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Waldsterben: Rettung des deutschen Waldes – klimapolitisches Versagen


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Folgen der Klimakrise
Rettung des deutschen Waldes – es gibt keine Wunderbäume

MeinungEin Gastbeitrag von Harald Ebner (Die Grünen)

Aktualisiert am 02.08.2020Lesedauer: 3 Min.
Tote Fichtenbäume: Das Waldsterben wird durch die Klimakrise vorangetrieben.Vergrößern des Bildes
Tote Fichtenbäume: Das Waldsterben wird durch die Klimakrise vorangetrieben. (Quelle: Jochen Tack/imago-images-bilder)
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Das Waldsterben hat eine Fläche von der Größe des Saarlands gefordert. Dabei nehmen die Belastungen durch die Klimakrise noch zu. Es braucht neue Lösungen, meint Bundestagsabgeordneter Harald Ebner (Grüne) im Gastbeitrag für t-online.de

In Deutschland und Europa findet ein erneutes Waldsterben statt. Doch während Ende des zwanzigsten Jahrhunderts vor allem eine hohen Schadstoffbelastung den Bäumen zu schaffen machte, geht nun Wald aufgrund von Dürren, Waldbränden, vermehrten Unwettern und Borkenkäferbefall zugrunde. Der deutsche Wald ist den klimatischen Veränderungen durch die Klimakrise nicht gewachsen. Doch mit den richtigen Maßnahmen lässt sich der Waldbestand retten, schreibt Bundestagsabgeordneter Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) im Gastbeitrag für t-online.de.

Die Klimakrise trifft unsere Wälder massiv: Mehr als 245.000 Hektar sind verloren – eine Fläche fast so groß wie das Saarland! Laut Waldschadensbericht 2019 weist mehr als ein Drittel der noch lebenden Bäume einen deutlichen Verlust an Laub und Nadeln auf. Bis Jahresende werden 160 Millionen Kubikmetern Schadholz erwartet.

Diese Waldkrise zeigt die enorme Bedrohung der Klimakrise für unsere Lebensgrundlagen. Doch anders als bei der Corona-Pandemie versäumt die Bundesregierung beim Klimaschutz wirksames Handeln. Sie will die Hälfte der Braunkohle-Kraftwerke erst nach 2034 vom Netz nehmen, was sich bis 2038 hinzieht. Damit sind die Pariser Klimaziele Deutschlands nicht mehr einzuhalten.

Klimapolitisches Versagen

Auch bei Verkehr oder Landwirtschaft lassen wirksame Emissionsreduktionen auf sich warten. Dieses klimapolitische Versagen setzt Deutschlands Waldreichtum aufs Spiel. Da hilft es dann auch nicht, wenn Ministerin Klöckner als Retterin des Waldes auftritt, weil sie finanzielle Waldhilfen bereitgestellt hat. Geld kann die Versäumnisse beim Klimaschutz nicht heilen!

Neben längst überfälligem Klimaschutz ist auch eine Waldwende notwendig! Statt Altersklassenforstbeständen mit Nadelholzmonokulturen, die das Ökosystem Wald auf "Holzbodenfläche" reduzieren (Waldcharta der Bundesregierung), brauchen wir einen Waldumbau zu widerstandsfähigen, vielfältigen und reich strukturierten Wäldern.

Es gibt keine Wunderbäume

Weil der jahrzehntelang bewährte Brotbaum für schnellstmöglichen Waldumsatz und die Fichte unter den aktuellen und erst recht den kommenden Klimabedingungen nicht mehr funktionieren, setzen manche Waldeigentümer nun auf Baumarten aus Regionen außerhalb Europas, wie Douglasie, Küstentanne, Roteiche oder Libanonzeder. Doch es ist bislang wissenschaftlich ungeklärt, ob diese Exoten künftigen Klimabedingungen widerstehen können. Schon mehren sich Hinweise auf Trockenheits- und Pilzanfälligkeit der Douglasie. Genauso fraglich bleibt, ob diese Baumarten als Nahrung und Lebensraum für heimische Tierarten taugen.

