mitarbeiterin.

Kinder kriegen mit, was los ist

Maria Ps. Sohn ist heute zwölf Jahre alt, ihre Tochter 16. Beide kriegen mittlerweile sehr genau mit, wenn wieder mal ein Brief vom Jugendamt bei ihrer Mutter eingeht. "Als die Kinder noch kleiner waren, haben sie ihren Vater meist regelmäßig gesehen, wollen jetzt aber öfters gar nicht zu ihm. Ich werde vom Jugendamt informiert, wenn der Vater nicht gezahlt hat und das kriegen sie auch mit," so Maria P. Läuft die Beistandschaft, leistet der unterhaltpflichtige Elternteil die Zahlungen auf Wunsch des Antragstellers ans Jugendamt, das dann weiter überweist.

Dadurch ist gewährleistet, dass das Jugendamt dies mitbekommt und direkt gegen den Unterhaltspflichtigen tätig werden kann, wenn er seinen Verpflichtungen nicht nachkommt: "Wenn ein Unterhaltsrückstand aufläuft, schauen wir, ob wir zum Beispiel den Lohn, das Konto, Versicherungen oder Grundstücke pfänden können", so die Beistände vom Jugendamt Dachau. "Ich weiß, dass alles läuft, ich mich nicht mehr selbst ans Telefon hängen und dem Unterhalt nachlaufen muss", sagt Maria P. "Aber die Kinder macht es natürlich traurig, wenn sie mitbekommen, dass ihr Vater sie finanziell mal wieder nicht unterstützt."

Unterhaltsvorschuss gegen finanzielle Notlagen

Damit sich die schwierige Erziehungssituation Alleinerziehender nicht noch verschärft, leistet der deutsche Staat finanzielle Hilfe, wenn Unterhaltszahlungen ausbleiben. Der sogenannte "Unterhaltsvorschuss" beträgt für ein Kind bis sechs Jahre 133 Euro und für ältere Kinder bis unter zwölf Jahre 180 Euro im Monat.

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"Ich musste den Unterhaltsvorschuss öfters in Anspruch nehmen. Gut war, dass die Beistandschaft mich immer darauf hingewiesen hat, wenn ich dafür einen Antrag stellen musste", so Maria P. Denn den Unterhaltsvorschuss gibt es maximal 72 Monate und längstens bis zum zwölften Geburtstag des Kindes. "Weil auch mein Sohn jetzt über zwölf ist, kann ich ihn zwar nicht mehr in Anspruch nehmen, weiß aber, dass das Jugendamt hinterher ist, fehlende Unterhaltszahlungen beim Vater einzutreiben. Das entlastet mich sehr. Ich hab den Kopf wieder für andere Dinge frei."

* Name von der Redaktion geändert

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