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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Jaenicke zur Klimapolitik "Ich hoffe, dass meine Generation im Herbst intelligenter wählt"
Schauspieler
Es ist ein historisches Urteil: Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag entschieden, dass die Politik deutlich mehr tun muss, um Klimaziele zu erreichen. Einschneidende Schnitte dürfen dabei nicht zulasten der jüngeren Generation aufgeschoben werden. Die Politik diskutiert nun über Änderungen – und darüber, wer an den Versäumnissen die Schuld trägt.
Geklagt hatten junge Klimaschützer wie die Fridays for Future-Aktivistin Luisa Neubauer. Unterstützt wurden sie vor Gericht von Schauspieler Hannes Jaenicke. Der 61-Jährige setzt sich seit langem für den Umweltschutz ein, unter anderem für den Schutz von Orang-Utans und bedrohten Tierarten.
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Im Interview spricht Jaenicke über die Bedeutung des Urteils, Umweltsünder in der Politik und die Bequemlichkeit der älteren Generation.
t-online: Herr Jaenicke, Sie hatten sich der Klimaklage angeschlossen. Gestern hat das Bundesverfassungsgericht in Ihrem Sinne geurteilt: Das Klimagesetz muss überarbeitet werden. Was sagen Sie zu der Entscheidung?
Hannes Jaenicke: Das kam völlig überraschend. Niemand von uns hat damit gerechnet, Bundesregierungs-Besieger zu werden. Es ist ein wegweisendes Urteil, für das man dankbar sein muss. Die Rechtsprechung war jahrzehntelang in Deutschland oft umweltfeindlich, das scheint eine Kehrtwende zu sein.
Was erwarten Sie jetzt von der Politik?
Das Urteil ist eine gesalzene Backpfeife für die CDU/CSU. Die redet gerne grün, macht aber das Gegenteil. Herr Altmaier, Frau Klöckner, Herr Scheuer und wie die Grünredner alle heißen – die können jetzt nicht mehr bremsen wie bisher, die müssen jetzt in die Puschen kommen.
CSU-Chef Markus Söder hat nach dem Urteil getwittert: Die Änderung des Klimagesetzes müsse man sofort anpacken. Die Union müsse jetzt Schrittmacher für mehr Klimaschutz sein. Halten Sie das für glaubwürdig?
Natürlich nicht! Grund für dieses Urteil ist das Versagen der Regierung, besonders der CDU/CSU. Die hat alles ausgebremst: den Ausbau der Windenergie, den Ausbau der Solarenergie. Es gibt kein Tempolimit auf den Autobahnen, keine Kerosinsteuer, der Kohleausstieg kommt viel zu spät. Die Union hat so ziemlich alles getan, um konsequenten Umweltschutz zu verhindern. Dass sie jetzt schnell auf den grünen Zug aufspringen will, hat lediglich damit zu tun, dass Frau Baerbock in den Umfragen vorne liegt.
Das Bundesverfassungsgericht hat besonders die Folgen für die junge Generation mit in Betracht gezogen. Was wünschen Sie sich von Ihrer Generation?
Ich gehöre zu der Generation, die so ziemlich alles versaut hat, was man versauen kann. Wir sollten mal den negativen Beigeschmack beim Wort "Verzicht" abschaffen. Wir sollten lieber "Genügsamkeit" praktizieren. Keine Partei außer den Grünen traut sich, ein Tempolimit vorzuschlagen oder eine Steuer auf SUVs, Kerosin oder Einwegplastik – das hat sehr viel mit meiner Generation zu tun und dem Unwillen, umzudenken. Ich kann nur hoffen, dass meine Generation in diesem Herbst intelligenter wählt als beim letzten Mal.
Eine explizite Wahlempfehlung also für die Grünen?
Wenn wir echt was ändern wollen, dann können wir mit Ministern wie Scheuer, Altmaier und Klöckner nicht weitermachen. Diese Lobbymarionetten sind ein Auslaufmodell.
Was, wenn die Grünen, wenn sie an der Regierung sind, nicht weniger anfällig für Lobbyismus sind?
Das wäre eine bittere Enttäuschung. Auch wenn mir klar ist, dass auch die Grünen um schmerzhafte Kompromisse nicht herumkommen werden.
- Telefonat mit Hannes Jaenicke