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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wohnen "Weiße Wände sind lebensfeindlich"
Manche Räume wirken einfach gemütlicher als andere - für Professor Axel Venn lässt sich dies direkt auf die Farben in der Umgebung zurückführen. So ist der Farbforscher überzeugt, dass weiße Wände sogar lebensfeindlich sind. Welche Farben in der Wohnung für bessere Stimmung sorgen.
Frage: Prof. Venn, warum läuft man auf dem berühmten roten Teppich schlecht?
Prof. Axel Venn: Weil er zu aufregend ist. Aber rote Böden regen nicht nur auf, sie irritieren den Menschen auch durch ihre Auffälligkeit. Noch schlechter läuft es sich übrigens auf Weiß und Hellgelb. Sie sind zu hell. Hier hat man das Gefühl, man hat kein Fundament unter den Füßen.
So wie der Himmel hell ist, aber der Boden, der uns trägt, dunkel?
Genau. Diese Farben haben also ein psychologisches Moment, das uns sagt: Wo bleibt das Fundament, wie werden wir darauf gehalten? Auf einem spiegelnden Boden haben wir unbewusst das gleiche Gefühl: Wir wissen nicht genau, wohin wir treten. Ein Beispiel: Wenn Sie in Frankfurt im Flughafen vom ersten in das zweite Terminal gehen und die Rolltreppe herunterfahren, dann schaut man auf einen dunklen, spiegelnden Boden. Ich beobachte dort immer wieder, dass die Menschen wie ein Seemann schwanken und Halt unter ihren Füßen suchen.
Warum beeinflussen Farben unser Sicherheitsgefühl und unser Wohlbefinden?
Farben haben viel zu tun mit sehr frühzeitlichen Grundlagen unseres Erfahrungswissens und auch mit anthropologischen Werten. Farben haben also Botschaften in sich, die angelernt sind. Das können ganz individuelle Erfahrungen aus der Kindheit sein oder etwas, was die ganze Menschheit betrifft.
Können Sie ein Beispiel geben?
Ein archaischer Moment der Erfahrung, den eigentlich alle Menschen haben: Rotes ist süß. Das wissen wir einfach. Grünes ist immer ein bisschen sauer. Und aus der Vergangenheit, als Frauen noch Früchte gesammelt haben, wissen wir: Nur die roten Früchte brachten Kalorien, die grünen kosteten Kalorien beim Verdauen. Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum Menschen rot so gerne mögen.
Aber Rot steht auch für Gefahr. Muss man also Nuancen unterscheiden?
Wir mögen etwa die Farben des Errötens. Das ist dieses sanfte Rot, das Pfirsichrot, weil wir das auch gewohnt sind aus der Kindheit. Weil das angenehm, weich und süß ist und das die Hautfarbe der Mütter ist, wenn wir in ihre Gesichter schauten.
Welche Töne der Farbpalette gehören denn grundsätzlich zu den Wohlfühlfarben?
Wohlfühlen hat etwas zu tun mit Geborgenheit und einer wärmenden Wahrnehmung. Ich habe das in vielen Tests bestätigt. Wir fühlen uns immer dort wohl, wo sanfte, wohlfühlende Klänge vorhanden sind. Die Lieblingsfarben der Menschen sind nie die dunklen Töne, sondern es sind immer die helleren Töne. Da spielt zwar auch Blau eine Rolle, aber sonst sind es zu 90 Prozent Pastellfarben, weil sie etwas Sonniges, Aufweckendes, Frühlingshaftes, Wärmendes haben. Was wir nicht mögen, sind die gleißenden, tiefen Blaus sowie Schwarz und die Brauns - Töne, auf denen wir eigentlich am Boden herumlaufen.
Haben Sie einen praktischen Tipp, wie ich meine persönliche Wohlfühlpalette finde, etwa um damit mein Wohnzimmer einzurichten?
Man nimmt einen Farbkasten, ein Blatt Papier und Pinsel. Man schließt kurz die Augen und sagt: Ich will mich wohlfühlen, wie sieht das also aus? Sie werden dann im Farbkasten niemals zu einem dunklen Braun, niemals zu einem Schwarz gelangen. Sie werden immer in die Heiterkeit von Blüten, von Frühling, von Sommer kommen.
Frauen wie Männer?
Ja, ich erlebe das immer so bei meinen Tests.
Wenn man sich nun umschaut in den Wohnungen, sieht man oft weiße Möbel, vor allem aber fast überall weiße Wände. Sie sagen aber, Weiß sei lebensfeindlich. Warum ist das so?
Genau, weiße Wände halte ich für falsch. Weiß schafft Distanz und keine gute Stimmung. Weiß ist lebensfeindlich. Ich bin der Meinung, wenn man bei Freunden eingeladen ist, die getrübte Grau-, Beige- oder Orangetöne haben und nur ab und zu mal einen helleren Ton, etwa an einer Wand, dann laufen Gespräche völlig anders ab. Deswegen machen wir zu Hause abends auch gerne Kerzenlicht und Kaminfeuer an, um eine freundlichere und komfortabler wirkende Umgebung zu haben, die zu Gesprächen einlädt. Weiß trägt vielleicht höchstens zum Austausch von Informationen bei. Und ich bin davon überzeugt, in drei, vier, fünf Jahren gibt es nur noch die Hälfte an Weiß an den Wänden als heute. Wenn überhaupt so viel.