Schlaue Müll-Ideen Wenn aus Kaffee Tassen werden
Egal ob Kaffeesatz oder Grünschnitt: Durch innovative Technik landet organischer Abfall im Schrank und auf dem Tisch. Mit positivem Nebeneffekt.
In der Kantine, der Espressobar oder beim Bäcker um die Ecke: Allein in Deutschland lag der Kaffeeverbrauch pro Kopf zuletzt bei rund 164 Litern im Jahr. Die Bohnen für das beliebteste Heißgetränk der Republik kommen aus der ganzen Welt: Von Brasilien bis Vietnam werden jährlich etwa 10 Millionen Tonnen Kaffeebohnen geerntet. Ähnlich viel Kaffeesatz bleibt zurück, wenn die Tassen leer sind.
t-online x WWF Zukunft
Wie könnte Deutschland die Energie- und Klimakrise überwinden? Diese Geschichte ist Teil der Kampagne WWF Zukunft, in der t-online und der WWF Deutschland die Möglichkeiten einer voll geglückten Energiewende ausleuchten.
Meist wird dieser verbrannt; das klimaschädliche Kohlendioxid (CO2), das in den Bohnen – wie in allen Pflanzen – gespeichert ist, entweicht in die Atmosphäre. Dabei ist Kaffeesatz kein Abfall.
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Auch außerhalb von Garten und Haushalt lässt sich gebrauchtes Kaffeepulver weiterverarbeiten – unter anderem als Rohmaterial für zahlreiche Alltagsprodukte. So schafft es beispielsweise recycelter Kaffeesatz aus Berliner Cafés inzwischen nach Oslo, Paris und London.
Von Tradition zu Innovation
Das Start-up Kaffeeform sammelt in Berlin Pulverreste aus umliegenden Cafés und presst diese mit Pflanzenfasern und Harz zu neuen Gegenständen. Neben Kaffee- und Espressotassen bietet das Unternehmen inzwischen auch Uhrenbänder aus dem neuartigen Material an.
Das ganze Sortiment ist biologisch abbaubar, leicht, spülmaschinenfest und speichert außerdem das CO2, das bei der Verbrennung des Kaffeesatzes entwischt wäre. Ein Allheilmittel sind diese Produkte beim Klimaschutz zwar nicht, aber auch hier gilt: Jedes Bisschen zählt.
CO2-Speicher
Trotz der Energiewende werden sich klimaschädliche Treibhausgasemissionen aus Landwirtschaft und Industrie nicht ganz vermeiden lassen. Diese Restemissionen müssen eingefangen werden, damit sie das Klima nicht schädigen. Im Kleinen kann das mit innovativen Recyclingmethoden geschehen, die CO2 binden, wie das Kaffeesatz-Beispiel zeigt. Für die Industrie sind große Anlagen vorgesehen, die CO2 aus der Luft abscheiden und unterirdisch speichern, sogenanntes "Carbon Capture and Storage". Eine Alternative zu drastischen CO2-Einsparungen bieten diese Verfahren laut Experten allerdings nicht.
Ein zweites Leben für den Coffee to Go
Daher geht auch die Firma Lederett im sächsischen Großschirma neue Wege: Wo früher Rinderhäute zu Taschen und Schuhen wurden, entstehen nun Lederalternativen: Kaffeesatz wird hier mit gebrauchten Pappbechern verarbeitet, sodass daraus am Ende ein Material für vegane Sofabezüge, Lederhosen und sogar Turnschuhe wird.
Selbst am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik beschäftigen sich Forscherinnen und Forscher mit dem Potenzial von Kaffeesatz. Hier liegt der Fokus auf besonders nachhaltigem Papier. Denn: Was im Kaffeefilter oder Siebträger übrig bleibt, enthält viel Zellulose – das wichtigste Material für die Herstellung von Papier und Karton. Andere organische Abfälle lassen sich inzwischen sogar zu Bioplastik verarbeiten.
Zu schön, um nicht wahr zu werden
Der WWF entwirft mit seiner neuen Kampagne "WWF Zukunft" die Vision einer voll gelungenen Energiewende. Was wird sich ändern, wenn wir Strom und Wärme nur noch aus erneuerbaren Quellen beziehen, die Verkehrswende gelingt und die Wirtschaft klimafreundlich arbeitet? Und vor allem: Wie verändert sich mein eigenes Leben? Sinkende Strompreise, neue Jobs und mehr Solidarität sind möglich, wenn wir heute schon für die Zukunft anpacken. Mehr unter zukunft.wwf.de.
Von Grünschnitt zu Fassadenplatten
Auch das Geschäft bei "Made of Air" beginnt mit Abfällen. Einstreu, Mähgut oder Totholz verwandelt das ebenfalls in Berlin ansässige Unternehmen mithilfe eines besonderen Verbrennungsverfahrens, der sogenannten Pyrolyse, zu Kohlespänen. Unter Zugabe von Hitze und Ethanol aus Zuckerrohr wird daraus ein Bioplastik, das schon in Sonnenbrillen bei H&M aufgetaucht ist und auch die Fassade einer Münchner Audi-Niederlassung bedeckt.
Da die Abfallprodukte aus der Land- und Forstwirtschaft dadurch nicht verrotten oder in die herkömmliche Müllverbrennung gehen, sondern zu neuen Gegenständen werden, kann das enthaltene CO2 nicht entkommen. Die Produkte von "Made of Air" speichern es mindestens bis zum Ende ihres Lebenszyklus. Werden sie danach recycelt, funktionieren auch die Recyclingprodukte als Treibhausgasspeicher.
Was, wenn alles gut wird? Mit Geschichten wie dieser möchte der WWF Deutschland lebensnahe Lösungen aufzeigen, wie die Energiewende der Zukunft die Krisen der Gegenwart überwinden könnte.
- Dieser Artikel ist im Rahmen einer redaktionellen Kooperation mit dem WWF Deutschland entstanden.