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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Flucht ins Grüne Kleingärten sind in Zeiten von Corona gefragt
Frankfurt/Main (dpa) - Sattgrüne Bäume und blühende Pflanzen, dazu zwitschernde Vögel und selbstgeerntetes Gemüse: Die Kleingartenanlage "Am Schönhof" in Frankfurt-Bockenheim liegt zwar in unmittelbarer Nähe von Bahngleisen, Straßen und Häusern, aber dennoch haben sich die Pächter hier ihre eigene Oase geschaffen.
"Wir sind die glücklichsten Menschen unter dieser Sonne", sagt Rentner Bernd Amlung, der hier seit 14 Jahren gärtnert. "Wir sind mitten in der Stadt, aber dennoch im Grünen".
Große Nachfrage nach Parzellen
Vor allem jetzt, in Zeiten von Corona, sind Schrebergärten gefragt. Das öffentliche Leben ist über Wochen und Monate eingeschränkt, der Sommerurlaub fraglich. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach Parzellen vielerorts in die Höhe schnellt. "Die Bewerberzahl in den vergangenen Wochen sprengt jeden Rahmen. Das hatten wir noch nie", sagt der Vereinsvorsitzende André Knappe. Die Wartezeit für einen Garten am Schönhof betrage aktuell vier, fünf Jahre.
Der 46-Jährige sitzt an einem sonnigen Vormittag vor seiner Laube - und weiß sein Glück zu schätzen. Coronabedingt sei er gerade auf Kurzarbeit, da tue es schon sehr gut, das Grundstück zu haben. "Hier kann ich im Garten arbeiten und an der frischen Luft sein." Und um die Sommerferien müsse er sich keine Gedanken machen: "Ich kann auch hier wunderbar Urlaub machen." Aber natürlich fehle derzeit das Gesellige im Verein etwas. Immerhin ist der Spielplatz auf dem Gelände wieder geöffnet.
Lange Wartelisten in den Ballungszentren
Frankfurt bildet in Hessen die Hochburg der Kleingärtner. In der dicht besiedelten Stadt gibt es nach Angaben des Landesverbands 111 Vereine mit knapp 16.000 Mitgliedern. Hessenweit vertritt der Verband 313 Vereine mit etwa 35.000 Mitgliedern. Hinzu kommen Gärten, die über die Städte und Kommunen verpachtet werden.
"Die Kleingärten sind gerade in diesen Zeiten ein Fluchtpunkt", sagt Manuela Siedenschnur vom hessischen Städte- und Gemeindebund. Dabei habe es in vielen Kolonien schon vor Corona lange Wartelisten gegeben - besonders in den Ballungszentren.
Garten bringt viel Arbeit mit sich
"Die Vereine werden überrollt mit Anfragen. Das ist der Wahnsinn", sagt Ute Breitenbach von der Stadtgruppe der Kleingärtner in Frankfurt. Es stelle sich allerdings die Frage, ob alle Interessenten wirklich einen Schrebergarten suchten, oder einfach nur einen Platz im Grünen. "So ein Garten bringt viel Verantwortung mit sich und macht auch Arbeit", betont sie. Dessen sollten sich die Leute bewusst sein. So müsse ein Drittel der Fläche mit Nutzpflanzen - wie Obst und Gemüse - bewirtschaftet werden.
Wer erst einmal eine Parzelle ergattert hat, der gibt diese so schnell nicht wieder auf. Reinhold Six ist Betreiber eines Kleingartens in Kassel, den er 1977 mit seiner Frau übernommen hat. "Den werden wir erst dann abgeben, wenn wir nicht mehr können", sagt der 71-Jährige. In dem Garten seien seine Kinder groß geworden, später hätte dort die Enkeltochter gespielt und vielleicht kämen ja auch noch Urenkel.
Grillfeste sind tabu
In Zeiten von Corona ist aber auch das Leben im Kleingarten etwas anders. Natürlich könne man sich mit den Nachbarn auf Abstand unterhalten. Aber große Grillfeste, wie man sie früher kannte, seien derzeit tabu, sagt Six, der auch Vorsitzender des Landesverbands der Kleingärtner ist. Die Kommunen hätten vor einigen Wochen Kontrollen durchgeführt, "zum Teil auch, indem sie Drohnen über die Anlagen schicken." Da sei die Bratwurst schnell ganz schön teuer geworden.
Six räumt auch gleich mit einigen Klischees auf. "Das Gartenzwerg-Denken hängt uns noch immer nach, aber da sind wir inzwischen etwas weg von", betont er. Zudem gehe es in den Anlagen durchaus multikulturell zu: So liege in vielen Vereinen der Anteil von Mitgliedern mit Migrationshintergrund bei über 50 Prozent.
In der Frankfurter Anlage "Am Schönhof" sind hier und da noch ein paar Gartenzwerge zu sehen. Doch auch Knappe betont: "Die Pächter werden immer jünger, wir haben seit ein paar Jahren einen Generationswechsel." Junge Familien würden unter den Bewerbern bevorzugt. Viele wollten ihren Kindern die Natur näherbringen. Und einen kleinen Vorteil habe Corona und der damit verbundene Stillstand gebracht: "Wir haben hier in den Kleingärten definitiv mehr Vögel in diesem Jahr. Überall wird gezwitschert und gepiepst."