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Corona-Sommerwelle? Virologe Alexander Kekulé klärt im Interview auf


Corona-Welle im Sommer
"Dann wären wir die Plagegeister für immer los"


31.07.2024Lesedauer: 3 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
imago images 0718722941Vergrößern des Bildes
Verschnupft im Sommer: Neue Varianten des Coronavirus führen zu steigenden Infektionszahlen. (Quelle: Chris Emil Janßen/imago-images-bilder)

Corona ist nicht weg: Die Infektionszahlen in Deutschland steigen wieder. Woran das liegt und für wen es gefährlich werden könnte, erklärt der Virologe Alexander Kekulé.

Seit mehreren Wochen häufen sich die Corona-Fälle in Deutschland – trotz der warmen Jahreszeit. Dass wir es mit einem saisonalen Virus zu tun haben, ist laut dem Virologen Alexander Kekulé ein Irrglaube. Er erklärt im t-online-Interview, warum wir uns immer wieder infizieren können.

t-online: Herr Kekulé, das RKI meldet steigende Zahlen bei den SARS-CoV-2-Infektionen, auch im Abwasser steigt die Virus-Last. Haben wir eine Sommerwelle?

Alexander Kekulé: Wahrscheinlich, ja. Es kann gut sein, dass wir hier gerade den Beginn einer Sommerwelle sehen.

Aber wurde nicht immer gesagt, bei Corona handle es sich um ein saisonales Virus, das im Herbst und Winter zuschlägt, also etwa wie Grippe?

Nein, der Covid-Erreger ist kein typisches saisonales Virus, zumindest bislang noch nicht. Im Winter haben es Viren leichter, weil die Menschen häufiger in schlecht belüfteten Räumen zusammen sind. Normale Grippe- und Erkältungsviren können nur unter diesen Umständen größere Infektionswellen verursachen, weil ein großer Teil der Bevölkerung dagegen bereits mehr oder minder immun ist. Das Coronavirus SARS-CoV-2 verändert sich dagegen weiterhin noch so stark, dass es auch Geimpfte und Genesene infizieren kann. Es kann deshalb auch im Sommer Corona-Wellen geben, sofern gerade eine neue Variante unterwegs ist.

Alexander Kekulé
Alexander Kekulé (Quelle: IMAGO / Revierfoto)

Zur Person

Alexander Kekulé ist Corona-Experte, Professor für Medizinische Mikrobiologie und Virologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Direktor des Instituts für Biologische Sicherheitsforschung in Halle.

Mit welchen Varianten haben wir es denn derzeit zu tun?

Gemäß der Daten des Robert Koch-Instituts ist KP.3 gerade dabei, die noch im Frühjahr dominierende Variante JN.1 zu verdrängen. Aber diese Namen sind eigentlich nicht wichtig, insbesondere in sozialen Medien wird darüber viel zu aufgeregt diskutiert. Es handelt sich weiterhin nur um Abkömmlinge von Omikron, das ja wesentlich ungefährlicher ist als die früheren Varianten des Pandemievirus SARS-CoV-2. Bemerkenswert ist, dass alle derzeit zirkulierenden Linien Nachfahren der Omikron-Untervariante BA.2 sind.

Warum können sich ausgerechnet Abkömmlinge der BA.2-Variante aktuell so gut durchsetzen?

Der Grund ist vermutlich eine Immunitätslücke. Die erste Omikron-Variante, die einen Großteil der Weltbevölkerung durchimmunisierte, war BA.1. Das dann im Frühjahr 2022 folgende BA.2 hatte nur einen kurzen Auftritt, in Deutschland verschwand die Welle nach wenigen Wochen wieder. Später folgten BA.4 und BA.5, auf die dann auch die Impfstoffe zugeschnitten wurden. Aber weil BA.2 ebenso schnell wieder verschwand, haben wir gegen dessen Abkömmlinge wenig Immunität. Das Virus nutzt diese Lücke aus und produziert schon seit einiger Zeit fast nur noch neue Untervarianten von BA.2, die wahrscheinlich auch jeweils etwas ansteckender sind als ihre Vorgänger.

Und deshalb können wir uns immer wieder infizieren?

Das liegt in der Natur von Viren, die Atemwegsinfekte hervorrufen. Man kann sich ja auch Erkältungen und Grippe alle Jahre wieder einfangen. Würden sich diese Viren nicht jedes Jahr ein wenig verändern, wären wir die Plagegeister für immer los.

Aber mit dem, was wir in der Pandemie und vor allem vor den Impfungen erlebt haben, sind die heutigen Infektionswellen nicht vergleichbar?

Nein, das ist zum Glück vorbei. Die neuen Omikron-Untervarianten breiten sich zum Teil sehr schnell aus, aber die Symptome werden tendenziell schwächer. Wir müssen auch nicht mehr damit rechnen, dass die Krankenhäuser oder Intensivstationen deswegen überlastet werden.

 
 
 
 
 
 
 

Nun hat die WHO vor Kurzem noch mal zur Wachsamkeit aufgerufen. Weltweit sterben demnach jede Woche immer noch 1.700 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion.

Ja, das wären knapp 90.000 Todesfälle pro Jahr. Das ist natürlich eine sehr grobe Schätzung, weil man insbesondere aus China keine zuverlässigen Informationen hat. Zum Vergleich: An Grippe, Malaria und Aids sterben jeweils etwa 650.000 Menschen jährlich, an Tuberkulose 1,3 Millionen. Für bestimmte Bevölkerungsgruppen bleibt Covid aber auch weiterhin gefährlich, etwa für über 70-Jährige oder Personen mit bestimmten chronischen Krankheiten.

Und die sollten sich auch weiter vor einer Infektion schützen.

Inzwischen wissen die Menschen ja ziemlich genau, ob sie zu einer Risikogruppe gehören, ob eine Auffrischungsimpfung für sie empfohlen wird und wie man sich sonst noch schützen kann.

Die WHO rät auch wieder verstärkt zu Masken …

Masken sind für Angehörige von Risikogruppen weiterhin zu empfehlen, insbesondere falls es jetzt eine Sommerwelle gibt und wenn sich enger Kontakt zu möglicherweise Infizierten nicht vermeiden lässt. Daneben sind Masken auch sinnvoll, wenn man länger in einem vollen Bus, Zug oder Flugzeug sitzen muss. Da kann schon ein einziger Huster eines Mitreisenden den Urlaub für die ganze Familie verderben. Für eine allgemeine Maskenpflicht gibt es derzeit natürlich keinen Grund mehr. Gerade deshalb sollte sich jeder selbst überlegen, welche Risiken er in Kauf nehmen und welche er vermeiden möchte. Das machen wir sonst im Leben ja auch so.

Herr Kekulé, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Alexander Kekulé
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