Vorwurf der Täuschung Kalifornien verklagt weltgrößte Ölfirmen wegen Klimakrise
Kalifornien verklagt die größten Ölfirmen und will Geld für die Schäden des Klimawandels. Der Industrieverband sieht in der Klage eine Verschwendung von Steuergeldern.
Wegen Umweltschäden in Milliardenhöhe und dem Vorwurf der Irreführung hat der US-Bundesstaat Kalifornien fünf der weltgrößten Ölkonzerne verklagt. Wie aus Gerichtsdokumenten hervorgeht, reichte Kalifornien am Freitag Klage gegen die Unternehmen Exxon Mobil, Shell, BP, ConocoPhilips und Chevron sowie gegen den Industrieverband American Petroleum Institute (API) ein. Der Bundesstaat wirft ihnen vor, "aktiv Falschinformationen" zu den Risiken verbreitet zu haben, die mit dem Einsatz fossiler Energieträger verbunden sind.
"Mehr als 50 Jahre lang haben uns die Öl-Giganten belogen und die Tatsache verschleiert, dass sie schon seit langem wissen, wie gefährlich die von ihnen produzierten fossilen Energieträger für unseren Planeten sind", erklärte Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Sein Bundesstaat wolle "die großen Umweltverschmutzer nun zur Verantwortung ziehen".
Die Manager der Öl- und Gasunternehmen hätten "seit Jahrzehnten gewusst, dass eine Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu diesen katastrophalen Ergebnissen führen würde", heißt es in der bei Gericht in San Francisco eingereichten Klage. Dennoch hätten sie diese Informationen der Allgemeinheit und Politikern vorenthalten und jahrzehntelang "aktiv Falschinformationen zu dem Thema" verbreitet.
Verband weist Vorwürfe als "haltlos" zurück
Durch diese "Täuschung" habe die Gesellschaft erst mit Verspätung auf die Erderwärmung reagiert, heißt es in der 135-seitigen Klageschrift weiter. Damit habe das "Fehlverhalten" der Öl-Manager zu "enormen Kosten für die Menschen, Eigentum und natürliche Ressourcen" geführt.
"Indem sie den wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel herunterspielten und die Ungewissheit betonten, hofften die Beklagten, jegliche Regulierungsmaßnahmen zu verzögern (...)", wird den Ölkonzernen in den Gerichtsdokumenten weiter vorgeworfen.
Der Industrieverband API wies die Klage als "wertlos" und "politisiert" zurück. "Diese anhaltende, koordinierte Kampagne, wertlose, politisierte Prozesse gegen eine strategische amerikanische Industrie und ihre Arbeiter zu führen, ist nichts anderes als eine Ablenkung von wichtigen nationalen Themen und eine enorme Verschwendung von kalifornischen Steuergeldern", sagte Verbandssprecherin Andrea Woods der Nachrichtenagentur AFP.
Ein Sprecher von Shell erklärte, der Ölkonzern stimme darin überein, dass "nun wegen des Klimawandels gehandelt werden" müsse. Der Gerichtssaal sei dafür aber "nicht der richtige Ort".
Kalifornien will mit Geld Umweltschäden bezahlen
Kalifornien will mit seiner Klage die Einrichtung eines Fonds erreichen, mit dem die Kosten künftiger infolge des Klimawandels angerichteter Schäden in dem Bundesstaat – wie etwa durch Waldbrände und Überschwemmungen – gedeckt werden sollen.
Aktivisten bezeichneten die Klage als "Wendepunkt" im Kampf gegen die Ölkonzerne. Das Center for Climate Integrity mit Sitz in Washington erklärte, Kalifornien sei "nun die größte Volkswirtschaft und der erste große ölproduzierende Staat, der Ölunternehmen wegen ihres Klimabetrugs vor Gericht bringt".
Das Vorgehen Kaliforniens sei ein "unmissverständliches Zeichen, dass die Welle von Klimaklagen gegen die großen Ölkonzerne weiter wachsen wird und dass die Tage, in denen diese Verschmutzer sich der Verantwortung für ihre Lügen entziehen, gezählt sind", erklärte der Präsident der gemeinnützigen Organisation, Richard Wiles.
Vorbild sind Klagen gegen Tabakkonzerne
Die kalifornische Klage folgt zahlreichen anderen Verfahren, die von US-Städten, Landkreisen und Staaten gegen die Ölindustrie angestrengt wurden wegen der Folgen für das Klima sowie mutmaßlicher Desinformationskampagnen über Jahrzehnte hinweg.
Seit dem Beginn der aktuellen Welle von Umweltverfahren gegen Ölkonzerne um 2017 hat die Industrie versucht, Staatsprozesse mit verfahrenstechnischen Gründen zu verhindern. Diese Bemühungen erhielten im Mai einen Rückschlag, als der Oberste Gerichtshof der USA zwei Berufungsklagen zurückwies.
Vorbilder für die Klagen sind erfolgreiche Verfahren gegen die großen Tabakkonzerne sowie gegen die US-Pharmaindustrie im Zusammenhang mit der Opioid-Krise.
- Nachrichtenagentur afp