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R-Wert und Corona-Krise: Warum spielt diese Zahl gerade eine so große Rolle?


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Corona-Infektionen
Warum ist der R-Wert gerade jetzt so wichtig?


09.02.2021Lesedauer: 3 Min.
In ganz Deutschland werden Menschen gegen SARS-CoV-2 geimpft: Die Impfungen sollen zu weniger Ansteckungen und einem niedrigeren R-Wert führen.Vergrößern des Bildes
In ganz Deutschland werden Menschen gegen SARS-CoV-2 geimpft: Die Impfungen sollen zu weniger Ansteckungen und einem niedrigeren R-Wert führen. (Quelle: Future Image/imago-images-bilder)
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Bereits seit Frühjahr 2020 spielt der R-Wert eine wichtige Rolle bei der Frage nach Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Aktuell tragen aber noch andere Faktoren dazu bei, dass diese kleine Zahl ganz genau betrachtet wird.

Inzidenzen, Todeszahlen, tägliche Neuinfektionen: Seit fast einem Jahr fokussiert sich Deutschland bei den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie auf viele Zahlen. Eine wichtige Größe ist auch die Reproduktionszahl, der sogenannte R-Wert. Doch was bedeutet diese Zahl und warum kommt ihr aktuell eine noch größere Bedeutung zu?

Was ist der R-Wert?

Die Reproduktionszahl R bedeutet grundsätzlich den Durchschnitt der Personen, die von einem Corona-Fall angesteckt werden. Liegt R also bei genau 1, steckt im Schnitt jeder Corona-Infizierte eine weitere Person an.

Anhand dieser wichtigen Zahl lässt sich unter anderem errechnen, wann unser Gesundheitssystem möglicherweise mit zu vielen Covid-19-Patienten überlastet wäre. Dabei wird die Zahl der potenziell Neuinfizierten der Zahl der vorhandenen Kapazitäten in Krankenhäusern und auf Intensivstationen gegenübergestellt.

Wie hoch ist der R-Wert aktuell?

Der 7-Tage-R-Wert liegt laut dem Situationsbericht des Robert Koch-Instituts (Stand: 9. Februar 2021) aktuell bei 0,89. Aufgrund der nach wie vor hohen Zahl an infizierten Personen in Deutschland bedeutet dies laut RKI jedoch "trotz sinkender Neuinfektionen eine weiterhin hohe Zahl von täglichen Neuinfektionen".

Wie wird er berechnet?

Der R-Wert entsteht weniger durch Berechnungen als durch eine Schätzung. Diese Schätzung der Reproduktionszahl basiert auf dem sogenannten "Nowcasting". Das ist laut RKI ein statistisches Verfahren, das darstellt, wie sich die Fallzahlen nach Erkrankungsbeginn entwickeln und prognostiziert, wie sie sich die letzten Tage darstellen. Diese Prognose ist relativ unsicher, meist werden Werte vom Beginn einer Woche zum Ende der Woche nach oben korrigiert.

Wichtig ist, dass der R-Wert sich immer auf einen Zeitraum von mehreren Tagen in der Vergangenheit bezieht. Schwankt die Reproduktionszahl um 1, stagniert auch das Infektionsgeschehen, steigt die Zahl über 1, nehmen auch die Neuinfektionszahlen wieder zu.

Warum ist der R-Wert gerade so wichtig?

Während es zu Beginn der Pandemie immer galt, die Reproduktionszahl unter 1 zu halten, um Lockerungen der Corona-Maßnahmen durchführen zu können, warnen Virologen mittlerweile davor, sich zu sehr auf sinkende Zahlen zu verlassen und die Entwicklungen beruhigend wahrzunehmen.

Denn anders als zu Beginn der Krise gibt es mittlerweile auch Corona-Mutationen, die sich auch in Deutschland ausbreiten. Momentan sollen etwa sechs Prozent der Neuinfektionen durch die Virusvarianten ausgelöst worden sein. Da diese jedoch deutlich ansteckender sein sollen als das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus, könnten sie auch einen Einfluss auf den R-Wert nehmen und sich deutlich schneller in Deutschland ausbreiten.

Welchen Einfluss haben die Corona-Mutationen auf den R-Wert?

Die Corona-Mutation ist deutlich ansteckender als die Ursprungsform des Coronavirus. Das haben britische Wissenschaftler herausgefunden, wie BBC berichtet. Sie könnte den R-Wert – also die Reproduktionszahl R, die beschreibt, wie viele Menschen eine infizierte Person im Mittel ansteckt – um 0,4 bis zu 0,7 erhöhen. Das würde aktuell einen R-Wert zwischen 1,3 und 1,6 bedeuten, diese Reproduktionszahlen hätten einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der Neuinfektionen.


Zunächst war angenommen worden, dass die Corona-Mutation sich in Großbritannien vor allem bei unter 20-Jährigen besonders schnell verbreitet habe. Neue Erkenntnisse gehen aber davon aus, dass die neue Corona-Variante sich in allen Altersgruppen gleich schnell überträgt.

Wann könnten wir auf Lockerungen hoffen?

Dazu erklärt die Virologin Melanie Brinkmann in einem Interview mit dem "Spiegel" vom 5. Februar: "Die Politik wird garantiert nicht lockern können, ohne einen Schub an Neuinfektionen zu riskieren. Bis dahin liegen auch bessere Zahlen auf dem Tisch, wie sehr die Virusvarianten in Deutschland verbreitet sind. Die Kurve steigt stark an. Ob die England-Mutante nun um 30 oder 50 Prozent infektiöser ist, sei mal dahingestellt. Aber selbst bei nur 30 Prozent haben wir eigentlich eine ganz neue Pandemie, draufgesattelt auf die bisherige."

Und auch Thorsten Lehr, Professor für Klinische Pharmazie und Schöpfer des Covid-19-Simulators warnte im Gespräch mit t-online: "Wir dürfen uns nicht auf einen einzelnen Wert fixieren", viel mehr müssten Sieben-Tage-Inzidenz und R-Wert gemeinsam im Blick behalten werden. "Letztendlich sind beide Faktoren nicht unabhängig zu betrachten." Lehr betont weiter: "Wenn die Inzidenz niedrig ist, können Sie das Cluster durch Kontaktnachverfolgung auflösen. Sobald es in die Fläche streut und Kontaktverfolgung nicht mehr funktioniert, läuft es aus dem Ruder und genau das haben wir Ende September gesehen. Dort hätte man viel früher eingreifen müssen."

Er erklärt, es müsse eigentlich schon bei Inzidenzen von nur fünf oder zehn Neuinfektionen pro Woche auf 100.000 Einwohner eingegriffen werden. "Es liegt in der Natur des exponentiellen Wachstums, dass es sich dann erst langsam wieder hochschleicht und solange ist es nicht sichtbar", sagt der Experte, "man muss sehr bedacht öffnen und sich gut überlegen, was die einzelnen Schritte sind."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Robert Koch-Institut
  • Bundesregierung: Aktuelle Corona-Zahlen
  • Spiegel: "Virologin Brinkmann warnt vor Corona-Lockerungen: Der Wettlauf ist längst verloren. Es wird kommen wie in England", 5. Februar 2021.
  • Nachrichtenagentur dpa
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