Nominierung zum "Jugendwort des Jahres" Was ist eigentlich ein "Talahon"?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Talahon" ist Kandidat für das Jugendwort des Jahres. Aber was steckt eigentlich hinter dem Begriff, der in den sozialen Medien viral geht?
Wenn die Nominierungen für das Jugendwort des Jahres bekannt gegeben werden, runzeln oft auch jüngere Leute die Stirn – denn manchmal sind dort Wörter dabei, die selbst ein 15-jähriger Teenager nicht einmal ironisch benutzt.
Dieses Jahr wurden aber tatsächlich Begriffe ausgewählt, die im Kontext der sozialen Medien derzeit oft auftauchen. Ganz vorne dabei: "Talahon". Wer einmal durch die App TikTok scrollt, dem wird früher oder später ein Video mit dem Thema "Talahon" begegnen. Aber was bedeutet das überhaupt?
"Talahon" leitet sich aus dem Arabischen ab
"Talahon" ist vom arabischen "taeal huna" abgeleitet, was so viel wie "Komm her" bedeutet. Seinen Ursprung hat der Neologismus wohl in einem Video des Rappers Hassan, der bereits im Jahr 2022 das Lied "TA3AL LAHON" veröffentlichte. Dort heißt es zum Beispiel: "Ta3al lahon, ich geb' dir ein' Stich, bin der Patron".
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Das ist die "Talahon-Uniform"
Irgendwann fand das Lied seinen Weg zu TikTok. Plötzlich tauchten überall kleine Videos auf, die mit dem Lied unterlegt waren. Oft waren in diesen Videos Jugendliche mit vermeintlich migrantischem Hintergrund zu sehen, die in Grüppchen auftreten, Schattenboxen betreiben und zwischendurch auf den Boden spucken. Irgendwann entwickelte sich daraus dann "Talahon" als Bezeichnung für ebendiese Jugendliche.
Und die tragen zumeist recht einheitliche Kleidung, was auch wieder als TikTok-Trend aufgegriffen wurde. Zahlreiche Clips erklären, was ein "Prototyp-Talahon" ist: Er trägt Jogginghose, ein weites T-Shirt oder Sweatshirt (im besten Fall von der japanischen Streetwear-Marke Kenzo), Sneaker (etwa Nike TN/Air Max Plus), eine Cap (im Idealfall von Gucci) und eine kleine Umhängetasche (ebenfalls Gucci, echt oder auch fake). Optional sind Daunenwesten oder -jacken und Silber-Halsketten. Manchmal gehören auch Vapes zur "Ausstattung".
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Wie tickt der "Talahon"?
So viel zum Äußeren. Aber wie sieht es im Inneren des "Talahons" aus? Laut Stereotyp – und das ist der "Talahon" schon längst geworden – ist er kein besonders angenehmer Zeitgenosse. Er vertreibt sich die Zeit, indem er mit seinen Kumpels abhängt, vaped und Schattenboxen betreibt.
Traut sich ein Passant, an der Gruppe vorbeizugehen und die "Talahons" anzuschauen, muss man damit rechnen, von ihnen angesprochen zu werden. Auch hier greift man wieder tief in die Stereotypen-Kiste – denn auf einen bloßen Blick reagieren die gelangweilten Jugendlichen auf der Suche nach Action mit "Was guckst du? Komm doch her". Hier schließt sich auch wieder der Kreis zum Ursprung des Wortes.
Zudem wird dem "Talahon" unterstellt, dass er ein sehr veraltetes Frauenbild pflegt – frei nach dem Motto "die Frau gehört an den Herd". Ob solche Ansichten wirklich ernst gemeint oder eher satirischer Natur sind, lässt sich bei den meisten Videos auf Plattformen wie TikTok nicht sagen.
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Der "Talahon" – ein gefährliches Stereotyp
Doch genau diese Stereotype sind der Grund, warum das eigentlich einmal ironisch besetzte Wort problematisch wurde. Denn wie so oft, wenn es um "problembehaftete" Jugendliche mit einem vermeintlichen Migrationshintergrund geht, ist irgendwann auch die Rechte auf den Zug aufgesprungen.
Sie haben das Wort "Talahon" längst gekapert und benutzen es, um rassistische Ressentiments zu verbreiten. Die inzwischen teils negative Konnotation des Begriffs kann man auch an zahlreichen Kommentaren unter dem Song "TA3AL LAHON" sehen. Ein YouTube-User schreibt beispielsweise: "Das hat uns Migranten wieder um 15 Jahre zurückgeworfen." Der Kommentar hat 4.526 Likes.