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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Glücksbringer in Gefahr? Der heimische Marienkäfer wird verdrängt
Für viele Menschen sind sie niedliche Glücksbringer: Marienkäfer. Doch auf Baumrinden und in Mauerritzen tobt ein harter Verdrängungskampf. Eine erste Art ist schwer angeschlagen.
Im Frühjahr, wenn die Baumrinden warm werden und die Blätter sprießen, treten sie wieder vermehrt auf: Marienkäfer. Alleine in Deutschland gibt es rund 70 verschiedene Arten. Die bekannteste hierzulande ist der Siebenpunkt-Marienkäfer. Er ist rot-orange und zählt sieben schwarze Punkte auf seinem Rücken. Doch auch gelbe oder punktlose Marienkäfer gehören zu der heimischen Art. Sie werden allerdings zunehmend von den asiatischen Marienkäfern verdrängt. Eine Art, der Zweipunkt-Marienkäfer, ist allerdings kaum noch zu finden.
Langjähriger Verdrängungskampf
Die Seltenheit heimischer Marienkäferarten ist ein kritisches Phänomen. Noch in den Siebzigerjahren war der Zweipunkt-Marienkäfer (Adalia bipunctata) eine der häufigsten Arten in Deutschland. Sein starker Rückgang verweist auf einen harten Verdrängungskampf, der sich im Mikrokosmos der kleinen Krabbler vollzieht. Der Hauptgrund hierfür ist der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) oder auch Harlekin genannt. Er wurde in den Achtzigerjahren zur Schädlingsbekämpfung nach Europa gebracht, da er täglich die fünffache Menge an Blattläusen gegenüber eines heimischen Siebenpunkt-Marienkäfers (Coccinella septempunctata) vertilgen kann. Seither hat sich der Harlekin rasant vermehrt.
Warum ausgerechnet der Zweipunkt-Marienkäfer so stark unter dem asiatischen Einwanderer leidet, war den Forschern lange ein Rätsel. Zwar ist der Asiatische Marienkäfer größer und vermehrt sich schneller, doch diesen Vorteil hat er auch gegenüber anderen Arten. Mittlerweile weiß man: Für das große Sterben sind Parasiten verantwortlich, die der Asiate mitgebracht hat. Bereits die Larven des Käfers sind mit diesen schon stark infiziert. Allerdings verfügt die asiatische Art über einen natürlichen Schutzstoff gegen sie. Dem heimischen Zweipunkt-Marienkäfer fehlt dieser Schutz.
Warum ist der Zweipunkt-Marienkäfer noch gefährdet?
Zur einer Infektion des Zweipunkt-Marienkäfers kommt es in erster Linie durch seinen Appetit: Er frisst die Larven seines asiatischen Artverwandten, infiziert sich und stirbt. Verstärkt wird die Verdrängung dadurch, dass die asiatischen Käfer immer größerer Zahl vorhanden sind. Im Gegensatz zu den heimischen legt der Asiatische Marienkäfer nicht nur einmal im Jahr Eier, aus denen die Larven schlüpfen. Er produziert – je nach Höhe des Nahrungsangebots und den Witterungsbedingungen – bis zu neun Generationen pro Jahr.
Darüber hinaus können die Harlekin-Larven die des Zwei- oder Siebenpunkt-Marienkäfers ohne Probleme auffressen. Eine zusätzliche Gefahr für die heimische Art.
Harlekin-Schwärme in der Wohnung
Vor allem zwischen Oktober und November sind die Asiatischen Marienkäfer vermehrt zu sehen. Auf der Suche nach einem geeigneten Winterquartier drängen sie in Wohnungen ein. Vermeiden Sie beim Verdrängen dieser Art Stress für das Insekt. Andernfalls sondert es eine übel riechende Flüssigkeit ab. Sie enthält unter anderem Mikrosporide. Diese pilzähnlichen Einzeller befallen andere Insekten wie Parasiten.
Wenn der heimischen Käfer mit den zwei markanten Punkten keine Abwehr gegen die todbringenden Parasiten entwickelt, dürfte er aus Deutschland bald verschwunden sein. Wissenschaftlern und Naturschützern bleibt nur, das traurige Schicksal zu beobachten. Werner Schulze, Vorsitzender des Bundesfachausschusses Entomologie beim Naturschutzbund Deutschland (NABU), stellt ernüchtert fest: "Den Zweipunkt hat es wirklich hart getroffen. Derzeit sieht es nicht danach aus, dass sich sein Bestand erholt."
Zweipunkt-Marienkäfer kaum noch zu entdecken
Wenn Sie einen Zweipunkt-Marienkäfer sehen möchten, sollten Sie vor allem in Sümpfen auf Rohrkolben und Schilfen suchen. Der Siebenpunkt-Marienkäfer hält sich vor allem in Wäldern und bei Pflanzen mit einem hohen Schildlausbefall auf.
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Finden Sie im Winter eine der seltenen Zwei- oder Siebenpunkt-Marienkäfer in Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus, setzen Sie ihn am besten an einen kühlen, geschützten Ort – beispielsweise auf den Dachboden. Hier können sie sicher überwintern.
- Naturschutzbund
- Nachrichtenagentur dpa