Gartenarbeit Diese Pflanzen lieben es kalt
Im Winter haben sich Beete, Pflanzen und auch der Gärtner ein wenig Ruhe verdient. Wer jedoch nicht ganz auf die Gartenpflege verzichten möchte, kann die kalte Jahreszeit dazu nutzen, die Neupflanzungen für das kommende Jahr zu planen. Denn nicht alle Pflanzen gönnen sich eine Winterpause. Viele beliebte Gartengewächse wie Veilchen, Krokus oder Glockenblume können im Winter gepflanzt werden. Die so genannten Kaltkeimer brauchen sogar die Kälte, damit ihre Samen keimen – zur Not muss der Kühlschrank als Gewächshaus herhalten. Unsere Foto-Show zeigt die schönsten Kaltkeimer.
Manche Pflanzen benötigen mehr als nur etwas Wasser, Sonne und Nährstoffe, um zu gedeihen. Statt in einem warmen Gewächshaus zu keimen, brauchen es Kaltkeimer es möglichst kühl, damit ihre Samen treiben. Klingt verrückt, ist aber nicht außergewöhnlich. Geläufige Wald- und Wiesenkräuter wie Bärlauch und Waldmeister, Veilchen, Glockenblumen und Mohn gehören ebenso zu den Kaltkeimern wie Iris, Lilien, Christrosen, Phlox-Arten, Edeldisteln und zahlreiche weitere Stauden, die vorzugsweise im Garten gepflanzt werden.
So funktioniert Kaltkeimung
Gemeinsam ist diesen Pflanzen: Sie sind in den Bergen oder anderen winterkalten Regionen beheimatet. Das Geheimnis der Kaltkeimer ist ihr Innenleben. "Ob und wann ein Samen keimt, hängt vom Wechselspiel zweier Hormone in seinem Inneren ab, nämlich von den wachstumsfördernden Gibberellinen und der wachstumshemmenden Abscisinsäure", erklärt Gerhard Leubner, Spezialist für Samenbiologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.
Diese beiden Hormone gibt es in allen Samen. Da sie aber von Umweltbedingungen gesteuert werden, reagieren sie in jedem Samen unterschiedlich. Bei Kaltkeimern ist der erste wichtige Umwelteinfluss die Feuchtigkeit. Nur wenn der Samen aufgequollen ist, reagiert er auf Einflussfaktor Nummer zwei, die Temperatur. "Kaltkeimer sind Pflanzen, die eine gewisse Kälteperiode mit Temperaturen zwischen minus vier und plus vier Grad benötigen", erläutert Gottfried Röll von der Bayerischen Gartenakademie in Veitshöchheim.
Kommen beide Reize zusammen, produziert der Samen verstärkt Gibberelline und baut Abscisinsäure ab. "Die Wachstumshormone bewirken, dass das Embryo im Samen wächst und zugleich die dicke Samenhülle weicher wird, so dass das Embryo schließlich die Hülle durchbricht", beschreibt der Biologe Leubner den Vorgang. Die Natur hat die Samen damit so programmiert, dass sie nicht zu früh keimen und erfrieren könnten.
Kaltkeimer im Garten
Mit ein wenig Fingerspitzengefühl kann sich jeder Hobbygärtner den Mechanismus für den eigenen Garten zunutze machen. "Für den Hobbygärtner sind vor allem die Stauden interessant. Bekannte Beispiele sind etwa Astern, Glockenblumen oder Himmelschlüsselchen", führt Röll weiter aus. "Auf Samentütchen steht im Allgemeinen drauf, welche Samen Kaltkeimer sind", fügt Peter Botz, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Garten-Center in Grafschaft-Ringen, hinzu.
Konstante Wachstumsbedingungen
Theoretisch funktioniert die Kaltkeimung unter freiem Himmel – doch dort warten hungrige Vögel auf körniges Winterfutter. Zudem lassen sich die Wachstumsbedingungen nur schwer konstant halten. "Wer auf Nummer sicher gehen möchte, braucht einen Platz, wo die Temperaturschwankungen nicht zu groß sind und sich die Feuchtigkeit gut kontrollieren lässt", erläutert Botz. Ideal seien ein Frühbeet oder ein Kleingewächshaus. Hilfreich ist auch dort ein Schutz gegen Vögel oder Mäuse – zum Beispiel ein engmaschiger Draht.
"Die Samen sollten möglichst rasch nach der Ernte auf gutem Vermehrungssubstrat ausgesät werden", betont Röll. Anzuchterde hat den Vorteil, dass sie nährstoffarm und fein ist. Damit die Aussaat nicht austrocknet, wird sie dünn mit Substrat bedeckt und dann so angegossen, dass sie durchdringend feucht ist.
Kühlschrank statt Beet
Wenn draußen bereits Frost herrscht, ist es zum Aussäen dort zu spät. Der Samen kann nicht mehr ausreichend aufquellen. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Das Saatgut wird in Schalen gegeben, gut befeuchtet und quillt im Warmen zwei Wochen auf, bevor es nach draußen kommt. Oder die Saatschalen kommen in den Kühlschrank, keinesfalls jedoch in den Gefrierschrank.
Wie lange der Kältereiz auf die Samen wirken sollte, hängt von der Pflanzenart ab. "Mal reichen zwei bis drei Wochen, mal müssen es vier Monate sein", sagt Röll. Botz ergänzt: "Viele Pflanzen reagieren auf Temperatursummen." Die Hormonveränderung setzt also ein, wenn die zusammengerechneten negativen Werte über eine Zeit eine bestimmte Summe erreicht haben.
Pflege nach der Keimung
Manche Arten, zum Beispiel Iris oder Pfingstrosen, brauchen zur Keimung sogar mehrere Jahre. Und auch bei anderen kann es vorkommen, dass der Samen erst im folgenden Frühjahr keimt. In der Regel recken die Keimlinge aber die Köpfe, wenn es nach Winterende langsam wärmer wird. Optimal sind Temperaturen zwischen fünf und zwölf Grad. Ab diesem Zeitpunkt werden sie genauso behandelt wie andere Jungpflanzen aus eigener Züchtung auch: Wenn sie etwas größer werden und sich gegenseitig den Platz streitig machen, werden sie vereinzelt.
Sobald der Boden offen ist, können die Jungpflanzen an Ort und Stelle gesetzt werden. "Wer jedoch kräftige Gewächse haben möchte, kultiviert sie im Topf weiter und pflanzt sie erst im Frühherbst ins Beet", empfiehlt Gartenexperte Röll. In unserer Foto-Show finden Sie eine Übersicht der schönsten Kaltkeimer für Ihren Garten.