Meteorologin zu den Fluten in Spanien "Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen"
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Noch immer wird in einigen Regionen Spaniens vor Unwetter gewarnt. Meteorologin Michaela Koschak überrascht das nicht.
In Spanien sind laut dem Wetterdienst Aemet stellenweise mehr als 500 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Mindestens 62 Tote hat das Unwetter allein in der Region Valencia gefordert. Die Zahl der Opfer dürfte noch weiter steigen, so die Befürchtung der Rettungskräfte. Mehr dazu lesen Sie hier.
Bei diesen Regenmengen ist das nicht überraschend, meint die Meteorologin und t-online-Kolumnistin Michaela Koschak: "In Spanien sind in einigen Orten in 24 Stunden über 400 mm Regen vom Himmel gefallen." So viel falle hier normalerweise im gesamten Jahr. "Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen."
Grund sei ein vom Mittelmeer aufgezogenes Tiefdruckgebiet. Die Temperatur des Gewässers sei ein Problem: "Das hat eindeutig mit dem rekordwarmen Mittelmeer zu tun", so die Meteorologin. Es steige Wasserdampf auf, der dem Tiefdruckgebiet Energie liefere und es damit bestärke. Zudem habe es sich nicht groß fortbewegt, sondern sich immer an der gleichen Stelle gedreht. "Die Folgen sind zerstörerisch", erklärt Koschak.
Bereits in den Wochen zuvor habe es Norditalien und Frankreich getroffen, jetzt müsse Spanien dran glauben. Generell sei der Herbst "Saison der Unwettertiefs im Mittelmeerraum. Aber die Dimension, die diese Tiefdruckgebiete in diesem Jahr erreichen, ist neu und bisher noch nie dagewesen", sagt Koschak.
Unwetter wie in Spanien könnten zur Normalität werden
Es sei traurig zu sehen, dass die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels immer zahlreicher und heftiger werden. Zuletzt sei einer aktuellen Studie der Weltwetterorganisation zufolge der Anteil der CO2-Emissionen weiter gestiegen. Neben Wald- und Buschbränden seien eben auch heftige Mittelmeertiefs eine Folge. Dennoch nehme der Treibhausgasausstoß weiter zu und nicht ab. "Wo soll das noch enden? Unwetter wie jetzt in Spanien werden in Zukunft Normalität und werden extrem große Schäden anrichten." Dann drohen noch mehr Tote, warnt Koschak.
Immerhin eine positive Aussicht gebe es: "Das Tiefdruckgebiet über Spanien wird immer mehr an Kraft verlieren", so die Meteorologin. Spätestens am Wochenende werde es verschwunden sein. Folgen für Deutschland habe das Tiefdruckgebiet nicht: "Hier in Deutschland hat sich eine stabile Hochdruckwetterlage aufgebaut, das bedeutet ruhiges, überwiegend trockenes Wetter", sagt Koschak.
- E-Mail-Interview mit Michaela Koschak