Mode & Beauty Der letzte Bee Gee: Barry Gibb wird 70
Wenige haben es so hoch in den Pophimmel geschafft wie die Bee Gees - laut Guinness Buch der Rekorde die erfolgreichste Familienband aller Zeiten. Heute ist nur noch ein Mitglied übrig: Barry Gibb feiert am 1. September seinen 70. Geburtstag. Und in den vergangenen 70 Jahren hat er einiges erlebt: Welthits, Drogenexzesse, der Absturz in die Bedeutungslosigkeit, Comebacks, private Dramen.
"In The Now" heißt Barry Gibbs neues Album, das im Oktober herauskommt – Im Hier und Jetzt. Bezeichnend für den Veteran der Disco-Ära, der mit so vielen persönlichen Tragödien in den vergangenen Jahren klar kommen musste. Erst kürzlich starb seine Mutter Barbara im Alter von 95 Jahren. Von seinen vier Geschwistern ist nach dem Tod seines jüngeren Bruders Andy und den Bee Gees-Zwillingen Robin und Maurice nur noch Lesley am Leben. "Ich habe versucht, die besten Einflüsse meines Lebens zu streifen. Das Album ist sehr autobiographisch, nicht bewusst, sondern unterbewusst", sagt er.
Am Anfang war eine Gitarre
Barry Gibb kommt 1946 auf der Isle of Man als Sohn des Drummers und Bandleaders Hugh Gibb auf die Welt; drei Jahre später werden die Zwillinge Robin und Maurice geboren, mit denen er die Bee Gees gründen wird. Als er acht Jahre alt ist, zieht die Familie ins kriegszerstörte Manchester und schafft es gerade so, die Kinder durchzufüttern. Doch zu Weihnachten schenkt ihm sein Vater eine Gitarre. Von da an singen Barry und die Zwillinge zusammen und schreiben Songs – der Beginn einer jahrzehntelangen Karriere.
1958 wandert Familie Gibb nach Australien aus, das Teenage-Trio mit den ungewöhnlich harmonischen Stimmen (damals noch die "Rattlesnakes") tingelt durch Hotels und Nachtclubs, gemanagt von den Eltern, und verlässt nach den ersten Erfolgen frühzeitig die Schule.
Streit und Soloprojekte
Barry reist mit seinen beiden Brüdern zurück nach London ins Zentrum der Swinging Sixties, mit Mods und Miniröcken rund um Carnaby Street. Sie landen bald ihre ersten Hits ("New York Mining Disaster 1941" and "To Love Somebody") mit melodischen, leicht sentimentalen Softrock-Balladen.
Doch auf der Höhe ihres Erfolgs beginnen sie auseinanderzudriften: Robin mit seinem kristallklaren Vibrato kommt nicht gegen Barrys Aussehen an. Jeder versucht seinen eigenen Weg mit Soloprojekten zu gehen, doch bald ist klar: Sie funktionieren nur zusammen. Einmal schreiben sie sogar drei Single-Hits an einem Nachmittag.
Popgeschichte zum Travolta-Film
1975 entdeckt Barry Gibb seine Falsett-Stimme, die mit Satinanzügen, goldenen Medaillonkettchen und schulterlangen Löwenmähnen zum Markenzeichen der Bee Gees werden sollte. Zwei Jahre später werden sie gebeten, Songs für den Soundtrack des Kultfilms "Saturday Night Fever" mit John Travolta zu schreiben. Der Rest ist Popgeschichte. Die Hits dieses Albums, wie "Stayin' Alive", füllen heute noch Tanzflächen.
Sein Familienleben
Fünf der Songs werden Nummer-Eins-Hits – und dann schreibt Gibb noch den Titelsong für Travoltas nächsten Film "Grease". Aus seiner Feder stammen auch Hits wie etwa Barbra Streisands "Woman in Love", Diana Ross' "Chain Reaction" und Dionne Warwicks "Heartbreaker". Viele Flirts mit den Stars wurden ihm nachgesagt, doch seine Ehe mit der ehemaligen "Miss Edinburgh" Linda Gray hält seit 46 Jahren. Sie haben eine Tochter und vier Söhne.
Schwerreich – die Wände sind gepflastert mit Gold- und Platin-Schallplatten. Doch zurückblickend sagt Barry der Musikzeitschrift "Rolling Stone", sei es einfach zu viel gewesen. "Zum Schluss konnten wir nicht mehr atmen. Ich erinnere mich an Todesdrohungen. Verrückte Fans, die am Haus vorbeifahren und 'Staying Alive' mit 120 Dezibel spielen. Ich mag wirklich meine Privatsphäre. Ich komme einfach mit Ruhm nicht besonders gut klar."
Hasch, Amphetamine, halluzinogene Pilze und Alkohol – jeder der Bee Gees hatte seine bevorzugte Droge, um als Superstar zu funktionieren.
Schicksalsschläge
Barrys jüngster Bruder Andy – auch ein Musiker – stirbt 1988 fünf Tage nach seinem 30. Geburtstag an einem Herzleiden. Den schwersten Schock ereilt die Bee Gees jedoch, als Maurice überraschend 2003 mit 53 Jahren an einem Herzinfarkt stirbt. Er war der Vermittler zwischen Robin und Barry, die durch den Schmerz wieder auseinanderdriften und monatelang nicht miteinander sprechen.
Erst kurz vor Robins Tod im Jahr 2012 versöhnen sie sich. Den Song "End of the Rainbow" aus dem neuen Solo-Album, erst dem zweiten seiner Karriere, hat Barry seinem Bruder Robin gewidmet. Er sagte: "Ich habe eine Strophe des Songs für Robin gesungen, als er im Koma lag, etwa zwei Wochen bevor er starb, und ich weiß nicht, ob er es hörte oder nicht. Aber ich sang trotzdem."
Neues Album mit Söhnen aufgenommen
Das Album ist wieder in bewährter Bee-Gees-Manier entstanden – als Familiensache: Die Söhne Stephen und Ashley haben die Songs mit ihrem Vater geschrieben, einer der Songs ("Star Crossed Lovers") ist seiner Frau Linda gewidmet. "Ich muss diese Musik am Leben erhalten", sagte Barry Gibb dem "Rolling Stone"-Magazin. "Bevor meine Brüder starben, hätte ich nie so darüber gedacht. Aber das ist jetzt mein Job. Es ist wichtig, dass sich die Leute an diese Songs erinnern."