Wann denn nun? Den besten Zeitpunkt für den Gehölzschnitt finden
Berlin (dpa/tmn) - Die einen tun es noch im Herbst, die anderen im Winter. Mancher schwört auch auf das Frühjahr: Es geht um den Schnitt von Gehölzen. Der richtige Zeitpunkt scheint also nicht gesetzt zu sein. Und nun? Schauen wir doch mal, was für Ihre Pflanzen und Bedürfnisse das Richtige ist.
Zunächst gibt es klare gesetzliche Vorgaben. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist es nur von Anfang Oktober bis Ende Februar erlaubt, Hecken, lebende Zäune und andere Gehölze zu schneiden und auf den Stock zu setzen. In den übrigen Monaten sind nur schonende Form- und Pflegeschnitte zulässig.
Baumschulgärtner und Landschaftsarchitekt Christof Sandt empfiehlt erst, die Wintermonate zu nutzen. "Im Grunde kann man Gehölze das ganze Jahr hindurch schneiden, ohne dass die Pflanze stirbt. Die beste Zeit für den umfassenden Gehölzschnitt ist aber die Vegetationsruhe von November bis März."
Anders sieht das Baumschulgärtner und Gartenbau-Ingenieur Hansjörg Haas: "Ich vermeide einen Schnitt von Oktober bis Januar, da die Pflanzen in der Ruhephase sind und Schnittwunden bei tiefem Frost zurücktrocknen. Gerade bei Rosen können so Frostschäden entstehen - und dann haben sie keine ruhigen Reserveknospen mehr für einen Neuaustrieb."
Haas lichtet zunächst Obstbäume, Beerensträucher und Sommerblüher wie Rosen und Clematis. Ab März folgen empfindliche Gehölze wie Hibiskus, Sommerflieder und Mönchspfeffer sowie Halbsträucher wie Lavendel und Thymian. Im Sommer sind schnittempfindliche Gehölze dran, etwa die Mehrzahl der japanischen Zierahornarten, Aprikose und Pfirsich.
Warum man Hecken nicht zum Winterende schneidet
Wann geschnitten wird, hat auch Einfluss auf die Entwicklung der Pflanze. "Im Sommer schneiden wir zur Beruhigung, im Frühjahr zur Anregung und Pflege", erklärt Haas. Wer also Hecken im ausgehenden Winter schneidet, um sie klein zu halten, bewirke damit oftmals das Gegenteil und fördere das Wachstum, so der Baumschulgärtner.
Bei Frühjahrs- und Sommerblühern wie Ranunkelstrauch und Lavendel hat ein leichter Schnitt nach dem ersten Flor einen ähnlichen Effekt. "Je eher ich nach der Blüte schneide, umso mehr Zeit hat die Pflanze für weiteres Wachstum und neue Blütenansätze", sagt Haas.
Dass Sträucher und Bäume überhaupt geschnitten werden, hat unterschiedliche Gründe. Etwa zur Absicherung, dass nichts abbricht und jemanden verletzt - diese sogenannte Verkehrssicherung ist Pflicht für Gartenbesitzer. Und mit einem Schnitt kann man auch die Entwicklung vieler Blüten und reichlich süßer Früchte fördern.
Sonst eigentlich gar nicht nötig - oder?
Aber: "Doch dass Gehölze überhaupt geschnitten werden müssen, ist ein riesiger Irrglaube. In der Natur gibt es niemanden, der das tut, und trotzdem geht es ihnen gut", so Sandt. "Mit Zierkirsche, Magnolie, Ahorn und vielen anderen gibt es eine große Zahl von Gehölzen mit Solistenqualität, die überhaupt nicht geschnitten werden sollten."
Überhaupt ist der Baumschulgärtner der Ansicht: Weniger ist mehr. "Wenn Sie also einen schönen Baum mit Wow-Effekt im Garten haben wollen, dann dürfen Sie ihn nicht verprügeln", sagt Sandt. "Sondern müssen schlicht nichts machen."
Auch würden beide Experten - weder Haas noch Sandt - einfach so die Schere ansetzen: "Bei jedem Schnitt müssen wir ein konkretes Ziel vor Augen haben: Wenn wir möglichst große süße Äpfel ernten wollen, müssen wir den Baum so auslichten, dass die Früchte mehr Licht bekommen", erklärt Sandt.
Sein Tipp: "Gehen Sie vor dem Schnitt einen Schritt zurück und erfassen Sie in Ruhe die ganze Pflanze. Manchmal hilft es schon, einen dicken Ast herauszunehmen, damit die Krone lichter wird. Arbeiten Sie von groß nach klein."
Und selbst bei Hecken und Strukturgehölzen wie Japanischer Ahorn und Mahonie rät Haas dazu, die Sträucher nicht in eine bestimmte Optik zu zwingen, sondern dem natürlichen Habitus zu folgen. "So kann sich die Pflanze dicht verzweigen und fällt auch bei zu viel Schneedruck nicht auseinander", so der Garteningenieur.