Sinnvoller wäre es daher, das Anpassungspotential und genetische Variabilität heimischer Arten auch an ihren Arealgrenzen besser zu erforschen und die Eignung eng verwandter südeuropäischer Arten wie Flaum- und Steineiche zu testen. "Wunderbaumarten" wird es aber nicht geben.

Naturnahen Wald stärken

Es ist kein Zufall, dass Nadel-Monokulturen besonders stark von Waldschäden betroffen sind. Solche naturfernen Bestände bergen ein hohes Risiko für Borkenkäfer-Massenvermehrung und sind anfälliger für Bodenaustrocknung, schwere Waldbrände und Sturmwurf. Wir müssen Wälder daher als Ökosysteme begreifen, die es systematisch zu stärken gilt. Dazu gehören:

  • eine Vielfalt an Baumarten und Altersklassen
  • naturnahe Strukturen mit Alt- und Totholz
  • schonende Bewirtschaftung ohne Kahlschläge und ohne Bodenschäden aufgrund ungeeigneter Maschinen
  • und eine Reduktion schädlicher Stickstoffeinträge aus Verkehr und Landwirtschaft.

Eine Wiederbewaldung der riesigen Schadfläche allein per Pflanzung wäre aufwändig und teuer: Mindestens 1,2 Milliarden Euro würde das laut Zahlen der Bundesregierung kosten. Hinzu kommt eine hohe Vertrocknungsgefahr bei Setzlingen.

Die Alternative heißt Naturverjüngung. Voraussetzung dafür ist ein besseres Wildtiermanagement, um den bislang oft starken Verbiss von Jungbäumen (v.a. Laubbaumarten) in Folge überhöhter Wilddichten wirksam zu verhindern.

(Quelle: Chaperon)

Harald Ebner (56) ist Agraringenieur und Obmann der Grünen im Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft. Seit Jahren setzt er sich als Sprecher für Waldpolitik dafür ein, einen Umbau hin zu naturnahen, resistenteren Wäldern zu gestalten.

Bedenkliche "Waldhygiene"

Leider sind die aktuellen Waldhilfen der Bundesregierung nicht auf die zentralen waldökologischen Anforderungen ausgerichtet. Aktuell fließt das meiste Geld dafür, Schadholz aus den Wäldern zu räumen.

Doch angesichts des Ausmaßes an befallenen Bäumen ist es schon wegen unzureichender Personalkapazitäten illusorisch, durch konsequente "Waldhygiene" dem Problem Herr werden zu können.

Hinzu kommt: Kahlschläge und die Entnahme großer Holzmengen führen zu noch mehr Bodenaustrocknung und Hitzestress. Und kommenden Baumgenerationen fehlt auch die Biomasse als Speicher für Wasser und Nährstoffe. Paradoxerweise könnte die aktuelle Förderpolitik damit sogar zu einer langfristigen Schwächung der Waldökosysteme beitragen.

Wald- und Artenschutz müssen honoriert werden

Der massive Holzpreisverfall verwandelt den Wald von einer Sparbüchse zu einem Verlustgeschäft, weil die Einnahmen noch nicht einmal die Kosten decken. Wir brauchen daher Maßnahmen zur Holzmarktentlastung. Doch eine umfassende klimafreundliche Holzbaustrategie wird durch die Bundesregierung genauso verschleppt, wie neue Konzepte zur attraktiven Honorierung von Natur- und Artenschutzleistungen, was ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein für die Waldwirtschaft bilden könnte.

Wer einfach mit neuen Baumarten weitermachen will wie bisher und waldökologische Grundlagen ignoriert, sieht im wahrsten Sinne den Wald vor lauter Bäumen nicht. Statt fehlgeleiteter Förderung nach dem Gießkannenprinzip müssen Gelder gezielt in Maßnahmen zur Erhöhung der Widerstandskraft unserer Wälder fließen.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten spiegeln die Meinung des Autors wider und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online.de-Redaktion.

Verwendete Quellen
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