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Corona: Wo es bereits jetzt keine Intensivbetten mehr gibt


Zu viele Corona-Patienten
In diesen Landkreisen gibt es keine Intensivbetten mehr


Aktualisiert am 18.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Transport von Covid-Patienten: Ist eine Klinik überfüllt, werden Patienten verlegt, oft viele Kilometer weit entfernt.Vergrößern des Bildes
Transport von Covid-Patienten: Ist eine Klinik überfüllt, werden Patienten verlegt, oft viele Kilometer weit entfernt. (Quelle: imagebroker/imago-images-bilder)

Seit Monaten warnen Experten vor einer Überlastung des Gesundheitssystems, jetzt wird sie in vielen Regionen bittere Wahrheit. In den ersten Kliniken gibt es bereits jetzt keine freien Betten mehr. Was bedeutet das?

Während die Corona-Infektionszahlen so hoch sind wie noch nie zuvor in der Pandemie in Deutschland, steigen auch die Zahlen der Covid-Intensivpatienten unaufhörlich. Und während es weniger Pflegekräfte und somit mehr gesperrte Intensivbetten gibt, ist die Zahl der Intensivpatienten bald wieder so hoch wie zum Höhepunkt der vergangenen Corona-Wellen. Erste Kliniken sagen geplante Operationen ab, andere vermelden bereits jetzt, dass kein einziges Bett mehr frei ist.

Wo ist die Lage besonders schlimm? Was passiert, wenn kein Intensivbett mehr verfügbar ist? Droht auch in Deutschland eine Triage? Ein Überblick mit den wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie ist die aktuelle Lage insgesamt auf den Intensivstationen?

Die Gesamtzahl der Corona-Patienten auf Intensivstation ist mit rund 3.400 derzeit noch deutlich niedriger als auf dem Höhepunkt der zweiten (rund 5.700) und dritten (rund 5.100) Welle. Das zeigen aktuelle Zahlen der Interdisziplinären Vereinigung der Intensiv- und Notfallmediziner (Divi) Allerdings gibt es wegen Personalmangels weniger betreibbare Betten als vor einem Jahr.

Von insgesamt rund 22.000 verfügbaren Intensivbetten sind aktuell nur noch rund 2.400 Betten frei, das sind bereits 100 weniger als am Vortag. Bei den Kindern sieht es noch dramatischer aus: Von insgesamt nur knapp 2.800 Betten sind aktuell lediglich 738 frei. Das ist vor allem deshalb tragisch, weil viele Kinder aktuell zwar nicht so schwer von Covid-19 betroffen sind, dafür aber Grippe, RS-Viren und andere Krankheiten um sich greifen, die im vergangenen Jahr wegen der Corona-Maßnahmen eingedämmt waren.

Regional verteilen sich die freien Intensivbetten noch recht unterschiedlich, wie in der folgenden Grafik zu erkennen ist. Demnach ist die Lage aktuell in Bremen, Berlin, Hessen und Bayern am kritischsten.

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Zur Einordnung: Laut Divi sind 15 Prozent freie Betten "regional in einzelnen Intensivbereichen zu bestimmten Zeitpunkten nichts Ungewöhnliches". Problematisch werde jedoch ein freier Bettenanteil von unter 15 Prozent oder sogar unter zehn Prozent. "Insbesondere wenn dies in mehreren Regionen und Häusern gehäuft und über längere Zeiträume auftritt. Standardmäßige Verlegungsmöglichkeiten, die manchmal als Puffer dienen können, sind dann in aller Regel aufgrund vieler schwerer Fälle oft nur noch sehr eingeschränkt möglich."

Betrachtet man zudem die Verteilung der Covid-Patienten in Bezug auf die Gesamtzahl der Intensivbetten, zeigt sich in der folgenden Grafik, dass mit einem Anteil von fast 30 Prozent die meisten Covid-Patienten in Sachsen, Thüringen und Bayern auf den Intensivstationen liegen.

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Welche Regionen sind besonders betroffen?

Noch dramatischer zeigen sich die Zahlen, wenn der Blick auf die einzelnen Landkreise und Städte fällt. In etwa 100 von rund 400 Landkreisen und Städten in Deutschland gibt es derzeit maximal noch ein freies Intensivbett für Erwachsene. In etwa 50 Kreisen sind sogar alle Betten belegt, besonders häufig in Bayern und Baden-Württemberg.

