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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Energie Grauwasser-Anlage sammelt und nutzt verbrauchtes Trinkwasser
Rund 120 Liter Trinkwasser verbraucht jeder Deutsche durchschnittlich pro Tag. Der größte Teil davon wird nicht etwa getrunken oder für die Zubereitung von Lebensmitteln, sondern für die tägliche Körperpflege verwendet. Solches nur leicht verschmutztes Wasser – auch Grauwasser genannt – muss nicht als Abwasser in der Kanalisation landen. Eine Grauwasser-Anlage bereitet es wieder auf und macht es im Haushalt für Toilette, Waschmaschine oder für den Garten nutzbar. So werde der Wasserverbrauch um bis zu 50 Prozent gesenkt, schwärmen Befürworter. Doch lohnt sich eine Grauwasser-Anlage für Hausbesitzer überhaupt?
"Grauwasser gewinnt an Bedeutung. Denn damit lässt sich nicht nur viel Wasser, sondern auch viel Energie einsparen", schwärmt Erwin Nolde von der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung in Darmstadt. Als Grauwasser wird das häusliche Abwasser bezeichnet, das frei von Fäkalien ist – so zum Beispiel Dusch- und Badewasser, aber auch stärker verschmutzte Abflüsse aus der Waschmaschine oder der Küche.
Grauwasser-Anlage reduziert den Trinkwasserverbrauch
"In einem wassersparenden Haushalt entstehen täglich etwa 30 bis 55 Liter Grauwasser pro Person", rechnet Nolde vor. Wird es gesammelt und aufbereitet für die Toilettenspülung, Gartenbewässerung oder auch in der Waschmaschine wiederverwendet, lässt sich der Trinkwasserverbrauch entsprechend reduzieren.
Dafür benötigen die Anlagen ein separates Leitungsnetz zur Erfassung und Verteilung des Grauwassers. Denn auch wenn das verbrauchte Wasser durch die Anlage biologisch gereinigt und mit UV-Licht desinfiziert wird und äußerlich klar, sauber und geruchsneutral ist, hat es keine Trinkwasserqualität. Grau- und Trinkwasser dürfen nicht mit einander in Berührung kommen. Grauwasser darf auch nicht zum Kochen, Spülen, Duschen oder Baden verwendet werden. In Mietwohnungen müssen Wasserhähne für Grauwasser vom Vermieter entsprechend gekennzeichnet werden.
Kosten und Nutzen einer Grauwasser-Anlage
"Sinnvollerweise plant man eine Grauwasser-Anlage gleich beim Neubau oder im Zuge einer umfangreichen Sanierung ein", empfiehlt Nolde. Ein Nachrüsten bestehender Gebäude mit dem notwendigen zusätzlichen Leitungsnetz wäre so aufwendig, dass es sich wirtschaftlich schlicht nicht lohne. Nach Einschätzung der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung rentiert sich der Einbau einer Grauwasseranlage vor allem in Mehrfamilienhäusern. Es gibt sie aber auch für kleinere Häuser, wo die Anlage sich allerdings nicht so schnell amortisiert, weil einfach weniger Grauwasser anfällt.
"Ganz grob kann man im Ein- und Zweifamilienhaus mit Kosten von etwa 5000 Euro rechnen", erklärt Frank Ebisch, Pressesprecher des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), im Gespräch mit zuhause.de. Geht man von einer Wasserersparnis von 45 Litern pro Person und Tag aus, würde ein Vier-Personen-Haushalt durch eine Grauwasser-Anlage Wasser- und Abwasserkosten für 65,7 Kubikmeter Trinkwasser einsparen. Die Gebühren sind in Deutschland regional sehr unterschiedlich. Im Bundesdurchschnitt ergäbe sich daraus eine Kostenersparnis von knapp 270 Euro pro Jahr. Blieben die Wasserkosten unverändert, hätten sich die Mehrkosten also nach knapp 19 Jahren amortisiert, wenn man den zusätzlichen Wartungsaufwand für das zweite Leitungsnetz nicht mit einrechnet.
Grauwasser-Anlage mit Wärmerückgewinnung
Noch besser werde die Kosten-/Nutzen-Bilanz laut Nolde, wenn die Grauwasser-Anlage mit einer Wärmerückgewinnung kombiniert. Dann nutzt sie die Wärme des gesammelten verbrauchten Wassers zum Vorheizen des Trinkwassers. Für die Aufbereitung von 1000 Liter Grauwasser werden etwa 1,5 Kilowattstunden Energie benötigt. Aus dem warmen Wasser lassen sich aber 10 bis 15 Kilowattstunden rückgewinnen. Damit hat man eine energiepositive Kläranlage im Keller.
Bis zu 20 Prozent der Energiekosten für die Warmwasserbereitung ließen sich so einsparen, bewirbt etwa Hersteller Hansgrohe seine Grauwasser-Anlage mit Wärmerückgewinnung. Auch der Schwarzwälder Bad- und Sanitärhersteller sieht den Haupteinsatzzweck aber in größeren Wohnanlagen, wo viel Dusch- und Badewasser anfällt.
Kosten und Nutzen im individuellen Fall genau durchrechnen
Trotzdem mahnen Experten und Bauherrenschützer zur Sorgfalt, wenn es darum geht, die Kosten und den wirtschaftlichen Nutzen gegeneinander abzuwägen. "Da die Technik noch neu und deshalb relativ teuer ist, müssen private Bauherren momentan noch genau rechnen, ob das für sie sinnvoll ist", mahnt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren. Nach ihrer Erfahrung entscheiden sich bisher nur sehr engagierte, umweltbewusste Häuslebauer dafür. Auch ZVSHK-Sprecher Ebisch betont, dass die Installationskosten von Fall zu Fall unterschiedlich sein können. Ebenso ist die Menge des anfallenden Grauwassers und damit das Sparpotenzial natürlich von Haushalt zu Haushalt unterschiedlich.
Wer sich für eine Grauwasseranlage interessiert, wendet sich am besten an seinen Sanitärfachbetrieb. "Der macht sich ein Bild über die Leitungssysteme und von den anfallenden Wassermengen im Haushalt", erläutert Andreas Braun vom ZVSHK. Anhand dieser Informationen kann der Fachmann einschätzen, ob und wie schnell sich eine Grauwasser-Anlage lohnt und kann zusammen mit deren Hersteller die Anlage einpassen. "Insgesamt ist eine Grauwasseranlage derzeit meist noch ein Projekt für Idealisten, die natürliche Ressourcen nicht verschwenden wollen", gibt sich auch Sanitärexperte Braun vom wirtschaftlichen Nutzen der Anlagen nicht hundertprozentig überzeugt.
Wasser sparen ist nur sinnvoll, wenn es sich wirtschaftlich rentiert
Der ökologische Nutzen des Wassersparens ist hierzulande allerdings fragwürdig. Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) werden nur 17 Prozent des zur Verfügung stehenden Trinkwassers verbraucht. Die öffentlichen Leitungen müssen deshalb regelmäßig mit Trinkwasser gespült werden, damit sie trotz der geringen Auslastung hygienisch einwandfrei bleiben. Wasser sparen kann aus wirtschaftlichen Gründen durchaus sinnvoll sein – vor allem bei warmem Wasser lohnt sich das. Rentiert es sich wirtschaftlich aber nicht, trägt ein geringerer Verbrauch lediglich dazu bei, dass die Leitungen häufiger gespült werden müssen.