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Zu den Landkreisen, in denen kein einziges Bett mehr frei ist oder nur noch ein einzelnes, zählen häufig auch Kreise, die direkt nebeneinanderliegen, sodass eine regionale Verlegung von Patienten schwierig wird. So beispielsweise in Sachsen-Anhalt in Salzlandkreis, Börde und Landkreis Salzwedel oder auch in Bayern in Rottal-Inn, Passau und Freyung-Grafenau. Die Rottal-Inn-Kliniken haben sogar einen dramatischen Appell an Pfleger und Ärzte gerichtet, in dem sie "dringend Unterstützung" suchen, "um die Patientenversorgung weiter aufrechterhalten zu können". Wer unterstützen kann, soll sich bei den Kliniken melden.

Und während es insgesamt im Norden zwar etwas besser aussieht als im Süden des Landes, gibt es auch in Schleswig-Holstein und Niedersachsen Landkreise, in denen kein einziges Bett mehr frei ist. Dazu zählen beispielsweise Plön (Schleswig-Holstein), Oldenburg (Niedersachsen) oder auch Nienburg. Auch im Westen sind einige Landkreise betroffen. Darunter Viersen, Heinsberg und Euskirchen.

Aber: Besonders betroffen bleibt der Süden des Landes. Das bekräftigt auch der wissenschaftliche Leiter der Divi, Dr. Christian Karagiannidis, auf Twitter: "In Baden-Württemberg melden uns noch sieben Krankenhäuser, dass sie im High-Care-Intensivbereich grün und damit voll aufnahmefähig sind. Fast 80 Prozent sind rot."

Was passiert, wenn eine Klinik keine Betten mehr frei hat?

Dann greift das sogenannte "Kleeblatt-Prinzip". Mit dieser Vorgehensweise soll sichergestellt werden, dass für jeden Intensivpatienten schnell ein freies Bett gefunden werden kann – entweder in einer anderen Stadt oder sogar in einem anderen Bundesland.


So kann es passieren, dass ein Corona-Patient viele Kilometer entfernt von seinem Zuhause, seiner Familie und seinen Freunden behandelt werden muss. Zu der ohnehin schwierigen Situation kommt dann noch die Entfernung.

Droht uns in Deutschland jetzt eine Triage?

Seit Beginn der Corona-Pandemie flammt immer wieder die Sorge vor einer Triage auf, also der Entscheidung, welche Menschen (zuerst) behandelt werden können und welche ihrem Schicksal überlassen werden müssen. In vielen Ländern kam während einer Corona-Welle bereits das Gesundheitssystem derart an seine Grenzen, dass nicht mehr alle Patienten behandelt werden konnten.

Divi-Präsident Gernot Marx spricht bereits jetzt auch in Deutschland von einer "echten Notsituation" der Kliniken. Die Lage sei in vielen Kliniken "sehr, sehr angespannt", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Trotzdem befürchte er keine Triage.

Ärzte in München hingegen warnen laut "Berliner Morgenpost" jetzt vor einer Triage: "Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird", zitiert die Zeitung Axel Fischer, den Geschäftsführer der München Klinik, könne eine Triage-Situation binnen weniger Wochen notwendig werden. Grund dafür seien unter anderem die höhere Infektiosität der Delta-Variante, aber auch die nachlassende Immunisierung bei den zuerst Geimpften und die niedrige Impfquote der Gesamtbevölkerung.

Auch Stefan Kluge von der Divi warnte: "Ich habe insofern große Sorge davor, dass wir in eine Art auch latente Triage reinkommen. Dass wir dann wirklich genau schauen, wen können wir noch in welches Krankenhaus verlegen und wen können wir aufnehmen", sagte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Divi-Intensivregister
  • Divi-Tagesreport vom 18. November 2021
  • Twitter-Profil Christian Karagiannidis
  • Aufruf Rottal-Inn-Kliniken
  • Neue Osnabrücker Zeitung, Interview Gernot Marx (Divi)
  • Berliner Morgenpost: "Corona-Winter: Was das Triage-System in Kliniken bedeutet", 17. November 2021.
  • Nachrichtenagentur dpa
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